Berosias an die Könige von Indien mit vielen Geschenk- en, um dort die Kunst zu lernen. Dieser zog hin, hielt zwölf Monate da sich auf, sammelte alle Bücher, bereitete die Arzneien; als er aber nun Todte aufer- wecken wollte, mogte es ihm nicht gelingen. Er wurde traurig darüber, und getraute sich nicht zurückzukehren; da sagten ihm die Weisen des Landes, wie es ihnen nicht anderst ergangen sey, bis sie eine Erklärung in einem gewissen Buche der Weisheit gefunden hätten, wie nämlich alles allegorisch zu nehmen sey; die Berge seyen die Weisen, die Pflanzen Wissenschaft und Er- kenntniß, die Arzneyen Bücher, die zu erweckenden Todten aber die Unwissenden. Da er das hörte, suchte er das Buch auf, und übersetzte es aus dem Indischen ins Persische, und als er zurückkehrte, freute sich der König sehr, und unterstützte von nun an die Wissen- schaften, und legte Bibliotheken an. Diese Schrifft, in den neuesten Zeiten im Jahre 1804 in Calcutta von neuem in der Originalsamscritsprache mit indischen Lettern in 4. gedruckt, unter dem Namen Hito padesa von dem Braminen Wischnu Sarma verfaßt, ist nun das Envvarisuhejli der Perser; der Berosias ist Buzrvieh oder Parzon, Arzt des Cosroes oder Nuschirvan, der ihn nach Indien sandte; die Periode der Uebersetzung endlich etwa das Jahr 530. Das Buch gieng sodann
Beroſias an die Könige von Indien mit vielen Geſchenk- en, um dort die Kunſt zu lernen. Dieſer zog hin, hielt zwölf Monate da ſich auf, ſammelte alle Bücher, bereitete die Arzneien; als er aber nun Todte aufer- wecken wollte, mogte es ihm nicht gelingen. Er wurde traurig darüber, und getraute ſich nicht zurückzukehren; da ſagten ihm die Weiſen des Landes, wie es ihnen nicht anderſt ergangen ſey, bis ſie eine Erklärung in einem gewiſſen Buche der Weisheit gefunden hätten, wie nämlich alles allegoriſch zu nehmen ſey; die Berge ſeyen die Weiſen, die Pflanzen Wiſſenſchaft und Er- kenntniß, die Arzneyen Bücher, die zu erweckenden Todten aber die Unwiſſenden. Da er das hörte, ſuchte er das Buch auf, und überſetzte es aus dem Indiſchen ins Perſiſche, und als er zurückkehrte, freute ſich der König ſehr, und unterſtützte von nun an die Wiſſen- ſchaften, und legte Bibliotheken an. Dieſe Schrifft, in den neueſten Zeiten im Jahre 1804 in Calcutta von neuem in der Originalſamſcritſprache mit indiſchen Lettern in 4. gedruckt, unter dem Namen Hitô padesa von dem Braminen Wiſchnu Sarma verfaßt, iſt nun das Envvarisuhejli der Perſer; der Beroſias iſt Buzrvieh oder Parzon, Arzt des Cosroes oder Nuſchirvan, der ihn nach Indien ſandte; die Periode der Ueberſetzung endlich etwa das Jahr 530. Das Buch gieng ſodann
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Beroſias an die Könige von Indien mit vielen Geſchenk-
en, um dort die Kunſt zu lernen. Dieſer zog hin,
hielt zwölf Monate da ſich auf, ſammelte alle Bücher,
bereitete die Arzneien; als er aber nun Todte aufer-
wecken wollte, mogte es ihm nicht gelingen. Er wurde
traurig darüber, und getraute ſich nicht zurückzukehren;
da ſagten ihm die Weiſen des Landes, wie es ihnen
nicht anderſt ergangen ſey, bis ſie eine Erklärung in
einem gewiſſen Buche der Weisheit gefunden hätten,
wie nämlich alles allegoriſch zu nehmen ſey; die Berge
ſeyen die Weiſen, die Pflanzen Wiſſenſchaft und Er-
kenntniß, die Arzneyen Bücher, die zu erweckenden
Todten aber die Unwiſſenden. Da er das hörte, ſuchte
er das Buch auf, und überſetzte es aus dem Indiſchen
ins Perſiſche, und als er zurückkehrte, freute ſich der
König ſehr, und unterſtützte von nun an die Wiſſen-
ſchaften, und legte Bibliotheken an. Dieſe Schrifft,
in den neueſten Zeiten im Jahre 1804 in Calcutta
von neuem in der Originalſamſcritſprache mit indiſchen
Lettern in 4. gedruckt, unter dem Namen Hitô padesa
von dem Braminen Wiſchnu Sarma verfaßt, iſt nun
das Envvarisuhejli der Perſer; der Beroſias iſt
Buzrvieh oder Parzon, Arzt des Cosroes oder Nuſchirvan,
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/182>, abgerufen am 22.11.2024.
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