Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

der Apostel verlassen hatte, um dem Herren zu fol¬
gen; als man endlich weiterhin erfuhr, wie schon aus
einem benachbarten Lande das Aufhebungsdecret des
Cölibates bis zur Unterzeichnung rein mundirt, bey
den Akten eingelaufen, seine Vollziehung aber von
einem der berathenden Höfe nur der Wittwengehalte
wegen abgerathen worden. Das alles mußte den widrig¬
sten Einfluß auf die Meinung äußern, obgleich die Resul¬
tate dieser Commission wenigstens diejenigen beruhigten,
denen sie bekannt geworden, indem man vollkommen die
Ausdehnung des Wahlrechts auf die untere Geistlichkeit in
den Dekanen billigen mußte; nicht minder auch den Grund¬
satz, daß angeklagte Bischöfe von einem Pairsgerichte Recht
nehmen sollten; übrigens aber sich versichert hielt, daß die
Curie ihrem Rechte, bey solchen Gerichten einen Delegir¬
ten zu haben, der das öffentliche Ministerium zu vertreten
berufen sey, nicht vergeben werde; noch dulden den
Bruch, der mit Abschaffung der Erzbischöfe, durch
kleinliche Eifersucht der weltlichen Souverainität ge¬
trieben, in die Hierarchie geschehen; noch weniger
aber jemals, protestantischen Fürsten das Ernennungs¬
recht katholischer Bischöfe zu gestatten, sich vergessen
werde.

Preußen, mehr als vier Millionen Catholische in sei¬
nem Umkreis hegend, war jenem Vereine nicht bey¬
getreten, und man deutete die Weigerung dahin, daß
es auch hier, an Liberalität sich übertreffen zu lassen,
nicht gesonnen sey. Der König hatte bestimmte Ver¬
sprechungen bey der Besitznahme geleistet; der Kanz¬
ler hatte sie in jener Audienz wiederholt; auch hatte
man die Wiedereinräumung des Wahlrechts, die das

der Apoſtel verlaſſen hatte, um dem Herren zu fol¬
gen; als man endlich weiterhin erfuhr, wie ſchon aus
einem benachbarten Lande das Aufhebungsdecret des
Cölibates bis zur Unterzeichnung rein mundirt, bey
den Akten eingelaufen, ſeine Vollziehung aber von
einem der berathenden Höfe nur der Wittwengehalte
wegen abgerathen worden. Das alles mußte den widrig¬
ſten Einfluß auf die Meinung äußern, obgleich die Reſul¬
tate dieſer Commiſſion wenigſtens diejenigen beruhigten,
denen ſie bekannt geworden, indem man vollkommen die
Ausdehnung des Wahlrechts auf die untere Geiſtlichkeit in
den Dekanen billigen mußte; nicht minder auch den Grund¬
ſatz, daß angeklagte Biſchöfe von einem Pairsgerichte Recht
nehmen ſollten; übrigens aber ſich verſichert hielt, daß die
Curie ihrem Rechte, bey ſolchen Gerichten einen Delegir¬
ten zu haben, der das öffentliche Miniſterium zu vertreten
berufen ſey, nicht vergeben werde; noch dulden den
Bruch, der mit Abſchaffung der Erzbiſchöfe, durch
kleinliche Eiferſucht der weltlichen Souverainität ge¬
trieben, in die Hierarchie geſchehen; noch weniger
aber jemals, proteſtantiſchen Fürſten das Ernennungs¬
recht katholiſcher Biſchöfe zu geſtatten, ſich vergeſſen
werde.

Preußen, mehr als vier Millionen Catholiſche in ſei¬
nem Umkreis hegend, war jenem Vereine nicht bey¬
getreten, und man deutete die Weigerung dahin, daß
es auch hier, an Liberalität ſich übertreffen zu laſſen,
nicht geſonnen ſey. Der König hatte beſtimmte Ver¬
ſprechungen bey der Beſitznahme geleiſtet; der Kanz¬
ler hatte ſie in jener Audienz wiederholt; auch hatte
man die Wiedereinräumung des Wahlrechts, die das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0085" n="77"/>
der Apo&#x017F;tel verla&#x017F;&#x017F;en hatte, um dem Herren zu fol¬<lb/>
gen; als man endlich weiterhin erfuhr, wie &#x017F;chon aus<lb/>
einem benachbarten Lande das Aufhebungsdecret des<lb/>
Cölibates bis zur Unterzeichnung rein mundirt, bey<lb/>
den Akten eingelaufen, &#x017F;eine Vollziehung aber von<lb/>
einem der berathenden Höfe nur der Wittwengehalte<lb/>
wegen abgerathen worden. Das alles mußte den widrig¬<lb/>
&#x017F;ten Einfluß auf die Meinung äußern, obgleich die Re&#x017F;ul¬<lb/>
tate die&#x017F;er Commi&#x017F;&#x017F;ion wenig&#x017F;tens diejenigen beruhigten,<lb/>
denen &#x017F;ie bekannt geworden, indem man vollkommen die<lb/>
Ausdehnung des Wahlrechts auf die untere Gei&#x017F;tlichkeit in<lb/>
den Dekanen billigen mußte; nicht minder auch den Grund¬<lb/>
&#x017F;atz, daß angeklagte Bi&#x017F;chöfe von einem Pairsgerichte Recht<lb/>
nehmen &#x017F;ollten; übrigens aber &#x017F;ich ver&#x017F;ichert hielt, daß die<lb/>
Curie ihrem Rechte, bey &#x017F;olchen Gerichten einen Delegir¬<lb/>
ten zu haben, der das öffentliche Mini&#x017F;terium zu vertreten<lb/>
berufen &#x017F;ey, nicht vergeben werde; noch dulden den<lb/>
Bruch, der mit Ab&#x017F;chaffung der Erzbi&#x017F;chöfe, durch<lb/>
kleinliche Eifer&#x017F;ucht der weltlichen Souverainität ge¬<lb/>
trieben, in die Hierarchie ge&#x017F;chehen; noch weniger<lb/>
aber jemals, prote&#x017F;tanti&#x017F;chen Für&#x017F;ten das Ernennungs¬<lb/>
recht katholi&#x017F;cher Bi&#x017F;chöfe zu ge&#x017F;tatten, &#x017F;ich verge&#x017F;&#x017F;en<lb/>
werde.</p><lb/>
      <p>Preußen, mehr als vier Millionen Catholi&#x017F;che in &#x017F;ei¬<lb/>
nem Umkreis hegend, war jenem Vereine nicht bey¬<lb/>
getreten, und man deutete die Weigerung dahin, daß<lb/>
es auch hier, an Liberalität &#x017F;ich übertreffen zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
nicht ge&#x017F;onnen &#x017F;ey. Der König hatte be&#x017F;timmte Ver¬<lb/>
&#x017F;prechungen bey der Be&#x017F;itznahme gelei&#x017F;tet; der Kanz¬<lb/>
ler hatte &#x017F;ie in jener Audienz wiederholt; auch hatte<lb/>
man die Wiedereinräumung des Wahlrechts, die das<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0085] der Apoſtel verlaſſen hatte, um dem Herren zu fol¬ gen; als man endlich weiterhin erfuhr, wie ſchon aus einem benachbarten Lande das Aufhebungsdecret des Cölibates bis zur Unterzeichnung rein mundirt, bey den Akten eingelaufen, ſeine Vollziehung aber von einem der berathenden Höfe nur der Wittwengehalte wegen abgerathen worden. Das alles mußte den widrig¬ ſten Einfluß auf die Meinung äußern, obgleich die Reſul¬ tate dieſer Commiſſion wenigſtens diejenigen beruhigten, denen ſie bekannt geworden, indem man vollkommen die Ausdehnung des Wahlrechts auf die untere Geiſtlichkeit in den Dekanen billigen mußte; nicht minder auch den Grund¬ ſatz, daß angeklagte Biſchöfe von einem Pairsgerichte Recht nehmen ſollten; übrigens aber ſich verſichert hielt, daß die Curie ihrem Rechte, bey ſolchen Gerichten einen Delegir¬ ten zu haben, der das öffentliche Miniſterium zu vertreten berufen ſey, nicht vergeben werde; noch dulden den Bruch, der mit Abſchaffung der Erzbiſchöfe, durch kleinliche Eiferſucht der weltlichen Souverainität ge¬ trieben, in die Hierarchie geſchehen; noch weniger aber jemals, proteſtantiſchen Fürſten das Ernennungs¬ recht katholiſcher Biſchöfe zu geſtatten, ſich vergeſſen werde. Preußen, mehr als vier Millionen Catholiſche in ſei¬ nem Umkreis hegend, war jenem Vereine nicht bey¬ getreten, und man deutete die Weigerung dahin, daß es auch hier, an Liberalität ſich übertreffen zu laſſen, nicht geſonnen ſey. Der König hatte beſtimmte Ver¬ ſprechungen bey der Beſitznahme geleiſtet; der Kanz¬ ler hatte ſie in jener Audienz wiederholt; auch hatte man die Wiedereinräumung des Wahlrechts, die das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/85
Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/85>, abgerufen am 03.05.2024.