Griechenland war nicht gestorben; die alte Brücke, die Xerxes zwischen Asia und Europa geschlagen, stand noch in diesem Reiche: da wanderten die fantastischen Feuergeburten des Orients in den andern Welttheil hinüber; Susa, Ecbatana, Persepolis, Babylon, Chaldäa und Assyrien, Kleinasien, alle die versunknen Gewalten der untergegangenen Welt gehorchten dem Geisterbann und schritten durch die Kreise, noch einmal hob die uralte Zeit müde ihr eisgraues Haupt aus dem Grab heraus, und sah staunend in die Gegenwart hinein, und die Gegenwart sah staunend die verblichene Gestalt über den Gräbern wankend stehen, wie seltsame Visionen sie umkreisten, und verwitterte Schatten in den Gewölken um sie lagen, und da das alte Haupt zur Ruhe sich hingelegt, und die Schatten versunken waren und die nebelnden Gestalten: da erzähten die Neugriechen in exaltirter nachglühender Phantasie was sie gesehen, wie der Welttheil zur Todtenhalle sich gewölbt, und wie die großen Verstorbnen dort wandel- ten, und wie ihre Schatten noch umgiengen oben in des Tages Licht als Sagen, und die Völker hörten freudig erstaunt sie reden, und von Munde zu Munde pflanzten sich die Traditionen fort, von den Pilgern und den Kreuzfahrern umgetragen, und auch sie sangen in die Poesie der Zeit hinein. Tief im Norden aber,
Griechenland war nicht geſtorben; die alte Brücke, die Xerxes zwiſchen Aſia und Europa geſchlagen, ſtand noch in dieſem Reiche: da wanderten die fantaſtiſchen Feuergeburten des Orients in den andern Welttheil hinüber; Suſa, Ecbatana, Perſepolis, Babylon, Chaldäa und Aſſyrien, Kleinaſien, alle die verſunknen Gewalten der untergegangenen Welt gehorchten dem Geiſterbann und ſchritten durch die Kreiſe, noch einmal hob die uralte Zeit müde ihr eisgraues Haupt aus dem Grab heraus, und ſah ſtaunend in die Gegenwart hinein, und die Gegenwart ſah ſtaunend die verblichene Geſtalt über den Gräbern wankend ſtehen, wie ſeltſame Viſionen ſie umkreiſten, und verwitterte Schatten in den Gewölken um ſie lagen, und da das alte Haupt zur Ruhe ſich hingelegt, und die Schatten verſunken waren und die nebelnden Geſtalten: da erzähten die Neugriechen in exaltirter nachglühender Phantaſie was ſie geſehen, wie der Welttheil zur Todtenhalle ſich gewölbt, und wie die großen Verſtorbnen dort wandel- ten, und wie ihre Schatten noch umgiengen oben in des Tages Licht als Sagen, und die Völker hörten freudig erſtaunt ſie reden, und von Munde zu Munde pflanzten ſich die Traditionen fort, von den Pilgern und den Kreuzfahrern umgetragen, und auch ſie ſangen in die Poeſie der Zeit hinein. Tief im Norden aber,
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Griechenland war nicht geſtorben; die alte Brücke, die
Xerxes zwiſchen Aſia und Europa geſchlagen, ſtand
noch in dieſem Reiche: da wanderten die fantaſtiſchen
Feuergeburten des Orients in den andern Welttheil
hinüber; Suſa, Ecbatana, Perſepolis, Babylon,
Chaldäa und Aſſyrien, Kleinaſien, alle die verſunknen
Gewalten der untergegangenen Welt gehorchten dem
Geiſterbann und ſchritten durch die Kreiſe, noch einmal
hob die uralte Zeit müde ihr eisgraues Haupt aus dem
Grab heraus, und ſah ſtaunend in die Gegenwart
hinein, und die Gegenwart ſah ſtaunend die verblichene
Geſtalt über den Gräbern wankend ſtehen, wie ſeltſame
Viſionen ſie umkreiſten, und verwitterte Schatten in
den Gewölken um ſie lagen, und da das alte Haupt
zur Ruhe ſich hingelegt, und die Schatten verſunken
waren und die nebelnden Geſtalten: da erzähten die
Neugriechen in exaltirter nachglühender Phantaſie was
ſie geſehen, wie der Welttheil zur Todtenhalle ſich
gewölbt, und wie die großen Verſtorbnen dort wandel-
ten, und wie ihre Schatten noch umgiengen oben in
des Tages Licht als Sagen, und die Völker hörten
freudig erſtaunt ſie reden, und von Munde zu Munde
pflanzten ſich die Traditionen fort, von den Pilgern
und den Kreuzfahrern umgetragen, und auch ſie ſangen
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/305>, abgerufen am 19.05.2024.
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