Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.wollen und bestreiten, dann rettet das Bedrohte wie Seither ist jene politische Sekte aufgestanden, die wollen und beſtreiten, dann rettet das Bedrohte wie Seither iſt jene politiſche Sekte aufgeſtanden, die <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0154" n="146"/> wollen und beſtreiten, dann rettet das Bedrohte wie<lb/> billig ſeine höhere Würde, und kämpft die Anſtrebenden<lb/> mit Macht zur Tiefe nieder. Dies geſchah als in<lb/> Heinrich dem Vierten die vernunftloſe Hyle gegen die<lb/> Weltordnung ſich empört; da wurde jener große Mann<lb/> geſendet, den die neuere Zeit in ihrer blinden Thorheit<lb/> ſo hart geſchmäht, daß er mit Blitzen den aufſteigenden<lb/> Frevel niederwarf, und die Freyheit der Kirche rettete.<lb/> In dem Widerſpruch des heftigen Kampfes aber wurde<lb/> nach dem gemeinen Gang der Dinge das andere Aeuſ¬<lb/> ſerſte hervorgerufen, und die Kirche ihres Sieges ſich<lb/> übernehmend, trat nun auf der andern Seite aus<lb/> ihren Ufern, und maßte ſich in Manchem der folgen¬<lb/> den Päpſte eine Herrſchaft über das Weltliche an, die<lb/> unterhalb des Umkreiſes ihrer Befugniſſe fiel. Auch<lb/> dieſe Ausweichung von der einzig richtigen harmoni¬<lb/> ſchen Conſonanz mußte eine andere Rückwirkung er¬<lb/> wecken, die in der Reformation zur völligen Entwicke¬<lb/> lung kam.</p><lb/> <p>Seither iſt jene politiſche Sekte aufgeſtanden, die<lb/> da behauptet, die Kirche ſey im Staat begriffen, und<lb/> dieſer, der neben ſich nicht ſeines Gleichen dulden<lb/> dürfe, müſſe darum nothwendig die Herrſchaft über die<lb/> Unterworfene führen. Eine ſolche Lehre, die die Noth¬<lb/> wendigkeit über die Freyheit ſetzt; die das Geiſtige<lb/> wieder der Dienſtbarkeit des Irdiſchen überliefert, dem<lb/> es gerade das Chriſtenthum im Streite mit dem alten<lb/> Heidenthum entrungen; die den Gedanken, der allem<lb/> Sinnlichen erſt Signatur und Namen giebt, in die<lb/> Feſſeln der Materie ſchlägt, obgleich ganz dem Geiſte<lb/> dieſer Zeit gemäß, iſt doch in ſich ſelber ſo demü¬<lb/> thigend und empörend, daß ſicher gerade hier der<lb/></p> </body> </text> </TEI> [146/0154]
wollen und beſtreiten, dann rettet das Bedrohte wie
billig ſeine höhere Würde, und kämpft die Anſtrebenden
mit Macht zur Tiefe nieder. Dies geſchah als in
Heinrich dem Vierten die vernunftloſe Hyle gegen die
Weltordnung ſich empört; da wurde jener große Mann
geſendet, den die neuere Zeit in ihrer blinden Thorheit
ſo hart geſchmäht, daß er mit Blitzen den aufſteigenden
Frevel niederwarf, und die Freyheit der Kirche rettete.
In dem Widerſpruch des heftigen Kampfes aber wurde
nach dem gemeinen Gang der Dinge das andere Aeuſ¬
ſerſte hervorgerufen, und die Kirche ihres Sieges ſich
übernehmend, trat nun auf der andern Seite aus
ihren Ufern, und maßte ſich in Manchem der folgen¬
den Päpſte eine Herrſchaft über das Weltliche an, die
unterhalb des Umkreiſes ihrer Befugniſſe fiel. Auch
dieſe Ausweichung von der einzig richtigen harmoni¬
ſchen Conſonanz mußte eine andere Rückwirkung er¬
wecken, die in der Reformation zur völligen Entwicke¬
lung kam.
Seither iſt jene politiſche Sekte aufgeſtanden, die
da behauptet, die Kirche ſey im Staat begriffen, und
dieſer, der neben ſich nicht ſeines Gleichen dulden
dürfe, müſſe darum nothwendig die Herrſchaft über die
Unterworfene führen. Eine ſolche Lehre, die die Noth¬
wendigkeit über die Freyheit ſetzt; die das Geiſtige
wieder der Dienſtbarkeit des Irdiſchen überliefert, dem
es gerade das Chriſtenthum im Streite mit dem alten
Heidenthum entrungen; die den Gedanken, der allem
Sinnlichen erſt Signatur und Namen giebt, in die
Feſſeln der Materie ſchlägt, obgleich ganz dem Geiſte
dieſer Zeit gemäß, iſt doch in ſich ſelber ſo demü¬
thigend und empörend, daß ſicher gerade hier der
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