Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Familienlabyrinths gedenken, in welchem Also erging es auch Abbas dem Gro- Zu diesen unglücklichen Gebrechen der Familienlabyrinths gedenken, in welchem Also erging es auch Abbas dem Gro- Zu diesen unglücklichen Gebrechen der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0498" n="486[488]"/> Familienlabyrinths gedenken, in welchem<lb/> wir den König Herodes befangen sehen.<lb/> Nicht allein die Seinigen halten ihn immer<lb/> in schwebender Gefahr, auch ein durch<lb/> Weissagung merkwürdiges Kind erregt seine<lb/> Sorgen, und veranlaſst eine allgemein ver-<lb/> breitete Grausamkeit, unmittelbar vor sei-<lb/> nem Tode.</p><lb/> <p>Also erging es auch Abbas dem Gro-<lb/> ſsen; Söhne und Enkel machte man ver-<lb/> dächtig und sie gaben Verdacht; einer ward<lb/> unschuldig ermordet, der andere halb schul-<lb/> dig geblendet. Dieser sprach: mich hast<lb/> du nicht des Lichts beraubt, aber das<lb/> Reich.</p><lb/> <p>Zu diesen unglücklichen Gebrechen der<lb/> Despotie fügt sich unvermeidlich ein ande-<lb/> res, wobey noch zufälliger und unvor-<lb/> gesehener sich Gewalttbaten und Verbre-<lb/> chen entwickeln. Ein jeder Mensch wird<lb/> von seinen Gewohnheiten regiert, nur wird<lb/> er, durch äuſsere Bedingungen eingeschränkt,<lb/> sich mäſsig verhalten und Mäſsigung wird<lb/> ihm zur Gewohnheit. Gerade das Entge-<lb/> gengesetzte findet sich bey dem Despoten;<lb/> ein uneingeschränkter Wille steigert sich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [486[488]/0498]
Familienlabyrinths gedenken, in welchem
wir den König Herodes befangen sehen.
Nicht allein die Seinigen halten ihn immer
in schwebender Gefahr, auch ein durch
Weissagung merkwürdiges Kind erregt seine
Sorgen, und veranlaſst eine allgemein ver-
breitete Grausamkeit, unmittelbar vor sei-
nem Tode.
Also erging es auch Abbas dem Gro-
ſsen; Söhne und Enkel machte man ver-
dächtig und sie gaben Verdacht; einer ward
unschuldig ermordet, der andere halb schul-
dig geblendet. Dieser sprach: mich hast
du nicht des Lichts beraubt, aber das
Reich.
Zu diesen unglücklichen Gebrechen der
Despotie fügt sich unvermeidlich ein ande-
res, wobey noch zufälliger und unvor-
gesehener sich Gewalttbaten und Verbre-
chen entwickeln. Ein jeder Mensch wird
von seinen Gewohnheiten regiert, nur wird
er, durch äuſsere Bedingungen eingeschränkt,
sich mäſsig verhalten und Mäſsigung wird
ihm zur Gewohnheit. Gerade das Entge-
gengesetzte findet sich bey dem Despoten;
ein uneingeschränkter Wille steigert sich
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