Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.Zeit, von idealen und realen Richtungen; sein gesun¬ Mag man noch so sehr die Fürsten mit bestechen¬ Von der andern Seite ist es auch ein heillos Werk Zeit, von idealen und realen Richtungen; ſein geſun¬ Mag man noch ſo ſehr die Fürſten mit beſtechen¬ Von der andern Seite iſt es auch ein heillos Werk <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0192" n="184"/> Zeit, von idealen und realen Richtungen; ſein geſun¬<lb/> der Menſchenverſtand und ſein richtiger Takt und<lb/> Naturinſtinkt giebt ihm ein, daß er ſeinen alten Ver¬<lb/> hältniſſen längſt entwachſen iſt; daß die Formen an<lb/> ſich erſtorben, ſeinem erweiterten Leben längſt zu enge<lb/> geworden; er fühlt, daß wenn Jenen alternde Rechte<lb/> aus grauen Zeiten zugekommen, in ihm junge grü¬<lb/> nende aufgeſtanden, die er in keine Weiſe aufgeben<lb/> darf; er fühlt endlich, daß die Zeit gekommen, wo<lb/> durchgängig ein neuer Vertrag zwiſchen den Claſſen<lb/> der Geſellſchaft abgeſchloſſen ſeyn muß. Wie nun auch<lb/> in der Hitze des Streites die Streitenden, wechſelſeitig<lb/> ſich negirend, übertreiben mögen; müſſen doch, da<lb/> von einem Vertrage die Rede iſt, die Vertragenden,<lb/> ſich zum Voraus die Fortdauer ihres Beſtands ge¬<lb/> währen.</p><lb/> <p>Mag man noch ſo ſehr die Fürſten mit beſtechen¬<lb/> den Lobſprüchen erheben, aber den Adel, als die al¬<lb/> lein Schwarzen anklagen; Jene werden ſich nie im<lb/> Ernſte bereden laſſen, daß ein Stand, deſſen Rechte<lb/> mit ihrer Legitimität auf demſelben Grunde ruhen,<lb/> ihnen weſentlich feindlich iſt; der Adel aber, ohnehin<lb/> durch ſein Intereſſe gegen den Thron gezogen, nun<lb/> auch vom dritten Stande gewaltſam abgetrieben, muß<lb/> nothwendig mit beſchleunigter Bewegung der Politik<lb/> des Hofes ſich ergeben; was ſich praktiſch auch jedes¬<lb/> mal in Bayern, Baden, Naſſau und überall ausge¬<lb/> wieſen, ſobald die leeren Maulfechtereyen nur erſt zu<lb/> einem wirklichen Reſultate gedeihen ſollten.</p><lb/> <p>Von der andern Seite iſt es auch ein heillos Werk<lb/> und ein verwegenes Spiel, das jene Standesgenoſſen<lb/></p> </body> </text> </TEI> [184/0192]
Zeit, von idealen und realen Richtungen; ſein geſun¬
der Menſchenverſtand und ſein richtiger Takt und
Naturinſtinkt giebt ihm ein, daß er ſeinen alten Ver¬
hältniſſen längſt entwachſen iſt; daß die Formen an
ſich erſtorben, ſeinem erweiterten Leben längſt zu enge
geworden; er fühlt, daß wenn Jenen alternde Rechte
aus grauen Zeiten zugekommen, in ihm junge grü¬
nende aufgeſtanden, die er in keine Weiſe aufgeben
darf; er fühlt endlich, daß die Zeit gekommen, wo
durchgängig ein neuer Vertrag zwiſchen den Claſſen
der Geſellſchaft abgeſchloſſen ſeyn muß. Wie nun auch
in der Hitze des Streites die Streitenden, wechſelſeitig
ſich negirend, übertreiben mögen; müſſen doch, da
von einem Vertrage die Rede iſt, die Vertragenden,
ſich zum Voraus die Fortdauer ihres Beſtands ge¬
währen.
Mag man noch ſo ſehr die Fürſten mit beſtechen¬
den Lobſprüchen erheben, aber den Adel, als die al¬
lein Schwarzen anklagen; Jene werden ſich nie im
Ernſte bereden laſſen, daß ein Stand, deſſen Rechte
mit ihrer Legitimität auf demſelben Grunde ruhen,
ihnen weſentlich feindlich iſt; der Adel aber, ohnehin
durch ſein Intereſſe gegen den Thron gezogen, nun
auch vom dritten Stande gewaltſam abgetrieben, muß
nothwendig mit beſchleunigter Bewegung der Politik
des Hofes ſich ergeben; was ſich praktiſch auch jedes¬
mal in Bayern, Baden, Naſſau und überall ausge¬
wieſen, ſobald die leeren Maulfechtereyen nur erſt zu
einem wirklichen Reſultate gedeihen ſollten.
Von der andern Seite iſt es auch ein heillos Werk
und ein verwegenes Spiel, das jene Standesgenoſſen
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