Ein König sagte zu einem der Behloul hiess: gieb mir einen Rath. Dieser versetzte: beneide keinen Geitzigen, keinen ungerech- ten Richter, keinen Reichen der sich nicht aufs Haushalten versteht, keinen Freygebi- gen der sein Geld unnütz verschwendet, keinen Gelehrten dem das Urtheil fehlt. Man erwirbt in der Welt entweder einen guten oder einen bösen Namen, da kann man nun zwischen beyden wählen, und da nun ein jeder sterben muss, gut oder bös, glücklich der, welcher den Ruhm eines Tu- gendhaften vorzog.
Diese Zeilen schrieb, dem Verlangen eines Freundes gemäss, im Jahr 1231 der Hegire den Tag des Demazsul Sani, nach christlicher Zeitrechnung am .. May 1816, Mirza Eboul hassan Chan, von Schiraz, während seines Aufenthalts in der Hauptstadt St. Petersburg, als ausser- ordentlicher Abgesandter Sr. Majestät von Persien Fethali Schah Cadzar. Er hofft dass man mit Güte einem Unwissenden ver- zeihen wird, der es unternahm einige Worte zu schreiben.
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Ein König sagte zu einem der Behloul hieſs: gieb mir einen Rath. Dieser versetzte: beneide keinen Geitzigen, keinen ungerech- ten Richter, keinen Reichen der sich nicht aufs Haushalten versteht, keinen Freygebi- gen der sein Geld unnütz verschwendet, keinen Gelehrten dem das Urtheil fehlt. Man erwirbt in der Welt entweder einen guten oder einen bösen Namen, da kann man nun zwischen beyden wählen, und da nun ein jeder sterben muſs, gut oder bös, glücklich der, welcher den Ruhm eines Tu- gendhaften vorzog.
Diese Zeilen schrieb, dem Verlangen eines Freundes gemäſs, im Jahr 1231 der Hegire den Tag des Demazsul Sani, nach christlicher Zeitrechnung am .. May 1816, Mirza Eboul hassan Chan, von Schiraz, während seines Aufenthalts in der Hauptstadt St. Petersburg, als auſser- ordentlicher Abgesandter Sr. Majestät von Persien Fethali Schah Cadzar. Er hofft daſs man mit Güte einem Unwissenden ver- zeihen wird, der es unternahm einige Worte zu schreiben.
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Ein König sagte zu einem der Behloul hieſs:
gieb mir einen Rath. Dieser versetzte:
beneide keinen Geitzigen, keinen ungerech-
ten Richter, keinen Reichen der sich nicht
aufs Haushalten versteht, keinen Freygebi-
gen der sein Geld unnütz verschwendet,
keinen Gelehrten dem das Urtheil fehlt.
Man erwirbt in der Welt entweder einen
guten oder einen bösen Namen, da kann
man nun zwischen beyden wählen, und da
nun ein jeder sterben muſs, gut oder bös,
glücklich der, welcher den Ruhm eines Tu-
gendhaften vorzog.
Diese Zeilen schrieb, dem Verlangen
eines Freundes gemäſs, im Jahr 1231 der
Hegire den Tag des Demazsul Sani, nach
christlicher Zeitrechnung am .. May 1816,
Mirza Eboul hassan Chan, von
Schiraz, während seines Aufenthalts in
der Hauptstadt St. Petersburg, als auſser-
ordentlicher Abgesandter Sr. Majestät von
Persien Fethali Schah Cadzar. Er hofft
daſs man mit Güte einem Unwissenden ver-
zeihen wird, der es unternahm einige Worte
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/347>, abgerufen am 28.11.2024.
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