Baumwollenstrauch. Er schildert mit großer Lebhaftig- keit und Anschaulichkeit den Glanz, die ungeheure Pracht und die Sitten des Hofes von Cathay und die Macht des Landes, was eine der interessantesten Par- thien des Buches ist. Er kennt die Mirage, indem er erzählt, auf der Insel Ceylon erscheine das Meer wohl so hoch, daß es den Anschein gewinne, als hinge es in den Wolken; eben so kennt er die langen Nägel und die kleinen Füße der Chinesen. Um aber das alles in ihm zu finden und zu erkennen, darf man ihn durchaus nicht in den corrupten Uebersez- zungen und im Volksbuche, sondern muß ihn in einem der älteren Manuscripte lesen. Das, worauf das Ge- genwärtige sich bezieht, ist ein Pergamentcodex vom Jahr 1420, aus dem Lateinischen und Französischen, in dem M. schrieb ins Niederteutsche, sehr correct und sorgfältig übersetzt. Vergleicht man damit die ältere teutsche Uebersetzung, die der Domherr von Metz, Otto von Demeringen um 1483 gemacht, die dann in die neuere teutsche Sprache übertragen im Reiß- buch des heiligen Landes von 1609 sich findet, aus dem nun das Volksbuch wieder ein genauer Ab- druck ist, dann findet man, daß Beide kaum einander mehr ähnlich sehen. Nie ist ein Schriftsteller so miß- handelt worden: außer dem, daß nach der grundlosesten
Baumwollenſtrauch. Er ſchildert mit großer Lebhaftig- keit und Anſchaulichkeit den Glanz, die ungeheure Pracht und die Sitten des Hofes von Cathay und die Macht des Landes, was eine der intereſſanteſten Par- thien des Buches iſt. Er kennt die Mirage, indem er erzählt, auf der Inſel Ceylon erſcheine das Meer wohl ſo hoch, daß es den Anſchein gewinne, als hinge es in den Wolken; eben ſo kennt er die langen Nägel und die kleinen Füße der Chineſen. Um aber das alles in ihm zu finden und zu erkennen, darf man ihn durchaus nicht in den corrupten Ueberſez- zungen und im Volksbuche, ſondern muß ihn in einem der älteren Manuſcripte leſen. Das, worauf das Ge- genwärtige ſich bezieht, iſt ein Pergamentcodex vom Jahr 1420, aus dem Lateiniſchen und Franzöſiſchen, in dem M. ſchrieb ins Niederteutſche, ſehr correct und ſorgfältig überſetzt. Vergleicht man damit die ältere teutſche Ueberſetzung, die der Domherr von Metz, Otto von Demeringen um 1483 gemacht, die dann in die neuere teutſche Sprache übertragen im Reiß- buch des heiligen Landes von 1609 ſich findet, aus dem nun das Volksbuch wieder ein genauer Ab- druck iſt, dann findet man, daß Beide kaum einander mehr ähnlich ſehen. Nie iſt ein Schriftſteller ſo miß- handelt worden: außer dem, daß nach der grundloſeſten
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Baumwollenſtrauch. Er ſchildert mit großer Lebhaftig-
keit und Anſchaulichkeit den Glanz, die ungeheure
Pracht und die Sitten des Hofes von Cathay und die
Macht des Landes, was eine der intereſſanteſten Par-
thien des Buches iſt. Er kennt die Mirage, indem
er erzählt, auf der Inſel Ceylon erſcheine das Meer
wohl ſo hoch, daß es den Anſchein gewinne, als
hinge es in den Wolken; eben ſo kennt er die langen
Nägel und die kleinen Füße der Chineſen. Um aber
das alles in ihm zu finden und zu erkennen, darf
man ihn durchaus nicht in den corrupten Ueberſez-
zungen und im Volksbuche, ſondern muß ihn in einem
der älteren Manuſcripte leſen. Das, worauf das Ge-
genwärtige ſich bezieht, iſt ein Pergamentcodex vom
Jahr 1420, aus dem Lateiniſchen und Franzöſiſchen,
in dem M. ſchrieb ins Niederteutſche, ſehr correct und
ſorgfältig überſetzt. Vergleicht man damit die ältere
teutſche Ueberſetzung, die der Domherr von Metz,
Otto von Demeringen um 1483 gemacht, die dann
in die neuere teutſche Sprache übertragen im Reiß-
buch des heiligen Landes von 1609 ſich findet, aus
dem nun das Volksbuch wieder ein genauer Ab-
druck iſt, dann findet man, daß Beide kaum einander
mehr ähnlich ſehen. Nie iſt ein Schriftſteller ſo miß-
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/86>, abgerufen am 24.11.2024.
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