Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

unter dem Baum. Weil das Kind Gott und Mensch
war, so verstand es, was sie begehre. Hierauf ließ sich
der Baum gegen Maria nieder, daß sie von der Frucht
nehmen konnte, so viel sie wollte. Da sie nun nach
Belieben gegessen und ihre Säcke gefüllt hatten, so
richtete sich der Baum wieder auf, und breitete seine
Zweige wieder aus, und Joseph und Maria lobten Gott
für Alles, was sie bekommen hatten, und das Kind
Jesus ließ sich Alles gefallen, und seine Eltern waren
auch zufrieden, besonders darüber, daß der Ochs und
der Esel mit dem vielen Gras so wohl versorgt waren:
sie knieten und beugten sich vor dem Kinde Jesu, und
erkannten ihn für ihren Herren und Schöpfer. --

Als eines Tags die Kinder mit Jesu zum Thore
hinaus auf's Feld gehen wollten, so kamen sie auf
einen Platz, da man Leimen gegraben hatte, und Jesus
setzte sich auf denselben Platz nieder, und nahm mit
seinen Händen von dem Leimen, und machte kleine
Vögel daraus, so wie sie auf dem Felde fliegen; da
die andern Kinder sahen, daß Jesus solche schöne,
kleine Vögel gemacht hatte, so freueten sie sich darüber,
und wollten auch solche Vögel nachmachen. Währen-
der Zeit kam ein alter Jude, der sahe, daß sie mitein-
ander scherzten und spielten, und er strafte sie und
sprach: "Ihr halt't den Sabbath nicht heilig, ihr seyd

unter dem Baum. Weil das Kind Gott und Menſch
war, ſo verſtand es, was ſie begehre. Hierauf ließ ſich
der Baum gegen Maria nieder, daß ſie von der Frucht
nehmen konnte, ſo viel ſie wollte. Da ſie nun nach
Belieben gegeſſen und ihre Säcke gefüllt hatten, ſo
richtete ſich der Baum wieder auf, und breitete ſeine
Zweige wieder aus, und Joſeph und Maria lobten Gott
für Alles, was ſie bekommen hatten, und das Kind
Jeſus ließ ſich Alles gefallen, und ſeine Eltern waren
auch zufrieden, beſonders darüber, daß der Ochs und
der Eſel mit dem vielen Gras ſo wohl verſorgt waren:
ſie knieten und beugten ſich vor dem Kinde Jeſu, und
erkannten ihn für ihren Herren und Schöpfer. —

Als eines Tags die Kinder mit Jeſu zum Thore
hinaus auf’s Feld gehen wollten, ſo kamen ſie auf
einen Platz, da man Leimen gegraben hatte, und Jeſus
ſetzte ſich auf denſelben Platz nieder, und nahm mit
ſeinen Händen von dem Leimen, und machte kleine
Vögel daraus, ſo wie ſie auf dem Felde fliegen; da
die andern Kinder ſahen, daß Jeſus ſolche ſchöne,
kleine Vögel gemacht hatte, ſo freueten ſie ſich darüber,
und wollten auch ſolche Vögel nachmachen. Währen-
der Zeit kam ein alter Jude, der ſahe, daß ſie mitein-
ander ſcherzten und ſpielten, und er ſtrafte ſie und
ſprach: „Ihr halt’t den Sabbath nicht heilig, ihr ſeyd

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0272" n="254"/>
unter dem Baum. Weil das Kind Gott und Men&#x017F;ch<lb/>
war, &#x017F;o ver&#x017F;tand es, was &#x017F;ie begehre. Hierauf ließ &#x017F;ich<lb/>
der Baum gegen Maria nieder, daß &#x017F;ie von der Frucht<lb/>
nehmen konnte, &#x017F;o viel &#x017F;ie wollte. Da &#x017F;ie nun nach<lb/>
Belieben gege&#x017F;&#x017F;en und ihre Säcke gefüllt hatten, &#x017F;o<lb/>
richtete &#x017F;ich der Baum wieder auf, und breitete &#x017F;eine<lb/>
Zweige wieder aus, und Jo&#x017F;eph und Maria lobten Gott<lb/>
für Alles, was &#x017F;ie bekommen hatten, und das Kind<lb/>
Je&#x017F;us ließ &#x017F;ich Alles gefallen, und &#x017F;eine Eltern waren<lb/>
auch zufrieden, be&#x017F;onders darüber, daß der Ochs und<lb/>
der E&#x017F;el mit dem vielen Gras &#x017F;o wohl ver&#x017F;orgt waren:<lb/>
&#x017F;ie knieten und beugten &#x017F;ich vor dem Kinde Je&#x017F;u, und<lb/>
erkannten ihn für ihren Herren und Schöpfer. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Als eines Tags die Kinder mit Je&#x017F;u zum Thore<lb/>
hinaus auf&#x2019;s Feld gehen wollten, &#x017F;o kamen &#x017F;ie auf<lb/>
einen Platz, da man Leimen gegraben hatte, und Je&#x017F;us<lb/>
&#x017F;etzte &#x017F;ich auf den&#x017F;elben Platz nieder, und nahm mit<lb/>
&#x017F;einen Händen von dem Leimen, und machte kleine<lb/>
Vögel daraus, &#x017F;o wie &#x017F;ie auf dem Felde fliegen; da<lb/>
die andern Kinder &#x017F;ahen, daß Je&#x017F;us &#x017F;olche &#x017F;chöne,<lb/>
kleine Vögel gemacht hatte, &#x017F;o freueten &#x017F;ie &#x017F;ich darüber,<lb/>
und wollten auch &#x017F;olche Vögel nachmachen. Währen-<lb/>
der Zeit kam ein alter Jude, der &#x017F;ahe, daß &#x017F;ie mitein-<lb/>
ander &#x017F;cherzten und &#x017F;pielten, und er &#x017F;trafte &#x017F;ie und<lb/>
&#x017F;prach: &#x201E;Ihr halt&#x2019;t den Sabbath nicht heilig, ihr &#x017F;eyd<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0272] unter dem Baum. Weil das Kind Gott und Menſch war, ſo verſtand es, was ſie begehre. Hierauf ließ ſich der Baum gegen Maria nieder, daß ſie von der Frucht nehmen konnte, ſo viel ſie wollte. Da ſie nun nach Belieben gegeſſen und ihre Säcke gefüllt hatten, ſo richtete ſich der Baum wieder auf, und breitete ſeine Zweige wieder aus, und Joſeph und Maria lobten Gott für Alles, was ſie bekommen hatten, und das Kind Jeſus ließ ſich Alles gefallen, und ſeine Eltern waren auch zufrieden, beſonders darüber, daß der Ochs und der Eſel mit dem vielen Gras ſo wohl verſorgt waren: ſie knieten und beugten ſich vor dem Kinde Jeſu, und erkannten ihn für ihren Herren und Schöpfer. — Als eines Tags die Kinder mit Jeſu zum Thore hinaus auf’s Feld gehen wollten, ſo kamen ſie auf einen Platz, da man Leimen gegraben hatte, und Jeſus ſetzte ſich auf denſelben Platz nieder, und nahm mit ſeinen Händen von dem Leimen, und machte kleine Vögel daraus, ſo wie ſie auf dem Felde fliegen; da die andern Kinder ſahen, daß Jeſus ſolche ſchöne, kleine Vögel gemacht hatte, ſo freueten ſie ſich darüber, und wollten auch ſolche Vögel nachmachen. Währen- der Zeit kam ein alter Jude, der ſahe, daß ſie mitein- ander ſcherzten und ſpielten, und er ſtrafte ſie und ſprach: „Ihr halt’t den Sabbath nicht heilig, ihr ſeyd

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/272
Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/272>, abgerufen am 24.11.2024.