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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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woher sich diese Cultur ausbreitete. Viele
Städte lagen als Lebenspunkte in vielen
Regionen zerstreut; am bewundernswürdig-
sten aber ist mir dass die fatale Nähe des
indischen Götzendienstes nicht auf sie wir-
ken konnte. Auffallend bleibt es, da die
Städte von Balck und Bamian so nah an
einander lagen, hier die verrücktesten Gö-
tzen in riesenhafter Grösse verfertigt und
angebetet zu sehen, indessen sich dort die
Tempel des reinen Feuers erhielten, grosse
Klöster dieses Bekenntnisses entstanden und
eine Unzahl von Mobeden sich versammel-
ten. Wie herrlich aber die Einrichtung
solcher Anstalten müsse gewesen seyn, be-
zeugen die ausserordentlichen Männer die
von dort ausgegangen sind. Die Familie
der Barmekiden stammte daher, die so lange
als einflussreiche Staatsdiener glänzten, bis
sie zuletzt, wie ein ungefähr ähnliches
Geschlecht dieser Art zu unsern Zeiten, aus-
gerottet und vertrieben worden.


woher sich diese Cultur ausbreitete. Viele
Städte lagen als Lebenspunkte in vielen
Regionen zerstreut; am bewundernswürdig-
sten aber ist mir daſs die fatale Nähe des
indischen Götzendienstes nicht auf sie wir-
ken konnte. Auffallend bleibt es, da die
Städte von Balck und Bamian so nah an
einander lagen, hier die verrücktesten Gö-
tzen in riesenhafter Gröſse verfertigt und
angebetet zu sehen, indessen sich dort die
Tempel des reinen Feuers erhielten, groſse
Klöster dieses Bekenntnisses entstanden und
eine Unzahl von Mobeden sich versammel-
ten. Wie herrlich aber die Einrichtung
solcher Anstalten müsse gewesen seyn, be-
zeugen die auſserordentlichen Männer die
von dort ausgegangen sind. Die Familie
der Barmekiden stammte daher, die so lange
als einfluſsreiche Staatsdiener glänzten, bis
sie zuletzt, wie ein ungefähr ähnliches
Geschlecht dieser Art zu unsern Zeiten, aus-
gerottet und vertrieben worden.


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[269/0279] woher sich diese Cultur ausbreitete. Viele Städte lagen als Lebenspunkte in vielen Regionen zerstreut; am bewundernswürdig- sten aber ist mir daſs die fatale Nähe des indischen Götzendienstes nicht auf sie wir- ken konnte. Auffallend bleibt es, da die Städte von Balck und Bamian so nah an einander lagen, hier die verrücktesten Gö- tzen in riesenhafter Gröſse verfertigt und angebetet zu sehen, indessen sich dort die Tempel des reinen Feuers erhielten, groſse Klöster dieses Bekenntnisses entstanden und eine Unzahl von Mobeden sich versammel- ten. Wie herrlich aber die Einrichtung solcher Anstalten müsse gewesen seyn, be- zeugen die auſserordentlichen Männer die von dort ausgegangen sind. Die Familie der Barmekiden stammte daher, die so lange als einfluſsreiche Staatsdiener glänzten, bis sie zuletzt, wie ein ungefähr ähnliches Geschlecht dieser Art zu unsern Zeiten, aus- gerottet und vertrieben worden.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/279>, abgerufen am 16.06.2024.