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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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dir zugestehen! sollte sie dann vor der ernsten Rich¬
terin ihre Armuth auseinanderbreiten und die Thea¬
tergarderobe ihrer Tugenden vor ihrem scharf durch¬
schauenden Aug hinlegen, wohl möchte ihr als Sen¬
tenz das strafende Wort zu Theile werden:

Sieh! du hast deine Thaten mit beredtem Mund
erzählt und deine Herrlichkeit uns angepriesen, und
wir haben ihren Gehalt geprüft und befunden, daß
alles eitel sey, und aufs Richtige gestellt. In keinem
Dinge haben wir eine wirklich schaffende Kraft an
dir verspürt, die Quelle aller wahrhaft bildenden
Triebe ist in dir versiegt; jeder stillen gesammelten
Innigkeit, die aufs Erhalten geht, hast du abgesagt;
dagegen ist eine fressende Flamme in dich eingekehrt,
zerstörend ist dein ganzes Wesen, und Niederreißen
allein ist deine Stärke.

Sieh! ich habe eine Kirche dir gebaut, deren Grund¬
vesten die Wasser der Erde umrinnen, während die
Wolken des Himmels um ihre Thürme zogen; so
fest in sich gegründet, daß obgleich der Boden wankte
unter ihr, sie selbst unerschüttert so viele Jahrhunderte
in ihrem Baue stand: du aber hast den Feuerbrand
in sie hineingeworfen unter dem Vorwande, Alles was
irrdisch sey und brennbar, von ihr abzuthun, nun
sind die nackten Wände nur geblieben; die Gewölbe
sind vom Regen des Himmels eingestürzt, auf den
Pfeilern ziehen die nackten Bogen sich ins Leere,
Gras und Büsche wachsen im Heiligthume, und die
Vögel nisten in den Laubgewinden.

Dein Teutschland, mit einer Mauerkrone wie mit
einem festen Harnisch hab ich es umgürtet, seine Rei¬

dir zugeſtehen! ſollte ſie dann vor der ernſten Rich¬
terin ihre Armuth auseinanderbreiten und die Thea¬
tergarderobe ihrer Tugenden vor ihrem ſcharf durch¬
ſchauenden Aug hinlegen, wohl möchte ihr als Sen¬
tenz das ſtrafende Wort zu Theile werden:

Sieh! du haſt deine Thaten mit beredtem Mund
erzählt und deine Herrlichkeit uns angeprieſen, und
wir haben ihren Gehalt geprüft und befunden, daß
alles eitel ſey, und aufs Richtige geſtellt. In keinem
Dinge haben wir eine wirklich ſchaffende Kraft an
dir verſpürt, die Quelle aller wahrhaft bildenden
Triebe iſt in dir verſiegt; jeder ſtillen geſammelten
Innigkeit, die aufs Erhalten geht, haſt du abgeſagt;
dagegen iſt eine freſſende Flamme in dich eingekehrt,
zerſtörend iſt dein ganzes Weſen, und Niederreißen
allein iſt deine Stärke.

Sieh! ich habe eine Kirche dir gebaut, deren Grund¬
veſten die Waſſer der Erde umrinnen, während die
Wolken des Himmels um ihre Thürme zogen; ſo
feſt in ſich gegründet, daß obgleich der Boden wankte
unter ihr, ſie ſelbſt unerſchüttert ſo viele Jahrhunderte
in ihrem Baue ſtand: du aber haſt den Feuerbrand
in ſie hineingeworfen unter dem Vorwande, Alles was
irrdiſch ſey und brennbar, von ihr abzuthun, nun
ſind die nackten Wände nur geblieben; die Gewölbe
ſind vom Regen des Himmels eingeſtürzt, auf den
Pfeilern ziehen die nackten Bogen ſich ins Leere,
Gras und Büſche wachſen im Heiligthume, und die
Vögel niſten in den Laubgewinden.

Dein Teutſchland, mit einer Mauerkrone wie mit
einem feſten Harniſch hab ich es umgürtet, ſeine Rei¬

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[136/0144] dir zugeſtehen! ſollte ſie dann vor der ernſten Rich¬ terin ihre Armuth auseinanderbreiten und die Thea¬ tergarderobe ihrer Tugenden vor ihrem ſcharf durch¬ ſchauenden Aug hinlegen, wohl möchte ihr als Sen¬ tenz das ſtrafende Wort zu Theile werden: Sieh! du haſt deine Thaten mit beredtem Mund erzählt und deine Herrlichkeit uns angeprieſen, und wir haben ihren Gehalt geprüft und befunden, daß alles eitel ſey, und aufs Richtige geſtellt. In keinem Dinge haben wir eine wirklich ſchaffende Kraft an dir verſpürt, die Quelle aller wahrhaft bildenden Triebe iſt in dir verſiegt; jeder ſtillen geſammelten Innigkeit, die aufs Erhalten geht, haſt du abgeſagt; dagegen iſt eine freſſende Flamme in dich eingekehrt, zerſtörend iſt dein ganzes Weſen, und Niederreißen allein iſt deine Stärke. Sieh! ich habe eine Kirche dir gebaut, deren Grund¬ veſten die Waſſer der Erde umrinnen, während die Wolken des Himmels um ihre Thürme zogen; ſo feſt in ſich gegründet, daß obgleich der Boden wankte unter ihr, ſie ſelbſt unerſchüttert ſo viele Jahrhunderte in ihrem Baue ſtand: du aber haſt den Feuerbrand in ſie hineingeworfen unter dem Vorwande, Alles was irrdiſch ſey und brennbar, von ihr abzuthun, nun ſind die nackten Wände nur geblieben; die Gewölbe ſind vom Regen des Himmels eingeſtürzt, auf den Pfeilern ziehen die nackten Bogen ſich ins Leere, Gras und Büſche wachſen im Heiligthume, und die Vögel niſten in den Laubgewinden. Dein Teutſchland, mit einer Mauerkrone wie mit einem feſten Harniſch hab ich es umgürtet, ſeine Rei¬

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/144>, abgerufen am 25.11.2024.