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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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der zur Reise beschickt und wir willens
waren den Morgen früh aufzubrechen, sagte
einer von unsern Gefährten zu ihm: das
ist Saadi selbst nach dem du gefragt hast.

Der Knabe kam eilend gelaufen, stellte
sich mit aller Ehrerbietung gar freundlich
gegen mir an und wünschte, dass er mich
doch eher gekannt kätte, und sprach: wa-
rum hast du diese Tage her mir nicht of-
fenbaren und sagen wollen, ich bin Saadi,
damit ich dir gebührende Ehre nach mei-
nem Vermögen anthun und meine Dienste
vor deinen Füssen demüthigen können.
Aber ich antwortete: indem ich dich an-
sah, kannte ich das Wort, ich bin's, nicht
aus mir bringen, mein Herz brach auf ge-
gen dir als eine Rose die zu blühen be-
ginnt. Er sprach ferner, ob es denn nicht
möglich wäre dass ich noch etliche Tage
daselbst verharrte, damit er etwas von
mir in Kunst und Wissenschaft lernen
könnte; aber ich antwortete: es kann
nicht seyn: denn ich sehe hier vortreff-
liche Leute zwischen grossen Bergen sit-
zen, mir aber gefällt, mich vergnügt nur
eine Höhle in der Welt zu haben und da-

der zur Reise beschickt und wir willens
waren den Morgen früh aufzubrechen, sagte
einer von unsern Gefährten zu ihm: das
ist Saadi selbst nach dem du gefragt hast.

Der Knabe kam eilend gelaufen, stellte
sich mit aller Ehrerbietung gar freundlich
gegen mir an und wünschte, daſs er mich
doch eher gekannt kätte, und sprach: wa-
rum hast du diese Tage her mir nicht of-
fenbaren und sagen wollen, ich bin Saadi,
damit ich dir gebührende Ehre nach mei-
nem Vermögen anthun und meine Dienste
vor deinen Füſsen demüthigen können.
Aber ich antwortete: indem ich dich an-
sah, kannte ich das Wort, ich bin’s, nicht
aus mir bringen, mein Herz brach auf ge-
gen dir als eine Rose die zu blühen be-
ginnt. Er sprach ferner, ob es denn nicht
möglich wäre daſs ich noch etliche Tage
daselbst verharrte, damit er etwas von
mir in Kunst und Wissenschaft lernen
könnte; aber ich antwortete: es kann
nicht seyn: denn ich sehe hier vortreff-
liche Leute zwischen groſsen Bergen sit-
zen, mir aber gefällt, mich vergnügt nur
eine Höhle in der Welt zu haben und da-

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[416[418]/0428] der zur Reise beschickt und wir willens waren den Morgen früh aufzubrechen, sagte einer von unsern Gefährten zu ihm: das ist Saadi selbst nach dem du gefragt hast. Der Knabe kam eilend gelaufen, stellte sich mit aller Ehrerbietung gar freundlich gegen mir an und wünschte, daſs er mich doch eher gekannt kätte, und sprach: wa- rum hast du diese Tage her mir nicht of- fenbaren und sagen wollen, ich bin Saadi, damit ich dir gebührende Ehre nach mei- nem Vermögen anthun und meine Dienste vor deinen Füſsen demüthigen können. Aber ich antwortete: indem ich dich an- sah, kannte ich das Wort, ich bin’s, nicht aus mir bringen, mein Herz brach auf ge- gen dir als eine Rose die zu blühen be- ginnt. Er sprach ferner, ob es denn nicht möglich wäre daſs ich noch etliche Tage daselbst verharrte, damit er etwas von mir in Kunst und Wissenschaft lernen könnte; aber ich antwortete: es kann nicht seyn: denn ich sehe hier vortreff- liche Leute zwischen groſsen Bergen sit- zen, mir aber gefällt, mich vergnügt nur eine Höhle in der Welt zu haben und da-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 416[418]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/428>, abgerufen am 21.11.2024.