Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

umkomme. Panischer Allarm, leere Sieges-
botschaften schwanken durch einander; fre-
ventlich abgelehnte, stolz verweigerte Frie-
densbedingungen, verstellte Kampflust, hin-
terlistiges Zögern verspäten erst und be-
günstigen zuletzt den Frieden. Da zieht
nun ein jeder, auf des Kaisers Befehl und
Strafgebot ohne weitere Noth und Gefahr
als was er von Weg und Gedränge gelit-
ten, ungesäumt wieder nach Hause.

Auch della Valle finden wir zu Casbin
in der Nähe des Hofes wieder, unzufrie-
den, dass der Feldzug gegen die Türken
ein so baldiges Ende genommen. Denn wir
haben ihn nicht bloss als einen neugierigen
Reisenden, als einen vom Zufall hin und
wieder getriebenen Abenteurer zu betrach-
ten; er hegt vielmehr seine Zwecke die er
unausgesetzt verfolgt. Persien war damals
eigentlich ein Land für Fremde; Abbas
vieljährige Liberalität zog manchen muntern
Geist herbey, noch war es nicht die Zeit
förmlicher Gesandtschaften, kühne, ge-
wandte Reisende machen sich geltend. Schon
hatte Sherley, ein Engländer, früher sich
selbst beauftragt und spielte den Vermittler

31

umkomme. Panischer Allarm, leere Sieges-
botschaften schwanken durch einander; fre-
ventlich abgelehnte, stolz verweigerte Frie-
densbedingungen, verstellte Kampflust, hin-
terlistiges Zögern verspäten erst und be-
günstigen zuletzt den Frieden. Da zieht
nun ein jeder, auf des Kaisers Befehl und
Strafgebot ohne weitere Noth und Gefahr
als was er von Weg und Gedränge gelit-
ten, ungesäumt wieder nach Hause.

Auch della Valle finden wir zu Casbin
in der Nähe des Hofes wieder, unzufrie-
den, daſs der Feldzug gegen die Türken
ein so baldiges Ende genommen. Denn wir
haben ihn nicht bloſs als einen neugierigen
Reisenden, als einen vom Zufall hin und
wieder getriebenen Abenteurer zu betrach-
ten; er hegt vielmehr seine Zwecke die er
unausgesetzt verfolgt. Persien war damals
eigentlich ein Land für Fremde; Abbas
vieljährige Liberalität zog manchen muntern
Geist herbey, noch war es nicht die Zeit
förmlicher Gesandtschaften, kühne, ge-
wandte Reisende machen sich geltend. Schon
hatte Sherley, ein Engländer, früher sich
selbst beauftragt und spielte den Vermittler

31
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0491" n="479[481]"/>
umkomme. Panischer Allarm, leere Sieges-<lb/>
botschaften schwanken durch einander; fre-<lb/>
ventlich abgelehnte, stolz verweigerte Frie-<lb/>
densbedingungen, verstellte Kampflust, hin-<lb/>
terlistiges Zögern verspäten erst und be-<lb/>
günstigen zuletzt den Frieden. Da zieht<lb/>
nun ein jeder, auf des Kaisers Befehl und<lb/>
Strafgebot ohne weitere Noth und Gefahr<lb/>
als was er von Weg und Gedränge gelit-<lb/>
ten, ungesäumt wieder nach Hause.</p><lb/>
          <p>Auch della Valle finden wir zu Casbin<lb/>
in der Nähe des Hofes wieder, unzufrie-<lb/>
den, da&#x017F;s der Feldzug gegen die Türken<lb/>
ein so baldiges Ende genommen. Denn wir<lb/>
haben ihn nicht blo&#x017F;s als einen neugierigen<lb/>
Reisenden, als einen vom Zufall hin und<lb/>
wieder getriebenen Abenteurer zu betrach-<lb/>
ten; er hegt vielmehr seine Zwecke die er<lb/>
unausgesetzt verfolgt. Persien war damals<lb/>
eigentlich ein Land für Fremde; Abbas<lb/>
vieljährige Liberalität zog manchen muntern<lb/>
Geist herbey, noch war es nicht die Zeit<lb/>
förmlicher Gesandtschaften, kühne, ge-<lb/>
wandte Reisende machen sich geltend. Schon<lb/>
hatte Sherley, ein Engländer, früher sich<lb/>
selbst beauftragt und spielte den Vermittler<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">31</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[479[481]/0491] umkomme. Panischer Allarm, leere Sieges- botschaften schwanken durch einander; fre- ventlich abgelehnte, stolz verweigerte Frie- densbedingungen, verstellte Kampflust, hin- terlistiges Zögern verspäten erst und be- günstigen zuletzt den Frieden. Da zieht nun ein jeder, auf des Kaisers Befehl und Strafgebot ohne weitere Noth und Gefahr als was er von Weg und Gedränge gelit- ten, ungesäumt wieder nach Hause. Auch della Valle finden wir zu Casbin in der Nähe des Hofes wieder, unzufrie- den, daſs der Feldzug gegen die Türken ein so baldiges Ende genommen. Denn wir haben ihn nicht bloſs als einen neugierigen Reisenden, als einen vom Zufall hin und wieder getriebenen Abenteurer zu betrach- ten; er hegt vielmehr seine Zwecke die er unausgesetzt verfolgt. Persien war damals eigentlich ein Land für Fremde; Abbas vieljährige Liberalität zog manchen muntern Geist herbey, noch war es nicht die Zeit förmlicher Gesandtschaften, kühne, ge- wandte Reisende machen sich geltend. Schon hatte Sherley, ein Engländer, früher sich selbst beauftragt und spielte den Vermittler 31

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/491
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 479[481]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/491>, abgerufen am 16.06.2024.