bey würdiger Gelegenheit angewendet, zu- letzt immer häufiger gebraucht und gemiss- braucht. So sagt Hafis wirklich possen- haft:
Mein Kopf im Staub des Weges Des Wirthes seyn wird.
Ein tieferes Studium würde vielleicht die Vermuthung bestätigen, dass frühere Dichter mit solchen Ausdrücken viel be- scheidener verfahren und nur spätere, auf demselben Schauplatz in derselben Sprache sich ergehend, endlich auch solche Miss- bräuche, nicht einmal recht im Ernst, son- dern parodistisch beliebt, bis sich end- lich die Tropen dergestalt vom Gegenstand weg verlieren, dass kein Verhältniss mehr weder gedacht noch empfunden werden kann.
Und so schliessen wir denn mit den lieb- lichen Zeilen Enweris, welcher, so anmu- thig als schicklich, einen werthen Dichter seiner Zeit verehrt:
bey würdiger Gelegenheit angewendet, zu- letzt immer häufiger gebraucht und gemiſs- braucht. So sagt Hafis wirklich possen- haft:
Mein Kopf im Staub des Weges Des Wirthes seyn wird.
Ein tieferes Studium würde vielleicht die Vermuthung bestätigen, daſs frühere Dichter mit solchen Ausdrücken viel be- scheidener verfahren und nur spätere, auf demselben Schauplatz in derselben Sprache sich ergehend, endlich auch solche Miſs- bräuche, nicht einmal recht im Ernst, son- dern parodistisch beliebt, bis sich end- lich die Tropen dergestalt vom Gegenstand weg verlieren, daſs kein Verhältniſs mehr weder gedacht noch empfunden werden kann.
Und so schlieſsen wir denn mit den lieb- lichen Zeilen Enweris, welcher, so anmu- thig als schicklich, einen werthen Dichter seiner Zeit verehrt:
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bey würdiger Gelegenheit angewendet, zu-
letzt immer häufiger gebraucht und gemiſs-
braucht. So sagt Hafis wirklich possen-
haft:
Mein Kopf im Staub des Weges
Des Wirthes seyn wird.
Ein tieferes Studium würde vielleicht
die Vermuthung bestätigen, daſs frühere
Dichter mit solchen Ausdrücken viel be-
scheidener verfahren und nur spätere, auf
demselben Schauplatz in derselben Sprache
sich ergehend, endlich auch solche Miſs-
bräuche, nicht einmal recht im Ernst, son-
dern parodistisch beliebt, bis sich end-
lich die Tropen dergestalt vom Gegenstand
weg verlieren, daſs kein Verhältniſs mehr
weder gedacht noch empfunden werden
kann.
Und so schlieſsen wir denn mit den lieb-
lichen Zeilen Enweris, welcher, so anmu-
thig als schicklich, einen werthen Dichter
seiner Zeit verehrt:
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/354>, abgerufen am 29.11.2024.
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