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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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so gelang mehreren meiner Arbeiten augen-
blickliche Wirkung, andere, nicht eben so
fasslich und eindringend, bedurften um an-
erkannt zu werden mehrerer Jahre. In-
dessen gingen auch diese vorüber und ein
zweytes, drittes nachwachsendes Geschlecht
entschädigt mich doppelt und dreyfach für
die Unbilden die ich von meinen früheren
Zeitgenossen zu erdulden hatte.

Nun wünscht' ich aber, dass nichts den
ersten guten Eindruck des gegenwärtigen
Büchleins hindern möge. Ich entschliesse
mich daher zu erläutern, zu erklären, nach-
zuweisen, und zwar bloss in der Absicht
dass ein unmittelbares Verständniss Lesern
daraus erwachse, die mit dem Osten wenig
oder nicht bekannt sind. Dagegen bedarf
derjenige dieses Nachtrags nicht, der sich
um Geschichte und Literatur einer so höchst
merkwürdigen Weltregion näher umgethan
hat. Er wird vielmehr die Quellen und
Bäche leicht bezeichnen, deren erquickliches
Nass ich auf meine Blumenbeete geleitet.

Am liebsten aber wünschte der Verfas-
ser vorstehender Gedichte als ein Reisen-
der angesehen zu werden, dem es zum Lobe

so gelang mehreren meiner Arbeiten augen-
blickliche Wirkung, andere, nicht eben so
faſslich und eindringend, bedurften um an-
erkannt zu werden mehrerer Jahre. In-
dessen gingen auch diese vorüber und ein
zweytes, drittes nachwachsendes Geschlecht
entschädigt mich doppelt und dreyfach für
die Unbilden die ich von meinen früheren
Zeitgenossen zu erdulden hatte.

Nun wünscht’ ich aber, daſs nichts den
ersten guten Eindruck des gegenwärtigen
Büchleins hindern möge. Ich entschlieſse
mich daher zu erläutern, zu erklären, nach-
zuweisen, und zwar bloſs in der Absicht
daſs ein unmittelbares Verständniſs Lesern
daraus erwachse, die mit dem Osten wenig
oder nicht bekannt sind. Dagegen bedarf
derjenige dieses Nachtrags nicht, der sich
um Geschichte und Literatur einer so höchst
merkwürdigen Weltregion näher umgethan
hat. Er wird vielmehr die Quellen und
Bäche leicht bezeichnen, deren erquickliches
Naſs ich auf meine Blumenbeete geleitet.

Am liebsten aber wünschte der Verfas-
ser vorstehender Gedichte als ein Reisen-
der angesehen zu werden, dem es zum Lobe

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[244/0254] so gelang mehreren meiner Arbeiten augen- blickliche Wirkung, andere, nicht eben so faſslich und eindringend, bedurften um an- erkannt zu werden mehrerer Jahre. In- dessen gingen auch diese vorüber und ein zweytes, drittes nachwachsendes Geschlecht entschädigt mich doppelt und dreyfach für die Unbilden die ich von meinen früheren Zeitgenossen zu erdulden hatte. Nun wünscht’ ich aber, daſs nichts den ersten guten Eindruck des gegenwärtigen Büchleins hindern möge. Ich entschlieſse mich daher zu erläutern, zu erklären, nach- zuweisen, und zwar bloſs in der Absicht daſs ein unmittelbares Verständniſs Lesern daraus erwachse, die mit dem Osten wenig oder nicht bekannt sind. Dagegen bedarf derjenige dieses Nachtrags nicht, der sich um Geschichte und Literatur einer so höchst merkwürdigen Weltregion näher umgethan hat. Er wird vielmehr die Quellen und Bäche leicht bezeichnen, deren erquickliches Naſs ich auf meine Blumenbeete geleitet. Am liebsten aber wünschte der Verfas- ser vorstehender Gedichte als ein Reisen- der angesehen zu werden, dem es zum Lobe

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/254>, abgerufen am 16.06.2024.