Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

Gewaltthat, und jede schlechte Institution zu be¬
schönigen und zu rechtfertigen, das schien etwas,
was schon der Zeit, die aus allen Fugen ge¬
treten, zuzulassen war. Alle Helden des Plutarch
auf der Parade aufzuführen, war schon erlaubt;
aber mit dem Vorbehalt, Jeden, der sie etwa nach¬
ahmen wollte, als Verrückten zu erklären. Dem Adel
Böses nachzusagen, in geistlichen Angelegenheiten mit
kühner Aufklärung zu sprechen, die Jesuiten schnöde
zu behandeln, vom Mittelalter schlecht zu reden, das
Feudalunwesen zu schelten nach Herzenslust, die Ultras
in Frankreich übel anzulassen und ihre Thorheit aus¬
zulegen nach Gebühr, den Mystizism in seiner Blöße
darzustellen, zu schelten über böse Leidenschaften und
Halbheit der Gesinnungen, die es nirgendwo zu etwas
Gedeihlichem kommen lassen, über die Mißgriffe des
Königs von Spanien sich stark und mit Freymuth
zu erklären, und von Zeit zu Zeit den teutschen Jon
Bull anzustechen; das ist der liberale Turnplatz, den
sie sich zum Tummeln vorbehalten. Dagegen zeigen sie
sich willig, mit dem Mantel der Liebe die schnödeste
Willkühr des Brodherrn zuzudecken; Ihm jede Aus¬
nahme von den erhabensten Grundsätzen huldreichst
einzuräumen, und alle seine Fehden auszufechten wie
die Ihrigen. Auf diese Bedingungen werden dann
Caperbriefe auf die benachbarten Regierungen ausge¬
theilt, bis diese die Schwäche haben, und zur
Auslösung sich verstehen, wo dann ein Mandat
ausgeht, fortan sey es illiberal und der teut¬
schen Sache nachtheilig, die bisher Gescholtene fer¬
ner im Schimpfe anzugehen. Schmarotzer der Für¬

6 *

Gewaltthat, und jede ſchlechte Inſtitution zu be¬
ſchönigen und zu rechtfertigen, das ſchien etwas,
was ſchon der Zeit, die aus allen Fugen ge¬
treten, zuzulaſſen war. Alle Helden des Plutarch
auf der Parade aufzuführen, war ſchon erlaubt;
aber mit dem Vorbehalt, Jeden, der ſie etwa nach¬
ahmen wollte, als Verrückten zu erklären. Dem Adel
Böſes nachzuſagen, in geiſtlichen Angelegenheiten mit
kühner Aufklärung zu ſprechen, die Jeſuiten ſchnöde
zu behandeln, vom Mittelalter ſchlecht zu reden, das
Feudalunweſen zu ſchelten nach Herzensluſt, die Ultras
in Frankreich übel anzulaſſen und ihre Thorheit aus¬
zulegen nach Gebühr, den Myſtizism in ſeiner Blöße
darzuſtellen, zu ſchelten über böſe Leidenſchaften und
Halbheit der Geſinnungen, die es nirgendwo zu etwas
Gedeihlichem kommen laſſen, über die Mißgriffe des
Königs von Spanien ſich ſtark und mit Freymuth
zu erklären, und von Zeit zu Zeit den teutſchen Jon
Bull anzuſtechen; das iſt der liberale Turnplatz, den
ſie ſich zum Tummeln vorbehalten. Dagegen zeigen ſie
ſich willig, mit dem Mantel der Liebe die ſchnödeſte
Willkühr des Brodherrn zuzudecken; Ihm jede Aus¬
nahme von den erhabenſten Grundſätzen huldreichſt
einzuräumen, und alle ſeine Fehden auszufechten wie
die Ihrigen. Auf dieſe Bedingungen werden dann
Caperbriefe auf die benachbarten Regierungen ausge¬
theilt, bis dieſe die Schwäche haben, und zur
Auslöſung ſich verſtehen, wo dann ein Mandat
ausgeht, fortan ſey es illiberal und der teut¬
ſchen Sache nachtheilig, die bisher Geſcholtene fer¬
ner im Schimpfe anzugehen. Schmarotzer der Für¬

6 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0091" n="83"/>
Gewaltthat, und jede &#x017F;chlechte In&#x017F;titution zu be¬<lb/>
&#x017F;chönigen und zu rechtfertigen, das &#x017F;chien etwas,<lb/>
was &#x017F;chon der Zeit, die aus allen Fugen ge¬<lb/>
treten, zuzula&#x017F;&#x017F;en war. Alle Helden des Plutarch<lb/>
auf der Parade aufzuführen, war &#x017F;chon erlaubt;<lb/>
aber mit dem Vorbehalt, Jeden, der &#x017F;ie etwa nach¬<lb/>
ahmen wollte, als Verrückten zu erklären. Dem Adel<lb/>&#x017F;es nachzu&#x017F;agen, in gei&#x017F;tlichen Angelegenheiten mit<lb/>
kühner Aufklärung zu &#x017F;prechen, die Je&#x017F;uiten &#x017F;chnöde<lb/>
zu behandeln, vom Mittelalter &#x017F;chlecht zu reden, das<lb/>
Feudalunwe&#x017F;en zu &#x017F;chelten nach Herzenslu&#x017F;t, die Ultras<lb/>
in Frankreich übel anzula&#x017F;&#x017F;en und ihre Thorheit aus¬<lb/>
zulegen nach Gebühr, den My&#x017F;tizism in &#x017F;einer Blöße<lb/>
darzu&#x017F;tellen, zu &#x017F;chelten über bö&#x017F;e Leiden&#x017F;chaften und<lb/>
Halbheit der Ge&#x017F;innungen, die es nirgendwo zu etwas<lb/>
Gedeihlichem kommen la&#x017F;&#x017F;en, über die Mißgriffe des<lb/>
Königs von Spanien &#x017F;ich &#x017F;tark und mit Freymuth<lb/>
zu erklären, und von Zeit zu Zeit den teut&#x017F;chen Jon<lb/>
Bull anzu&#x017F;techen; das i&#x017F;t der liberale Turnplatz, den<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich zum Tummeln vorbehalten. Dagegen zeigen &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich willig, mit dem Mantel der Liebe die &#x017F;chnöde&#x017F;te<lb/>
Willkühr des Brodherrn zuzudecken; Ihm jede Aus¬<lb/>
nahme von den erhaben&#x017F;ten Grund&#x017F;ätzen huldreich&#x017F;t<lb/>
einzuräumen, und alle &#x017F;eine Fehden auszufechten wie<lb/>
die Ihrigen. Auf die&#x017F;e Bedingungen werden dann<lb/>
Caperbriefe auf die benachbarten Regierungen ausge¬<lb/>
theilt, bis die&#x017F;e die Schwäche haben, und zur<lb/>
Auslö&#x017F;ung &#x017F;ich ver&#x017F;tehen, wo dann ein Mandat<lb/>
ausgeht, fortan &#x017F;ey es illiberal und der teut¬<lb/>
&#x017F;chen Sache nachtheilig, die bisher Ge&#x017F;choltene fer¬<lb/>
ner im Schimpfe anzugehen. Schmarotzer der Für¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">6 *<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0091] Gewaltthat, und jede ſchlechte Inſtitution zu be¬ ſchönigen und zu rechtfertigen, das ſchien etwas, was ſchon der Zeit, die aus allen Fugen ge¬ treten, zuzulaſſen war. Alle Helden des Plutarch auf der Parade aufzuführen, war ſchon erlaubt; aber mit dem Vorbehalt, Jeden, der ſie etwa nach¬ ahmen wollte, als Verrückten zu erklären. Dem Adel Böſes nachzuſagen, in geiſtlichen Angelegenheiten mit kühner Aufklärung zu ſprechen, die Jeſuiten ſchnöde zu behandeln, vom Mittelalter ſchlecht zu reden, das Feudalunweſen zu ſchelten nach Herzensluſt, die Ultras in Frankreich übel anzulaſſen und ihre Thorheit aus¬ zulegen nach Gebühr, den Myſtizism in ſeiner Blöße darzuſtellen, zu ſchelten über böſe Leidenſchaften und Halbheit der Geſinnungen, die es nirgendwo zu etwas Gedeihlichem kommen laſſen, über die Mißgriffe des Königs von Spanien ſich ſtark und mit Freymuth zu erklären, und von Zeit zu Zeit den teutſchen Jon Bull anzuſtechen; das iſt der liberale Turnplatz, den ſie ſich zum Tummeln vorbehalten. Dagegen zeigen ſie ſich willig, mit dem Mantel der Liebe die ſchnödeſte Willkühr des Brodherrn zuzudecken; Ihm jede Aus¬ nahme von den erhabenſten Grundſätzen huldreichſt einzuräumen, und alle ſeine Fehden auszufechten wie die Ihrigen. Auf dieſe Bedingungen werden dann Caperbriefe auf die benachbarten Regierungen ausge¬ theilt, bis dieſe die Schwäche haben, und zur Auslöſung ſich verſtehen, wo dann ein Mandat ausgeht, fortan ſey es illiberal und der teut¬ ſchen Sache nachtheilig, die bisher Geſcholtene fer¬ ner im Schimpfe anzugehen. Schmarotzer der Für¬ 6 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/91
Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/91>, abgerufen am 03.05.2024.