Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.eben deswegen, wenn auch Teutsche an ihm Theil ge¬ Es neigt vielmehr sichtbar Alles zu dem Punkte, Aber man kann die Zukunft nicht postuliren, wie eben deswegen, wenn auch Teutſche an ihm Theil ge¬ Es neigt vielmehr ſichtbar Alles zu dem Punkte, Aber man kann die Zukunft nicht poſtuliren, wie <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0207" n="199"/> eben deswegen, wenn auch Teutſche an ihm Theil ge¬<lb/> nommen, ſo iſt dies nur eine Verirrung Einzelner,<lb/> die in dem ethiſchen Sinne der Nation nie dauerhafte<lb/> Wurzel ſchlagen wird.</p><lb/> <p>Es neigt vielmehr ſichtbar Alles zu dem Punkte,<lb/> daß auf der Stufe, wo ſie ſich jetzt befindet, wirklich<lb/> eine allgemeine Rechtlichkeit und der Inbegriff republi¬<lb/> caniſcher Tugenden, gemildert und getragen von dem,<lb/> was noch von religiöſen Motiven wirkt und treibt, vor¬<lb/> herrſchend die Begeiſtigung ihres öffentlichen Lebens<lb/> zu werden im Begriffe ſteht. Dann ſolt man aber auch<lb/> nicht ſchelten, daß der Gang der Zeiten zu ſo kör¬<lb/> perhaften Anſichten von Staat und Verfaſſung hinge¬<lb/> trieben; es iſt die nothwendige Folge der Entwicklung;<lb/> und wie im Mutterleibe nur allein die plaſtiſchen Kräfte<lb/> im Dunkel des Geheimniſſes walten, und die Geiſti¬<lb/> gen erſt ſpäter übertreten, ſo auch im Bildungswerke<lb/> des Jahrhunderts. Man ſoll erhalten für die Zukunft<lb/> Alles, was noch von der vorigen Bildungsſtufe her<lb/> grünend und lebendig ſteht, und es ſichern gegen den<lb/> wilden Zerſtörungstrieb, der in dieſe Zeit hineinge¬<lb/> fahren; man mag hindeutend auf das Höhere, anfa¬<lb/> chen die geiſtige Flamme, da, wo ſie nur trübe<lb/> brennt; und der Geiſt der ſchwebend über der Maſſe<lb/> ſteht, ſoll in denen, die der Zeit vorangeeilt, die Flü¬<lb/> gel ſchwingen und regen, daß der Athem des Lebens<lb/> das Werk wärmend und bebrütend durchziehe.</p><lb/> <p>Aber man kann die Zukunft nicht poſtuliren, wie<lb/> man die Vergangenheit nicht wieder erwecken mag;<lb/> die Religion, die ſich meiſt in die Herzen zurückgezo¬<lb/> gen, hat für den Augenblick aufgehört, ein großes<lb/> architectoniſches Princip zu ſeyn; eben wie die alte<lb/> Ehre, die in der allgemeinen Ehrloſigkeit der letzten<lb/> Jahrhunderte verſiegt. Darum bildet der Werkmeiſter<lb/> in dieſer Zeit allein mit den Arbeitern, die noch rü¬<lb/> ſtig ſich beweiſen, und braucht die Andern nur als<lb/> Gehülfen, inſofern ſie noch bey Kraft und Vermögen<lb/> ſind. Iſt das Geſchlecht erſt dahingegangen, das im<lb/> Drange einer ſtürmiſchen Zeit nur für die Gegen¬<lb/> wart erſtarkt, aber den Sinn für Zukunft und Ver¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [199/0207]
eben deswegen, wenn auch Teutſche an ihm Theil ge¬
nommen, ſo iſt dies nur eine Verirrung Einzelner,
die in dem ethiſchen Sinne der Nation nie dauerhafte
Wurzel ſchlagen wird.
Es neigt vielmehr ſichtbar Alles zu dem Punkte,
daß auf der Stufe, wo ſie ſich jetzt befindet, wirklich
eine allgemeine Rechtlichkeit und der Inbegriff republi¬
caniſcher Tugenden, gemildert und getragen von dem,
was noch von religiöſen Motiven wirkt und treibt, vor¬
herrſchend die Begeiſtigung ihres öffentlichen Lebens
zu werden im Begriffe ſteht. Dann ſolt man aber auch
nicht ſchelten, daß der Gang der Zeiten zu ſo kör¬
perhaften Anſichten von Staat und Verfaſſung hinge¬
trieben; es iſt die nothwendige Folge der Entwicklung;
und wie im Mutterleibe nur allein die plaſtiſchen Kräfte
im Dunkel des Geheimniſſes walten, und die Geiſti¬
gen erſt ſpäter übertreten, ſo auch im Bildungswerke
des Jahrhunderts. Man ſoll erhalten für die Zukunft
Alles, was noch von der vorigen Bildungsſtufe her
grünend und lebendig ſteht, und es ſichern gegen den
wilden Zerſtörungstrieb, der in dieſe Zeit hineinge¬
fahren; man mag hindeutend auf das Höhere, anfa¬
chen die geiſtige Flamme, da, wo ſie nur trübe
brennt; und der Geiſt der ſchwebend über der Maſſe
ſteht, ſoll in denen, die der Zeit vorangeeilt, die Flü¬
gel ſchwingen und regen, daß der Athem des Lebens
das Werk wärmend und bebrütend durchziehe.
Aber man kann die Zukunft nicht poſtuliren, wie
man die Vergangenheit nicht wieder erwecken mag;
die Religion, die ſich meiſt in die Herzen zurückgezo¬
gen, hat für den Augenblick aufgehört, ein großes
architectoniſches Princip zu ſeyn; eben wie die alte
Ehre, die in der allgemeinen Ehrloſigkeit der letzten
Jahrhunderte verſiegt. Darum bildet der Werkmeiſter
in dieſer Zeit allein mit den Arbeitern, die noch rü¬
ſtig ſich beweiſen, und braucht die Andern nur als
Gehülfen, inſofern ſie noch bey Kraft und Vermögen
ſind. Iſt das Geſchlecht erſt dahingegangen, das im
Drange einer ſtürmiſchen Zeit nur für die Gegen¬
wart erſtarkt, aber den Sinn für Zukunft und Ver¬
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