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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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stören sich bewährt; die großen Entdeckungen, deren
du dich in Sachen des gemeinen Wesens rühmst,
sind in meinen Augen kein großes Ding; diese Frey¬
heit und Gleichheit, nichts als die Wahlverwandschaft
der Elemente der Gesellschaft, womit alle Verfassung
begonnen hat, und das Spiel chemischer Kräfte, das
allein auf der untersten Stufe des Lebens der Staaten
wirksam ist; diese ängstliche Trennung der Gewalten,
während Stände, Ordnungen, alles durch den Na¬
turtrieb wahrhaft Gegliederte, in eine Masse zusammen
gerinnt; diese beiden Kammern, in denen die ganze
Freyheit der Nation sich häuslich niederlassen soll:
das Alles will mir ein geringer Ersatz bedünken für
das Unheil, das du angerichtet.

Ich sehe deine Freyheit, sie ist eine Freygelassene
die noch die Narben ihrer Ketten fühlt, und darum
immer zwischen Niedertracht und Freyheit schwankt;
ich betrachte deine Gewalt, die da ein kraftloser, wohl¬
gezogner Despotism ist, ungewiß zwischen Willkühr und
Liberalität getheilt; ich sehe die ganze Geschichte dei¬
nes öffentlichen Lebens an, und es ist nichts als ein
eckelhaftes Zerren zwischen zaghaftem Eigenwillen und
furchtsamer Licenz, ein wechselseitiges Fürchten und
Fürchtenmachen, eine gährende Bewegung ohne Re¬
sultat, ein ehrloses Verhüllen, Vertuschen und Be¬
lügen, ein Bemänteln und Betrügen, ein Hadern ohne
Kraft und Würde.

Darum ist auf Phrasen all dein Thun gestellt, eine
stille Uebereinkunft in wechselseitigem Lug und Betrug,
bis zu den geringsten Lebensgeschäften herab, ist was
du als deine Weltklugheit uns gepriesen; nur im Ver¬

ſtören ſich bewährt; die großen Entdeckungen, deren
du dich in Sachen des gemeinen Weſens rühmſt,
ſind in meinen Augen kein großes Ding; dieſe Frey¬
heit und Gleichheit, nichts als die Wahlverwandſchaft
der Elemente der Geſellſchaft, womit alle Verfaſſung
begonnen hat, und das Spiel chemiſcher Kräfte, das
allein auf der unterſten Stufe des Lebens der Staaten
wirkſam iſt; dieſe ängſtliche Trennung der Gewalten,
während Stände, Ordnungen, alles durch den Na¬
turtrieb wahrhaft Gegliederte, in eine Maſſe zuſammen
gerinnt; dieſe beiden Kammern, in denen die ganze
Freyheit der Nation ſich häuslich niederlaſſen ſoll:
das Alles will mir ein geringer Erſatz bedünken für
das Unheil, das du angerichtet.

Ich ſehe deine Freyheit, ſie iſt eine Freygelaſſene
die noch die Narben ihrer Ketten fühlt, und darum
immer zwiſchen Niedertracht und Freyheit ſchwankt;
ich betrachte deine Gewalt, die da ein kraftloſer, wohl¬
gezogner Despotism iſt, ungewiß zwiſchen Willkühr und
Liberalität getheilt; ich ſehe die ganze Geſchichte dei¬
nes öffentlichen Lebens an, und es iſt nichts als ein
eckelhaftes Zerren zwiſchen zaghaftem Eigenwillen und
furchtſamer Licenz, ein wechſelſeitiges Fürchten und
Fürchtenmachen, eine gährende Bewegung ohne Re¬
ſultat, ein ehrloſes Verhüllen, Vertuſchen und Be¬
lügen, ein Bemänteln und Betrügen, ein Hadern ohne
Kraft und Würde.

Darum iſt auf Phraſen all dein Thun geſtellt, eine
ſtille Uebereinkunft in wechſelſeitigem Lug und Betrug,
bis zu den geringſten Lebensgeſchäften herab, iſt was
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[139/0147] ſtören ſich bewährt; die großen Entdeckungen, deren du dich in Sachen des gemeinen Weſens rühmſt, ſind in meinen Augen kein großes Ding; dieſe Frey¬ heit und Gleichheit, nichts als die Wahlverwandſchaft der Elemente der Geſellſchaft, womit alle Verfaſſung begonnen hat, und das Spiel chemiſcher Kräfte, das allein auf der unterſten Stufe des Lebens der Staaten wirkſam iſt; dieſe ängſtliche Trennung der Gewalten, während Stände, Ordnungen, alles durch den Na¬ turtrieb wahrhaft Gegliederte, in eine Maſſe zuſammen gerinnt; dieſe beiden Kammern, in denen die ganze Freyheit der Nation ſich häuslich niederlaſſen ſoll: das Alles will mir ein geringer Erſatz bedünken für das Unheil, das du angerichtet. Ich ſehe deine Freyheit, ſie iſt eine Freygelaſſene die noch die Narben ihrer Ketten fühlt, und darum immer zwiſchen Niedertracht und Freyheit ſchwankt; ich betrachte deine Gewalt, die da ein kraftloſer, wohl¬ gezogner Despotism iſt, ungewiß zwiſchen Willkühr und Liberalität getheilt; ich ſehe die ganze Geſchichte dei¬ nes öffentlichen Lebens an, und es iſt nichts als ein eckelhaftes Zerren zwiſchen zaghaftem Eigenwillen und furchtſamer Licenz, ein wechſelſeitiges Fürchten und Fürchtenmachen, eine gährende Bewegung ohne Re¬ ſultat, ein ehrloſes Verhüllen, Vertuſchen und Be¬ lügen, ein Bemänteln und Betrügen, ein Hadern ohne Kraft und Würde. Darum iſt auf Phraſen all dein Thun geſtellt, eine ſtille Uebereinkunft in wechſelſeitigem Lug und Betrug, bis zu den geringſten Lebensgeſchäften herab, iſt was du als deine Weltklugheit uns geprieſen; nur im Ver¬

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/147>, abgerufen am 22.11.2024.