Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.schiebe von Thränenbächen fortgerollt und Höchst geistreich aber kann genannt Seyen sie stets wie Späne gespalten, wie Lappen zerrissen! Wie die Nägel geklopft! und wie die Pfähle ge- steckt! Hier sieht man den Dichter im Haupt- Aus diesen wenigen Beyspielen, die man schiebe von Thränenbächen fortgerollt und Höchst geistreich aber kann genannt Seyen sie stets wie Späne gespalten, wie Lappen zerrissen! Wie die Nägel geklopft! und wie die Pfähle ge- steckt! Hier sieht man den Dichter im Haupt- Aus diesen wenigen Beyspielen, die man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0376" n="366"/> schiebe von Thränenbächen fortgerollt und<lb/> abgerundet; dergleichen mehr witzige als<lb/> gefühlvolle Wagnisse nöthigen uns ein<lb/> freundliches Lächeln ab.</p><lb/> <p>Höchst geistreich aber kann genannt<lb/> werden, wenn der Dichter die Feinde des<lb/> Schachs wie <hi rendition="#g">Zeltenbehör</hi> behandelt wis-<lb/> sen will.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Seyen sie stets wie Späne gespalten, wie Lappen</l><lb/> <l>zerrissen!</l><lb/> <l>Wie die Nägel geklopft! und wie die Pfähle ge-</l><lb/> <l>steckt!</l> </lg><lb/> <p>Hier sieht man den Dichter im Haupt-<lb/> quartier; das immer wiederholte Ab- und<lb/> Aufschlagen des Lagers schwebt ihm vor<lb/> der Seele.</p><lb/> <p>Aus diesen wenigen Beyspielen, die man<lb/> ins Unendliche vermehren könnte, erhellet,<lb/> daſs keine Gränze zwischen dem was in<lb/> unserm Sinne lobenswürdig und tadelhaft<lb/> heiſsen möchte gezogen werden könne,<lb/> weil ihre Tugenden ganz eigentlich die<lb/> Blüthen ihrer Fehler sind. Wollen wir an<lb/> diesen Productionen der herrlichsten Geister<lb/> Theil nehmen, so müssen wir uns orienta-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [366/0376]
schiebe von Thränenbächen fortgerollt und
abgerundet; dergleichen mehr witzige als
gefühlvolle Wagnisse nöthigen uns ein
freundliches Lächeln ab.
Höchst geistreich aber kann genannt
werden, wenn der Dichter die Feinde des
Schachs wie Zeltenbehör behandelt wis-
sen will.
Seyen sie stets wie Späne gespalten, wie Lappen
zerrissen!
Wie die Nägel geklopft! und wie die Pfähle ge-
steckt!
Hier sieht man den Dichter im Haupt-
quartier; das immer wiederholte Ab- und
Aufschlagen des Lagers schwebt ihm vor
der Seele.
Aus diesen wenigen Beyspielen, die man
ins Unendliche vermehren könnte, erhellet,
daſs keine Gränze zwischen dem was in
unserm Sinne lobenswürdig und tadelhaft
heiſsen möchte gezogen werden könne,
weil ihre Tugenden ganz eigentlich die
Blüthen ihrer Fehler sind. Wollen wir an
diesen Productionen der herrlichsten Geister
Theil nehmen, so müssen wir uns orienta-
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