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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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gelegt, und das mit ruhig unscheinbarem Wirken und
kaum sichtbarem Widerstande sich jedes Uebermuthes
leicht erwehrt, und alles Maaßlose zum eignen Selbst¬
mord drängt. Aber wenn nun nach solchen Anfällen
wieder eine Remission eintritt, und in lichten Augen¬
blicken die Besinnung wiederkehrt; wenn die Natur
der Dinge den Angriff abgewiesen, und das Band
von Erz, das um das Ganze geschlagen, federnd ge¬
gen den Aufstand sich nur stärker angezogen: dann
mag ein Zuspruch wieder an seiner Stelle seyn, und
Reden ist geboten. Wohl haben alle große Weltbege¬
benheiten ihre innere Naturnothwendigkeit, ihre Durch¬
gänge, Umläufe und Wiederkehren; wohl hat auch
der Wahnsinn dieser Zeit seine Stadien, sein periodi¬
sches Steigen und Fallen und seine critischen Augen¬
blicke, und in sofern läßt sich durch alles Mühen
nichts ändern im Laufe der Dinge. Aber nur die Lei¬
denschaften fesseln an diese Naturgewalt; so viel hin¬
gegen von lichten Gedanken und besonnenen Willens¬
kräften in den Begebenheiten wirkt, so viel Freyheit
ist in Ihnen; und wie die Vorsehung, nur wenn
diese sich versagt, jene gegen sich selbst bewaffnet,
dem Arzte gleich, der gegen die eine wildtobende Le¬
benskraft die andere ruhende aus ihrem Schlaf auf¬
ruft, so soll auch, wer auf eine kranke Zeit heilkräftig
wirken will, zuerst mit heller Augen Licht die herr¬
schende Ideenverwirrung klären, und es ist dann schon
so geordnet in der Welt, daß dem klar in sich ver¬
ständigten Geiste die dämonischen Mächte auch wider
Willen dienen.

Der Verfasser dieser Blätter hat im Verlauf des

gelegt, und das mit ruhig unſcheinbarem Wirken und
kaum ſichtbarem Widerſtande ſich jedes Uebermuthes
leicht erwehrt, und alles Maaßloſe zum eignen Selbſt¬
mord drängt. Aber wenn nun nach ſolchen Anfällen
wieder eine Remiſſion eintritt, und in lichten Augen¬
blicken die Beſinnung wiederkehrt; wenn die Natur
der Dinge den Angriff abgewieſen, und das Band
von Erz, das um das Ganze geſchlagen, federnd ge¬
gen den Aufſtand ſich nur ſtärker angezogen: dann
mag ein Zuſpruch wieder an ſeiner Stelle ſeyn, und
Reden iſt geboten. Wohl haben alle große Weltbege¬
benheiten ihre innere Naturnothwendigkeit, ihre Durch¬
gänge, Umläufe und Wiederkehren; wohl hat auch
der Wahnſinn dieſer Zeit ſeine Stadien, ſein periodi¬
ſches Steigen und Fallen und ſeine critiſchen Augen¬
blicke, und in ſofern läßt ſich durch alles Mühen
nichts ändern im Laufe der Dinge. Aber nur die Lei¬
denſchaften feſſeln an dieſe Naturgewalt; ſo viel hin¬
gegen von lichten Gedanken und beſonnenen Willens¬
kräften in den Begebenheiten wirkt, ſo viel Freyheit
iſt in Ihnen; und wie die Vorſehung, nur wenn
dieſe ſich verſagt, jene gegen ſich ſelbſt bewaffnet,
dem Arzte gleich, der gegen die eine wildtobende Le¬
benskraft die andere ruhende aus ihrem Schlaf auf¬
ruft, ſo ſoll auch, wer auf eine kranke Zeit heilkräftig
wirken will, zuerſt mit heller Augen Licht die herr¬
ſchende Ideenverwirrung klären, und es iſt dann ſchon
ſo geordnet in der Welt, daß dem klar in ſich ver¬
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[5/0013] gelegt, und das mit ruhig unſcheinbarem Wirken und kaum ſichtbarem Widerſtande ſich jedes Uebermuthes leicht erwehrt, und alles Maaßloſe zum eignen Selbſt¬ mord drängt. Aber wenn nun nach ſolchen Anfällen wieder eine Remiſſion eintritt, und in lichten Augen¬ blicken die Beſinnung wiederkehrt; wenn die Natur der Dinge den Angriff abgewieſen, und das Band von Erz, das um das Ganze geſchlagen, federnd ge¬ gen den Aufſtand ſich nur ſtärker angezogen: dann mag ein Zuſpruch wieder an ſeiner Stelle ſeyn, und Reden iſt geboten. Wohl haben alle große Weltbege¬ benheiten ihre innere Naturnothwendigkeit, ihre Durch¬ gänge, Umläufe und Wiederkehren; wohl hat auch der Wahnſinn dieſer Zeit ſeine Stadien, ſein periodi¬ ſches Steigen und Fallen und ſeine critiſchen Augen¬ blicke, und in ſofern läßt ſich durch alles Mühen nichts ändern im Laufe der Dinge. Aber nur die Lei¬ denſchaften feſſeln an dieſe Naturgewalt; ſo viel hin¬ gegen von lichten Gedanken und beſonnenen Willens¬ kräften in den Begebenheiten wirkt, ſo viel Freyheit iſt in Ihnen; und wie die Vorſehung, nur wenn dieſe ſich verſagt, jene gegen ſich ſelbſt bewaffnet, dem Arzte gleich, der gegen die eine wildtobende Le¬ benskraft die andere ruhende aus ihrem Schlaf auf¬ ruft, ſo ſoll auch, wer auf eine kranke Zeit heilkräftig wirken will, zuerſt mit heller Augen Licht die herr¬ ſchende Ideenverwirrung klären, und es iſt dann ſchon ſo geordnet in der Welt, daß dem klar in ſich ver¬ ſtändigten Geiſte die dämoniſchen Mächte auch wider Willen dienen. Der Verfaſſer dieſer Blätter hat im Verlauf des

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/13>, abgerufen am 24.11.2024.