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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 5. Tit. §. 115.

I) Entstehet Zweifel, ob ein Kind lebendig geboh-
ren worden sey, und die Geburt ist auf die gewöhnliche
Art, und zu der Zeit geschehen, da das Kind für lebens-
fähig gehalten wird, so wird ein solches eher lebendig als
tod gebohren vermuthet 10). Jedoch findet diese Vermu-
thung nur in bürgerlichen Rechtsfällen, nicht in peinli-
chen Sachen statt, denn da kommt alles auf die gericht-
liche Besichtigung der Geburt, und das Gutachten der
Aerzte an 11).

II) Wenn ein Kind vor den siebenten Monat ge-
bohren worden, aber doch so lange leben sollte, bis jener
vorgeschriebene Termin erfüllt ist, und es stürbe also erst
nach Vollendung desselben, so ist es der Billigkeit gemäß,
einer solchen Geburt die Kinds- und Erbrechte angedei-
hen zu lassen 12)



III)
Erbschaft nicht transmittire; doch behauptet er, daß eine le-
bendige Geburt diese Erbfähigkeit habe, wenn gleich die Vi-
talität fehle. Allein wie kann die Vitalität fehlen, ohne daß
ein Kind ein partus abortivus sey?
10) Luc. van de poll de exheredatione et praeteritione Cap. 37.
§. 2. lauterbach in Colleg. theor. pract. Pandectar. h. Tit.
§. XXVII.
11) S. Quistorp in den Grundsätzen des T. peinlichen Rechts
1. Th. 6. Abschn. 5. Cap. §. 270. Von der in solchem Fall
gewöhnlichen Lungenprobe handeln Ploucquet in der Ab-
handlung über die gewaltsame Todesarten §. 151. Wilh. Hun-
ter
in den wichtigen Bemerkungen über die Ungewißheit der
Merkmale, ob uneheliche Kinder einen gewaltsamen Tod er-
litten. Joh. Gottl. Kühn ist die Wasserlungen-Probe rich-
tig? Breslau 1786. 8. Car. Frid scholl Dissert. med. for.
qua occasione recentiorum quarundam observationum conclusio
ex subsidentia pulmonum recens nati foetus examinatur. Stutt-
gardiae
1786. u. a. m.
12) teichmeyer Institut. Medicin. legal. p. 50. In casu vero,
quo quarto, quinto vel sexto mense partus nascitur, ille secun-

dum
1. Buch. 5. Tit. §. 115.

I) Entſtehet Zweifel, ob ein Kind lebendig geboh-
ren worden ſey, und die Geburt iſt auf die gewoͤhnliche
Art, und zu der Zeit geſchehen, da das Kind fuͤr lebens-
faͤhig gehalten wird, ſo wird ein ſolches eher lebendig als
tod gebohren vermuthet 10). Jedoch findet dieſe Vermu-
thung nur in buͤrgerlichen Rechtsfaͤllen, nicht in peinli-
chen Sachen ſtatt, denn da kommt alles auf die gericht-
liche Beſichtigung der Geburt, und das Gutachten der
Aerzte an 11).

II) Wenn ein Kind vor den ſiebenten Monat ge-
bohren worden, aber doch ſo lange leben ſollte, bis jener
vorgeſchriebene Termin erfuͤllt iſt, und es ſtuͤrbe alſo erſt
nach Vollendung deſſelben, ſo iſt es der Billigkeit gemaͤß,
einer ſolchen Geburt die Kinds- und Erbrechte angedei-
hen zu laſſen 12)



III)
Erbſchaft nicht transmittire; doch behauptet er, daß eine le-
bendige Geburt dieſe Erbfaͤhigkeit habe, wenn gleich die Vi-
talitaͤt fehle. Allein wie kann die Vitalitaͤt fehlen, ohne daß
ein Kind ein partus abortivus ſey?
10) Luc. van de poll de exheredatione et praeteritione Cap. 37.
§. 2. lauterbach in Colleg. theor. pract. Pandectar. h. Tit.
§. XXVII.
11) S. Quiſtorp in den Grundſaͤtzen des T. peinlichen Rechts
1. Th. 6. Abſchn. 5. Cap. §. 270. Von der in ſolchem Fall
gewoͤhnlichen Lungenprobe handeln Ploucquet in der Ab-
handlung uͤber die gewaltſame Todesarten §. 151. Wilh. Hun-
ter
in den wichtigen Bemerkungen uͤber die Ungewißheit der
Merkmale, ob uneheliche Kinder einen gewaltſamen Tod er-
litten. Joh. Gottl. Kuͤhn iſt die Waſſerlungen-Probe rich-
tig? Breslau 1786. 8. Car. Frid scholl Diſſert. med. for.
qua occaſione recentiorum quarundam obſervationum concluſio
ex ſubſidentia pulmonum recens nati foetus examinatur. Stutt-
gardiae
1786. u. a. m.
12) teichmeyer Inſtitut. Medicin. legal. p. 50. In caſu vero,
quo quarto, quinto vel ſexto menſe partus naſcitur, ille ſecun-

dum
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[80/0094] 1. Buch. 5. Tit. §. 115. I) Entſtehet Zweifel, ob ein Kind lebendig geboh- ren worden ſey, und die Geburt iſt auf die gewoͤhnliche Art, und zu der Zeit geſchehen, da das Kind fuͤr lebens- faͤhig gehalten wird, ſo wird ein ſolches eher lebendig als tod gebohren vermuthet 10). Jedoch findet dieſe Vermu- thung nur in buͤrgerlichen Rechtsfaͤllen, nicht in peinli- chen Sachen ſtatt, denn da kommt alles auf die gericht- liche Beſichtigung der Geburt, und das Gutachten der Aerzte an 11). II) Wenn ein Kind vor den ſiebenten Monat ge- bohren worden, aber doch ſo lange leben ſollte, bis jener vorgeſchriebene Termin erfuͤllt iſt, und es ſtuͤrbe alſo erſt nach Vollendung deſſelben, ſo iſt es der Billigkeit gemaͤß, einer ſolchen Geburt die Kinds- und Erbrechte angedei- hen zu laſſen 12) III) 9) 10) Luc. van de poll de exheredatione et praeteritione Cap. 37. §. 2. lauterbach in Colleg. theor. pract. Pandectar. h. Tit. §. XXVII. 11) S. Quiſtorp in den Grundſaͤtzen des T. peinlichen Rechts 1. Th. 6. Abſchn. 5. Cap. §. 270. Von der in ſolchem Fall gewoͤhnlichen Lungenprobe handeln Ploucquet in der Ab- handlung uͤber die gewaltſame Todesarten §. 151. Wilh. Hun- ter in den wichtigen Bemerkungen uͤber die Ungewißheit der Merkmale, ob uneheliche Kinder einen gewaltſamen Tod er- litten. Joh. Gottl. Kuͤhn iſt die Waſſerlungen-Probe rich- tig? Breslau 1786. 8. Car. Frid scholl Diſſert. med. for. qua occaſione recentiorum quarundam obſervationum concluſio ex ſubſidentia pulmonum recens nati foetus examinatur. Stutt- gardiae 1786. u. a. m. 12) teichmeyer Inſtitut. Medicin. legal. p. 50. In caſu vero, quo quarto, quinto vel ſexto menſe partus naſcitur, ille ſecun- dum 9) Erbſchaft nicht transmittire; doch behauptet er, daß eine le- bendige Geburt dieſe Erbfaͤhigkeit habe, wenn gleich die Vi- talitaͤt fehle. Allein wie kann die Vitalitaͤt fehlen, ohne daß ein Kind ein partus abortivus ſey?

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/94>, abgerufen am 24.11.2024.