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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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strichen sonst noch da und dort Einiges Wenige; über¬
nähmen die Auslösung der auf den Domänen haften¬
den Feudalabgaben, die man früher in liberaler An¬
wandlung unentgeltlich aufzugeben die Miene angenom¬
men, auf die Steuercasse; befreyten zuletzt auch die
Domänenforste von den darauf haftenden Nutznie¬
ßungen der Gemeinden, und lösten dann sich auf, um
das Lob ruhiger, verständiger, wohlgesinnter Stände
mit nach Hause zu nehmen, dort aber dem lauten Ta¬
del des Volkes zu begegnen.

Der verhaltne, durch diesen Tadel gereizte Unmuth,
mußte nach der Natur der Dinge in nächster Ver¬
sammlung in irgend einer Weise zum Ausbruch kom¬
men; und da dies unter den obwaltenden Umständen
nicht wohl in gemessener Art, und in einer kräftigen,
sichern, festen Opposition geschehen mochte, so wußte
er sich nur in jener derben Explosion Luft zu machen,
die da eintrat, als jene Begünstigungen der Domänen,
die so manche Gemeinde hart bedrängt, eine Armen¬
steuer herbeygeführt; und die dem Uebermuth, gegen
den sie gerichtet war, wohl eine Lehre seyn konnte,
daß die menschliche Geduld sich nur bis zu einem
gewißen Grade mißbrauchen läßt, und dann uner¬
wartet losschlagend sich rächt an dem, der das ver¬
wegne Spiel gespielt. Da inzwischen solche Ausbrüche
ihrer Natur nach vorübergehen, jede wohlberechnete
Willkühr aber stetig wirkt; so mußte sie bald jener
Bewegung Meister werden, und der ganze planlose
Widerstand endete zuletzt mit einer zweyten Gewalt¬
thätigkeit, an einem andern Beamten ausgeübt, und
das Geheimniß war ausgefunden, eine an sich nicht

ſtrichen ſonſt noch da und dort Einiges Wenige; über¬
nähmen die Auslöſung der auf den Domänen haften¬
den Feudalabgaben, die man früher in liberaler An¬
wandlung unentgeltlich aufzugeben die Miene angenom¬
men, auf die Steuercaſſe; befreyten zuletzt auch die
Domänenforſte von den darauf haftenden Nutznie¬
ßungen der Gemeinden, und lösten dann ſich auf, um
das Lob ruhiger, verſtändiger, wohlgeſinnter Stände
mit nach Hauſe zu nehmen, dort aber dem lauten Ta¬
del des Volkes zu begegnen.

Der verhaltne, durch dieſen Tadel gereizte Unmuth,
mußte nach der Natur der Dinge in nächſter Ver¬
ſammlung in irgend einer Weiſe zum Ausbruch kom¬
men; und da dies unter den obwaltenden Umſtänden
nicht wohl in gemeſſener Art, und in einer kräftigen,
ſichern, feſten Oppoſition geſchehen mochte, ſo wußte
er ſich nur in jener derben Exploſion Luft zu machen,
die da eintrat, als jene Begünſtigungen der Domänen,
die ſo manche Gemeinde hart bedrängt, eine Armen¬
ſteuer herbeygeführt; und die dem Uebermuth, gegen
den ſie gerichtet war, wohl eine Lehre ſeyn konnte,
daß die menſchliche Geduld ſich nur bis zu einem
gewißen Grade mißbrauchen läßt, und dann uner¬
wartet losſchlagend ſich rächt an dem, der das ver¬
wegne Spiel geſpielt. Da inzwiſchen ſolche Ausbrüche
ihrer Natur nach vorübergehen, jede wohlberechnete
Willkühr aber ſtetig wirkt; ſo mußte ſie bald jener
Bewegung Meiſter werden, und der ganze planloſe
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[58/0066] ſtrichen ſonſt noch da und dort Einiges Wenige; über¬ nähmen die Auslöſung der auf den Domänen haften¬ den Feudalabgaben, die man früher in liberaler An¬ wandlung unentgeltlich aufzugeben die Miene angenom¬ men, auf die Steuercaſſe; befreyten zuletzt auch die Domänenforſte von den darauf haftenden Nutznie¬ ßungen der Gemeinden, und lösten dann ſich auf, um das Lob ruhiger, verſtändiger, wohlgeſinnter Stände mit nach Hauſe zu nehmen, dort aber dem lauten Ta¬ del des Volkes zu begegnen. Der verhaltne, durch dieſen Tadel gereizte Unmuth, mußte nach der Natur der Dinge in nächſter Ver¬ ſammlung in irgend einer Weiſe zum Ausbruch kom¬ men; und da dies unter den obwaltenden Umſtänden nicht wohl in gemeſſener Art, und in einer kräftigen, ſichern, feſten Oppoſition geſchehen mochte, ſo wußte er ſich nur in jener derben Exploſion Luft zu machen, die da eintrat, als jene Begünſtigungen der Domänen, die ſo manche Gemeinde hart bedrängt, eine Armen¬ ſteuer herbeygeführt; und die dem Uebermuth, gegen den ſie gerichtet war, wohl eine Lehre ſeyn konnte, daß die menſchliche Geduld ſich nur bis zu einem gewißen Grade mißbrauchen läßt, und dann uner¬ wartet losſchlagend ſich rächt an dem, der das ver¬ wegne Spiel geſpielt. Da inzwiſchen ſolche Ausbrüche ihrer Natur nach vorübergehen, jede wohlberechnete Willkühr aber ſtetig wirkt; ſo mußte ſie bald jener Bewegung Meiſter werden, und der ganze planloſe Widerſtand endete zuletzt mit einer zweyten Gewalt¬ thätigkeit, an einem andern Beamten ausgeübt, und das Geheimniß war ausgefunden, eine an ſich nicht

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/66>, abgerufen am 27.11.2024.