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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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geübt in allen ritterlichen Gewandtheiten:
zu schiessen, zu reiten, reitend zu schie-
ssen, den Speer zu werfen, den Schlägel
zu führen und damit den Ball aufs geschick-
teste zu treffen. Nachdem diess alles voll-
kommen gelang und der König zufrieden
schien, auch desshalb den Lehrmeister höch-
lich lobte, fügte er hinzu: Ich habe doch
noch eins zu erinnern. Du hast meinen
Sohn in allem unterrichtet, wozu er frem-
der Werkzeuge bedarf, ohne Pferd kann
er nicht reiten, nicht schiessen ohne Bo-
gen, was ist sein Arm wenn er keinen
Wurfspiess hat, und was wäre das Spiel
ohne Schlägel und Ball. Das Einzige hast
du ihn nicht gelehrt, wo er sein selbst al-
lein bedarf, welches das Nothwendigste ist
und wo ihm niemand helfen kann. Der
Lehrer stand beschämt und vernahm dass
dem Prinzen die Kunst zu schwimmen feh-
le. Auch diese wurde, jedoch mit einigem
Widerwillen des Prinzen, erlernt und diese
rettete ihm das Leben, als er auf einer
Reise nach Mekka, mit einer grossen Men-
ge Pilger, auf dem Euphrat scheiternd nur
mit wenigen davon kam.

33 *

geübt in allen ritterlichen Gewandtheiten:
zu schieſsen, zu reiten, reitend zu schie-
ſsen, den Speer zu werfen, den Schlägel
zu führen und damit den Ball aufs geschick-
teste zu treffen. Nachdem dieſs alles voll-
kommen gelang und der König zufrieden
schien, auch deſshalb den Lehrmeister höch-
lich lobte, fügte er hinzu: Ich habe doch
noch eins zu erinnern. Du hast meinen
Sohn in allem unterrichtet, wozu er frem-
der Werkzeuge bedarf, ohne Pferd kann
er nicht reiten, nicht schieſsen ohne Bo-
gen, was ist sein Arm wenn er keinen
Wurfspieſs hat, und was wäre das Spiel
ohne Schlägel und Ball. Das Einzige hast
du ihn nicht gelehrt, wo er sein selbst al-
lein bedarf, welches das Nothwendigste ist
und wo ihm niemand helfen kann. Der
Lehrer stand beschämt und vernahm daſs
dem Prinzen die Kunst zu schwimmen feh-
le. Auch diese wurde, jedoch mit einigem
Widerwillen des Prinzen, erlernt und diese
rettete ihm das Leben, als er auf einer
Reise nach Mekka, mit einer groſsen Men-
ge Pilger, auf dem Euphrat scheiternd nur
mit wenigen davon kam.

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[515/0525] geübt in allen ritterlichen Gewandtheiten: zu schieſsen, zu reiten, reitend zu schie- ſsen, den Speer zu werfen, den Schlägel zu führen und damit den Ball aufs geschick- teste zu treffen. Nachdem dieſs alles voll- kommen gelang und der König zufrieden schien, auch deſshalb den Lehrmeister höch- lich lobte, fügte er hinzu: Ich habe doch noch eins zu erinnern. Du hast meinen Sohn in allem unterrichtet, wozu er frem- der Werkzeuge bedarf, ohne Pferd kann er nicht reiten, nicht schieſsen ohne Bo- gen, was ist sein Arm wenn er keinen Wurfspieſs hat, und was wäre das Spiel ohne Schlägel und Ball. Das Einzige hast du ihn nicht gelehrt, wo er sein selbst al- lein bedarf, welches das Nothwendigste ist und wo ihm niemand helfen kann. Der Lehrer stand beschämt und vernahm daſs dem Prinzen die Kunst zu schwimmen feh- le. Auch diese wurde, jedoch mit einigem Widerwillen des Prinzen, erlernt und diese rettete ihm das Leben, als er auf einer Reise nach Mekka, mit einer groſsen Men- ge Pilger, auf dem Euphrat scheiternd nur mit wenigen davon kam. 33 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/525>, abgerufen am 24.11.2024.