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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

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Winterrock also fortzog, so sehe ich einen schönen,
weißen, dürren, grünen, langen, gewachsenen Rasen
voll Gras, das wär meiner Mutter Kuh gut gewesen,
ich hätte es auch gern abgehauen, aber ich hatte keine
Sense; so bald begegnete mir Einer, der trug Sensen
feil, ich sagte zu ihm: Landsmann wie giebst du mir
Eine? Er sagte: ""Ich gebe dir eine um einen Juhey
Juho mit lauter Stimme"". Ich schreie den rechten
Ju, Juhey, Juho, so laut als ich's erschreien mögte,
daß Berg und Thal davon erschall, gleich als brüllten
die Ameisen. Ein Esel gieng ungefähr hinter einer
Hecken zu weiden, den hatte ich nicht gesehen, der
sprang empor über den Graben, und lief darnach,
schrie als Ja! Ja! Ja! vor Schrecken; ich entsetzte
mich auch vor ihm, und meinte nicht anderst, denn
daß er aller Hasen Mutter wäre; ich nahm von dem
die Sense, zog auf den Rasen, und hieb hinein; da
schlug ich mit der Sensen an einen Maulwurfhaufen,
und in dem Streich hieb ich mir selbst den Kopf ab,
der Kopf der lief den Rasen hinab, als gülte es ihm
ein gut Gelag, oder zween Scheffel Bier; flugs lief ich
ihm nach, stieß mich aber in solcher Eil an einen Ast,
daß mir die Stirn blutet; so bald ich ihn erwischte,
setzte ich ihn behend wieder auf, dieweil er noch warm
war, und setzte das Hintertheil zu vörderst, das thät

Winterrock alſo fortzog, ſo ſehe ich einen ſchönen,
weißen, dürren, grünen, langen, gewachſenen Raſen
voll Gras, das wär meiner Mutter Kuh gut geweſen,
ich hätte es auch gern abgehauen, aber ich hatte keine
Senſe; ſo bald begegnete mir Einer, der trug Senſen
feil, ich ſagte zu ihm: Landsmann wie giebſt du mir
Eine? Er ſagte: „„Ich gebe dir eine um einen Juhey
Juho mit lauter Stimme““. Ich ſchreie den rechten
Ju, Juhey, Juho, ſo laut als ich’s erſchreien mögte,
daß Berg und Thal davon erſchall, gleich als brüllten
die Ameiſen. Ein Eſel gieng ungefähr hinter einer
Hecken zu weiden, den hatte ich nicht geſehen, der
ſprang empor über den Graben, und lief darnach,
ſchrie als Ja! Ja! Ja! vor Schrecken; ich entſetzte
mich auch vor ihm, und meinte nicht anderſt, denn
daß er aller Haſen Mutter wäre; ich nahm von dem
die Senſe, zog auf den Raſen, und hieb hinein; da
ſchlug ich mit der Senſen an einen Maulwurfhaufen,
und in dem Streich hieb ich mir ſelbſt den Kopf ab,
der Kopf der lief den Raſen hinab, als gülte es ihm
ein gut Gelag, oder zween Scheffel Bier; flugs lief ich
ihm nach, ſtieß mich aber in ſolcher Eil an einen Aſt,
daß mir die Stirn blutet; ſo bald ich ihn erwiſchte,
ſetzte ich ihn behend wieder auf, dieweil er noch warm
war, und ſetzte das Hintertheil zu vörderſt, das thät

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[181/0199] Winterrock alſo fortzog, ſo ſehe ich einen ſchönen, weißen, dürren, grünen, langen, gewachſenen Raſen voll Gras, das wär meiner Mutter Kuh gut geweſen, ich hätte es auch gern abgehauen, aber ich hatte keine Senſe; ſo bald begegnete mir Einer, der trug Senſen feil, ich ſagte zu ihm: Landsmann wie giebſt du mir Eine? Er ſagte: „„Ich gebe dir eine um einen Juhey Juho mit lauter Stimme““. Ich ſchreie den rechten Ju, Juhey, Juho, ſo laut als ich’s erſchreien mögte, daß Berg und Thal davon erſchall, gleich als brüllten die Ameiſen. Ein Eſel gieng ungefähr hinter einer Hecken zu weiden, den hatte ich nicht geſehen, der ſprang empor über den Graben, und lief darnach, ſchrie als Ja! Ja! Ja! vor Schrecken; ich entſetzte mich auch vor ihm, und meinte nicht anderſt, denn daß er aller Haſen Mutter wäre; ich nahm von dem die Senſe, zog auf den Raſen, und hieb hinein; da ſchlug ich mit der Senſen an einen Maulwurfhaufen, und in dem Streich hieb ich mir ſelbſt den Kopf ab, der Kopf der lief den Raſen hinab, als gülte es ihm ein gut Gelag, oder zween Scheffel Bier; flugs lief ich ihm nach, ſtieß mich aber in ſolcher Eil an einen Aſt, daß mir die Stirn blutet; ſo bald ich ihn erwiſchte, ſetzte ich ihn behend wieder auf, dieweil er noch warm war, und ſetzte das Hintertheil zu vörderſt, das thät

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Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/199>, abgerufen am 18.05.2024.