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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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Halberstadt Pflege hervorgegangen; so der wundersam
verschlungene, abentheuerreiche, thumbe Parcifal des
Wolfram von Eschenbach; so der Thaten- und zauber-
volle Löwenritter des Hartmann von der Aue, Lancelot
vom See von Ulrich von Zezinchoven, der Wigolais des
Wirich von Grauenberg, Daniel von Blumenthal und so
manche Andere, die untergegangen sind. Die Fran-
zosen und die Italiäner aber hatten den Kreis von
Carl dem Großen und seinen Genossen gegründet,
und die Teutschen nahmen davon Rolands Thaten in
ihrem Stricker, und Reinold und Malagis, und
Ogier von Dänemark auf. Und während von andern
Helden Rudolf von Montfort, und Ulrich von Thür-
heim, und Conrad von Würzburg und Vtele außer
ihnen in kräftiger, derber, mannhafter Sprache sangen,
dichtete Gottfried von Straßburg nach britunschen
Mähren den galanten, zierlichen Tristan, und es
gestaltete sich die heroisch kindliche Idylle Flore und
Blantschiflor, und Lothar und Maller, das schöne
Bild treuer Ritterfreundschaft, und im Freydank und
im Renner, und dem welschen Gaste, und dem Winds-
beck und der Windsbeckin und vielen Andern hatte die
Nation ihre Gnomen und didactische Poesie niederge-
legt. So war mit kräftiger, nahrhafter Lebensprosa
geistreiche und begeistigende Poesie verbunden, und

Halberſtadt Pflege hervorgegangen; ſo der wunderſam
verſchlungene, abentheuerreiche, thumbe Parcifal des
Wolfram von Eſchenbach; ſo der Thaten- und zauber-
volle Löwenritter des Hartmann von der Aue, Lancelot
vom See von Ulrich von Zezinchoven, der Wigolais des
Wirich von Grauenberg, Daniel von Blumenthal und ſo
manche Andere, die untergegangen ſind. Die Fran-
zoſen und die Italiäner aber hatten den Kreis von
Carl dem Großen und ſeinen Genoſſen gegründet,
und die Teutſchen nahmen davon Rolands Thaten in
ihrem Stricker, und Reinold und Malagis, und
Ogier von Dänemark auf. Und während von andern
Helden Rudolf von Montfort, und Ulrich von Thür-
heim, und Conrad von Würzburg und Vtele außer
ihnen in kräftiger, derber, mannhafter Sprache ſangen,
dichtete Gottfried von Straßburg nach britunſchen
Mähren den galanten, zierlichen Triſtan, und es
geſtaltete ſich die heroiſch kindliche Idylle Flore und
Blantſchiflor, und Lothar und Maller, das ſchöne
Bild treuer Ritterfreundſchaft, und im Freydank und
im Renner, und dem welſchen Gaſte, und dem Winds-
beck und der Windsbeckin und vielen Andern hatte die
Nation ihre Gnomen und didactiſche Poeſie niederge-
legt. So war mit kräftiger, nahrhafter Lebensproſa
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[294/0312] Halberſtadt Pflege hervorgegangen; ſo der wunderſam verſchlungene, abentheuerreiche, thumbe Parcifal des Wolfram von Eſchenbach; ſo der Thaten- und zauber- volle Löwenritter des Hartmann von der Aue, Lancelot vom See von Ulrich von Zezinchoven, der Wigolais des Wirich von Grauenberg, Daniel von Blumenthal und ſo manche Andere, die untergegangen ſind. Die Fran- zoſen und die Italiäner aber hatten den Kreis von Carl dem Großen und ſeinen Genoſſen gegründet, und die Teutſchen nahmen davon Rolands Thaten in ihrem Stricker, und Reinold und Malagis, und Ogier von Dänemark auf. Und während von andern Helden Rudolf von Montfort, und Ulrich von Thür- heim, und Conrad von Würzburg und Vtele außer ihnen in kräftiger, derber, mannhafter Sprache ſangen, dichtete Gottfried von Straßburg nach britunſchen Mähren den galanten, zierlichen Triſtan, und es geſtaltete ſich die heroiſch kindliche Idylle Flore und Blantſchiflor, und Lothar und Maller, das ſchöne Bild treuer Ritterfreundſchaft, und im Freydank und im Renner, und dem welſchen Gaſte, und dem Winds- beck und der Windsbeckin und vielen Andern hatte die Nation ihre Gnomen und didactiſche Poeſie niederge- legt. So war mit kräftiger, nahrhafter Lebensproſa geiſtreiche und begeiſtigende Poeſie verbunden, und

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/312>, abgerufen am 19.05.2024.