Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.Wendepunkt seyn wird, wo dieser Geist, der nun Darum wenn in frühern Zeiten die Vertheidiger der 10 *
Wendepunkt ſeyn wird, wo dieſer Geiſt, der nun Darum wenn in frühern Zeiten die Vertheidiger der 10 *
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0155" n="147"/> Wendepunkt ſeyn wird, wo dieſer Geiſt, der nun<lb/> auch zu ſeinem Aeußerſten gekommen, gezwungen<lb/> ſeyn wird, wieder einer höhern und würdigern<lb/> Anſicht das Feld zu räumen. Eine Kirche, die<lb/> bey der teutſchen Souverainität zu Hofe gienge,<lb/> die ihr nachtretend in ſo viele Faktionen wie jetzt<lb/> das gemeine Weſen ſich zertheilte; die die Gewalt<lb/> über die Gewiſſen den Launen, Einfällen, Ge¬<lb/> meinheiten und Frivolitäten der Höflinge hinzugeben<lb/> ſich erniedrigte; die ihre Lehre dem Winde der Theo¬<lb/> rien preißgäbe, daß er ſie hin und herüber wehe,<lb/> würde bald die verächtlichſte aller Inſtitutionen, da<lb/> nicht einmal ein Bundestag ſcheinbar die loſen Glieder<lb/> zuſammenhielte.</p><lb/> <p>Darum wenn in frühern Zeiten die Vertheidiger der<lb/> Freyheit ſich zu dem Staat gehalten, als es gegolten,<lb/> einen wirklichen Napoleonism der Päpſte zu bekämpfen:<lb/> dann iſt ihr Ort jetzt bey der ſchmählich unterdrückten<lb/> Kirche, daß ſie ihre Freyheit und Unabhängigkeit gegen<lb/> die Anmaßungen der Staatsgewalt vertheidigen, und<lb/> die Idee retten aus den Banden, in denen ſie eine<lb/> uſurpirende Macht gefangen hält. Für die katholiſche<lb/> Kirche zunächſt kann alſo von keinem Grundſatze der<lb/><hi rendition="#g">Unterordnung</hi>, ſondern allein von dem der<lb/><hi rendition="#g">Beyordnung</hi> der weltlichen Macht zur geiſtlichen<lb/> die Rede ſeyn, und die abſteigende Bewegung die ſeit¬<lb/> her dieſe zu jener herabgeriſſen, muß ſo lange rück¬<lb/> läufig werden, bis es zu jenem Punkte des Gleichge¬<lb/> wichts gekommen, wo ſie ſich dann befeſtigen mag.<lb/> Dort kann im wechſelſeitigen Verhältniß Beyder nur<lb/> eine vollkommene Gleichheit der Rechte Beyder gültig<lb/> ſeyn, allſo daß auch für ſie das Prinzip der chriſtlichen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">10 *<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [147/0155]
Wendepunkt ſeyn wird, wo dieſer Geiſt, der nun
auch zu ſeinem Aeußerſten gekommen, gezwungen
ſeyn wird, wieder einer höhern und würdigern
Anſicht das Feld zu räumen. Eine Kirche, die
bey der teutſchen Souverainität zu Hofe gienge,
die ihr nachtretend in ſo viele Faktionen wie jetzt
das gemeine Weſen ſich zertheilte; die die Gewalt
über die Gewiſſen den Launen, Einfällen, Ge¬
meinheiten und Frivolitäten der Höflinge hinzugeben
ſich erniedrigte; die ihre Lehre dem Winde der Theo¬
rien preißgäbe, daß er ſie hin und herüber wehe,
würde bald die verächtlichſte aller Inſtitutionen, da
nicht einmal ein Bundestag ſcheinbar die loſen Glieder
zuſammenhielte.
Darum wenn in frühern Zeiten die Vertheidiger der
Freyheit ſich zu dem Staat gehalten, als es gegolten,
einen wirklichen Napoleonism der Päpſte zu bekämpfen:
dann iſt ihr Ort jetzt bey der ſchmählich unterdrückten
Kirche, daß ſie ihre Freyheit und Unabhängigkeit gegen
die Anmaßungen der Staatsgewalt vertheidigen, und
die Idee retten aus den Banden, in denen ſie eine
uſurpirende Macht gefangen hält. Für die katholiſche
Kirche zunächſt kann alſo von keinem Grundſatze der
Unterordnung, ſondern allein von dem der
Beyordnung der weltlichen Macht zur geiſtlichen
die Rede ſeyn, und die abſteigende Bewegung die ſeit¬
her dieſe zu jener herabgeriſſen, muß ſo lange rück¬
läufig werden, bis es zu jenem Punkte des Gleichge¬
wichts gekommen, wo ſie ſich dann befeſtigen mag.
Dort kann im wechſelſeitigen Verhältniß Beyder nur
eine vollkommene Gleichheit der Rechte Beyder gültig
ſeyn, allſo daß auch für ſie das Prinzip der chriſtlichen
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