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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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den verbunden sind, zeigt sich der Purpur. Das Grüne
hingegen, wie bey dem prismatischen Versuch, wenn
Gelb und Blau sich erreichen.

453.

Wie durchaus bey Entstehung der Farbe das ganze
System gefordert wird, haben wir schon früher mehr-
mals erfahren, und es liegt auch in der Natur jeder
physischen Erscheinung, es liegt schon in dem Begriff
von polarischer Entgegensetzung, wodurch eine elemen-
tare Einheit zur Erscheinung kommt.

454.

Daß bey durchscheinendem Licht eine andre Farbe
sich zeigt, als bey reflectirtem, erinnert uns an jene
dioptrischen Farben der ersten Classe, die wir auf eben
diese Weise aus dem Trüben entspringen sahen. Daß
aber auch hier ein Trübes obwalte, daran kann fast
kein Zweifel seyn: denn das Ineinandergreifen der
glättesten Glasplatten, welches so stark ist, daß sie
fest an einander hängen, bringt eine Halbvereinigung
hervor, die jeder von beyden Flächen etwas an Glätte
und Durchsichtigkeit entzieht. Den völligen Ausschlag
aber möchte die Betrachtung geben, daß in der Mitte,
wo die Linse am festesten auf das andre Glas aufge-
drückt und eine vollkommene Vereinigung hergestellt
wird, eine völlige Durchsichtigkeit entstehe, wobey man
keine Farbe mehr gewahr wird. Jedoch mag alles die-
ses seine Bestätigung erst nach vollendeter allgemei-
ner Uebersicht des Ganzen erhalten.

den verbunden ſind, zeigt ſich der Purpur. Das Gruͤne
hingegen, wie bey dem prismatiſchen Verſuch, wenn
Gelb und Blau ſich erreichen.

453.

Wie durchaus bey Entſtehung der Farbe das ganze
Syſtem gefordert wird, haben wir ſchon fruͤher mehr-
mals erfahren, und es liegt auch in der Natur jeder
phyſiſchen Erſcheinung, es liegt ſchon in dem Begriff
von polariſcher Entgegenſetzung, wodurch eine elemen-
tare Einheit zur Erſcheinung kommt.

454.

Daß bey durchſcheinendem Licht eine andre Farbe
ſich zeigt, als bey reflectirtem, erinnert uns an jene
dioptriſchen Farben der erſten Claſſe, die wir auf eben
dieſe Weiſe aus dem Truͤben entſpringen ſahen. Daß
aber auch hier ein Truͤbes obwalte, daran kann faſt
kein Zweifel ſeyn: denn das Ineinandergreifen der
glaͤtteſten Glasplatten, welches ſo ſtark iſt, daß ſie
feſt an einander haͤngen, bringt eine Halbvereinigung
hervor, die jeder von beyden Flaͤchen etwas an Glaͤtte
und Durchſichtigkeit entzieht. Den voͤlligen Ausſchlag
aber moͤchte die Betrachtung geben, daß in der Mitte,
wo die Linſe am feſteſten auf das andre Glas aufge-
druͤckt und eine vollkommene Vereinigung hergeſtellt
wird, eine voͤllige Durchſichtigkeit entſtehe, wobey man
keine Farbe mehr gewahr wird. Jedoch mag alles die-
ſes ſeine Beſtaͤtigung erſt nach vollendeter allgemei-
ner Ueberſicht des Ganzen erhalten.

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[174/0228] den verbunden ſind, zeigt ſich der Purpur. Das Gruͤne hingegen, wie bey dem prismatiſchen Verſuch, wenn Gelb und Blau ſich erreichen. 453. Wie durchaus bey Entſtehung der Farbe das ganze Syſtem gefordert wird, haben wir ſchon fruͤher mehr- mals erfahren, und es liegt auch in der Natur jeder phyſiſchen Erſcheinung, es liegt ſchon in dem Begriff von polariſcher Entgegenſetzung, wodurch eine elemen- tare Einheit zur Erſcheinung kommt. 454. Daß bey durchſcheinendem Licht eine andre Farbe ſich zeigt, als bey reflectirtem, erinnert uns an jene dioptriſchen Farben der erſten Claſſe, die wir auf eben dieſe Weiſe aus dem Truͤben entſpringen ſahen. Daß aber auch hier ein Truͤbes obwalte, daran kann faſt kein Zweifel ſeyn: denn das Ineinandergreifen der glaͤtteſten Glasplatten, welches ſo ſtark iſt, daß ſie feſt an einander haͤngen, bringt eine Halbvereinigung hervor, die jeder von beyden Flaͤchen etwas an Glaͤtte und Durchſichtigkeit entzieht. Den voͤlligen Ausſchlag aber moͤchte die Betrachtung geben, daß in der Mitte, wo die Linſe am feſteſten auf das andre Glas aufge- druͤckt und eine vollkommene Vereinigung hergeſtellt wird, eine voͤllige Durchſichtigkeit entſtehe, wobey man keine Farbe mehr gewahr wird. Jedoch mag alles die- ſes ſeine Beſtaͤtigung erſt nach vollendeter allgemei- ner Ueberſicht des Ganzen erhalten.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/228>, abgerufen am 21.11.2024.