Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch 8. Tit. §. 164.
Fall bey den Sachen, welche man ehemals, als dieser
Unterschied aufkam, für die kostbarsten, ja für den eigent-
lichen Reichthum der Römer hielt. Ulpian 39) rechnet
zu den res mancipi Häuser und Ländereyen in Italien,
oder auch solche, die ausserhalb Italien wenigstens iuris
italici
waren; ferner Servituten auf dem platten Lande,
z. E. Fahrweg, Fußweg, Viehtrib, Wasserleitungsgerech-
tigkeit etc. etc. (servitutes urbanae gehörten also nicht hier-
her) auch Sclaven, und zahme Lastthiere. Elephanten
und Kameele gehörten in diese Classe nicht, denn man
hielt sie für wilde Thiere. An diesen konnte nun der Rö-
mer ein bürgerliches oder quiritarisches Eigenthum (man-
cipium
) nur alsdann erwerben, wenn die Uebergabe auf
die unter Bürgern hergebrachte feyerliche Art geschahe 40).
Die mancipatio selbst wurde durch vorgestellte Zahlung
oder Zuwägung des Preißes der Sache, mit gewissen For-
meln, und in Gegenwart von fünf Zeugen ausser dem
libripens vollzogen 41). Die Personen, welche dabey
vorkamen, mußten Römer seyn, oder wenigstens das
commercium unter ihnen haben 42). Alle andere Sa-
chen, an denen man das bürgerliche Eigenthum durch
simple Uebergabe erwerben konnte, hiessen res nec manci-
pi
43). Puffendorf 44) setzt den Unterschied dieser Ein-

theilung
39) Fragm. Tit. XIX. §. 1.
40) Hugo Lehrbuch und Chrestomathie des classischen Pan-
dectenrechts I. Band §. 154. u. folgg.
41) ulpian. Frag. c. l. §. 3. boethius c. l.
42) ulpianus c. l. § 4. et 5. in dem §. 5. heißt es: commer-
cium
est emendi vendendique invicem ius.
43) ulpianus c. l. §. 7. Traditio propria est alienatio rerum
nec mancipi. Harum rerum dominia ipsa traditione adpre-
hendimus, scilicet si ex iusta causa traditae sunt nobis.
Die
letztern Worte zeigen an, daß bey Erwerbung des bürgerli-
chen Eigenthums solcher rerum nec mancipi ein Rechtstitel
vorhergehen mußte, der die Absicht, den andern zum Eigen-
thümer zu machen, anzeigte, und die Verbindlichkeit zur Ue-
bergabe wirkte.
44) a. a. O.

1. Buch 8. Tit. §. 164.
Fall bey den Sachen, welche man ehemals, als dieſer
Unterſchied aufkam, fuͤr die koſtbarſten, ja fuͤr den eigent-
lichen Reichthum der Roͤmer hielt. Ulpian 39) rechnet
zu den res mancipi Haͤuſer und Laͤndereyen in Italien,
oder auch ſolche, die auſſerhalb Italien wenigſtens iuris
italici
waren; ferner Servituten auf dem platten Lande,
z. E. Fahrweg, Fußweg, Viehtrib, Waſſerleitungsgerech-
tigkeit ꝛc. ꝛc. (ſervitutes urbanae gehoͤrten alſo nicht hier-
her) auch Sclaven, und zahme Laſtthiere. Elephanten
und Kameele gehoͤrten in dieſe Claſſe nicht, denn man
hielt ſie fuͤr wilde Thiere. An dieſen konnte nun der Roͤ-
mer ein buͤrgerliches oder quiritariſches Eigenthum (man-
cipium
) nur alsdann erwerben, wenn die Uebergabe auf
die unter Buͤrgern hergebrachte feyerliche Art geſchahe 40).
Die mancipatio ſelbſt wurde durch vorgeſtellte Zahlung
oder Zuwaͤgung des Preißes der Sache, mit gewiſſen For-
meln, und in Gegenwart von fuͤnf Zeugen auſſer dem
libripens vollzogen 41). Die Perſonen, welche dabey
vorkamen, mußten Roͤmer ſeyn, oder wenigſtens das
commercium unter ihnen haben 42). Alle andere Sa-
chen, an denen man das buͤrgerliche Eigenthum durch
ſimple Uebergabe erwerben konnte, hieſſen res nec manci-
pi
43). Puffendorf 44) ſetzt den Unterſchied dieſer Ein-

theilung
39) Fragm. Tit. XIX. §. 1.
40) Hugo Lehrbuch und Chreſtomathie des claſſiſchen Pan-
dectenrechts I. Band §. 154. u. folgg.
41) ulpian. Frag. c. l. §. 3. boethius c. l.
42) ulpianus c. l. § 4. et 5. in dem §. 5. heißt es: commer-
cium
eſt emendi vendendique invicem ius.
43) ulpianus c. l. §. 7. Traditio propria eſt alienatio rerum
nec mancipi. Harum rerum dominia ipſa traditione adpre-
hendimus, ſcilicet ſi ex iuſta cauſa traditae ſunt nobis.
Die
letztern Worte zeigen an, daß bey Erwerbung des buͤrgerli-
chen Eigenthums ſolcher rerum nec mancipi ein Rechtstitel
vorhergehen mußte, der die Abſicht, den andern zum Eigen-
thuͤmer zu machen, anzeigte, und die Verbindlichkeit zur Ue-
bergabe wirkte.
44) a. a. O.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0430" n="416"/><fw place="top" type="header">1. Buch 8. Tit. §. 164.</fw><lb/>
Fall bey den Sachen, welche man ehemals, als die&#x017F;er<lb/>
Unter&#x017F;chied aufkam, fu&#x0364;r die ko&#x017F;tbar&#x017F;ten, ja fu&#x0364;r den eigent-<lb/>
lichen Reichthum der Ro&#x0364;mer hielt. <hi rendition="#fr">Ulpian</hi> <note place="foot" n="39)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Fragm. Tit. XIX.</hi> §.</hi> 1.</note> rechnet<lb/>
zu den <hi rendition="#aq">res mancipi</hi> Ha&#x0364;u&#x017F;er und La&#x0364;ndereyen in Italien,<lb/>
oder auch &#x017F;olche, die au&#x017F;&#x017F;erhalb Italien wenig&#x017F;tens <hi rendition="#aq">iuris<lb/>
italici</hi> waren; ferner Servituten auf dem platten Lande,<lb/>
z. E. Fahrweg, Fußweg, Viehtrib, Wa&#x017F;&#x017F;erleitungsgerech-<lb/>
tigkeit &#xA75B;c. &#xA75B;c. (<hi rendition="#aq">&#x017F;ervitutes urbanae</hi> geho&#x0364;rten al&#x017F;o nicht hier-<lb/>
her) auch Sclaven, und zahme La&#x017F;tthiere. Elephanten<lb/>
und Kameele geho&#x0364;rten in die&#x017F;e Cla&#x017F;&#x017F;e nicht, denn man<lb/>
hielt &#x017F;ie fu&#x0364;r wilde Thiere. An die&#x017F;en konnte nun der Ro&#x0364;-<lb/>
mer ein bu&#x0364;rgerliches oder quiritari&#x017F;ches Eigenthum (<hi rendition="#aq">man-<lb/>
cipium</hi>) nur alsdann erwerben, wenn die Uebergabe auf<lb/>
die unter Bu&#x0364;rgern hergebrachte feyerliche Art ge&#x017F;chahe <note place="foot" n="40)"><hi rendition="#g">Hugo</hi> Lehrbuch und Chre&#x017F;tomathie des cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Pan-<lb/>
dectenrechts <hi rendition="#aq">I.</hi> Band §. 154. u. folgg.</note>.<lb/>
Die <hi rendition="#aq">mancipatio</hi> &#x017F;elb&#x017F;t wurde durch vorge&#x017F;tellte Zahlung<lb/>
oder Zuwa&#x0364;gung des Preißes der Sache, mit gewi&#x017F;&#x017F;en For-<lb/>
meln, und in Gegenwart von fu&#x0364;nf Zeugen au&#x017F;&#x017F;er dem<lb/><hi rendition="#aq">libripens</hi> vollzogen <note place="foot" n="41)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">ulpian</hi>. <hi rendition="#i">Frag. c. l. §.</hi> 3. <hi rendition="#k">boethius</hi> <hi rendition="#i">c. l.</hi></hi></note>. Die Per&#x017F;onen, welche dabey<lb/>
vorkamen, mußten Ro&#x0364;mer &#x017F;eyn, oder wenig&#x017F;tens das<lb/><hi rendition="#aq">commercium</hi> unter ihnen haben <note place="foot" n="42)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">ulpianus</hi><hi rendition="#i">c. l.</hi> § 4. <hi rendition="#i">et</hi></hi> 5. in dem §. 5. heißt es: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">commer-<lb/>
cium</hi> e&#x017F;t emendi vendendique invicem ius.</hi></note>. Alle andere Sa-<lb/>
chen, an denen man das bu&#x0364;rgerliche Eigenthum durch<lb/>
&#x017F;imple Uebergabe erwerben konnte, hie&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">res nec manci-<lb/>
pi</hi></hi> <note place="foot" n="43)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">ulpianus</hi><hi rendition="#i">c. l.</hi> §. 7. Traditio propria e&#x017F;t alienatio rerum<lb/>
nec mancipi. Harum rerum dominia ip&#x017F;a traditione adpre-<lb/>
hendimus, &#x017F;cilicet &#x017F;i ex iu&#x017F;ta cau&#x017F;a traditae &#x017F;unt nobis.</hi> Die<lb/>
letztern Worte zeigen an, daß bey Erwerbung des bu&#x0364;rgerli-<lb/>
chen Eigenthums &#x017F;olcher <hi rendition="#aq">rerum nec mancipi</hi> ein Rechtstitel<lb/>
vorhergehen mußte, der die Ab&#x017F;icht, den andern zum Eigen-<lb/>
thu&#x0364;mer zu machen, anzeigte, und die Verbindlichkeit zur Ue-<lb/>
bergabe wirkte.</note>. <hi rendition="#fr">Puffendorf</hi> <note place="foot" n="44)">a. a. O.</note> &#x017F;etzt den Unter&#x017F;chied die&#x017F;er Ein-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">theilung</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[416/0430] 1. Buch 8. Tit. §. 164. Fall bey den Sachen, welche man ehemals, als dieſer Unterſchied aufkam, fuͤr die koſtbarſten, ja fuͤr den eigent- lichen Reichthum der Roͤmer hielt. Ulpian 39) rechnet zu den res mancipi Haͤuſer und Laͤndereyen in Italien, oder auch ſolche, die auſſerhalb Italien wenigſtens iuris italici waren; ferner Servituten auf dem platten Lande, z. E. Fahrweg, Fußweg, Viehtrib, Waſſerleitungsgerech- tigkeit ꝛc. ꝛc. (ſervitutes urbanae gehoͤrten alſo nicht hier- her) auch Sclaven, und zahme Laſtthiere. Elephanten und Kameele gehoͤrten in dieſe Claſſe nicht, denn man hielt ſie fuͤr wilde Thiere. An dieſen konnte nun der Roͤ- mer ein buͤrgerliches oder quiritariſches Eigenthum (man- cipium) nur alsdann erwerben, wenn die Uebergabe auf die unter Buͤrgern hergebrachte feyerliche Art geſchahe 40). Die mancipatio ſelbſt wurde durch vorgeſtellte Zahlung oder Zuwaͤgung des Preißes der Sache, mit gewiſſen For- meln, und in Gegenwart von fuͤnf Zeugen auſſer dem libripens vollzogen 41). Die Perſonen, welche dabey vorkamen, mußten Roͤmer ſeyn, oder wenigſtens das commercium unter ihnen haben 42). Alle andere Sa- chen, an denen man das buͤrgerliche Eigenthum durch ſimple Uebergabe erwerben konnte, hieſſen res nec manci- pi 43). Puffendorf 44) ſetzt den Unterſchied dieſer Ein- theilung 39) Fragm. Tit. XIX. §. 1. 40) Hugo Lehrbuch und Chreſtomathie des claſſiſchen Pan- dectenrechts I. Band §. 154. u. folgg. 41) ulpian. Frag. c. l. §. 3. boethius c. l. 42) ulpianus c. l. § 4. et 5. in dem §. 5. heißt es: commer- cium eſt emendi vendendique invicem ius. 43) ulpianus c. l. §. 7. Traditio propria eſt alienatio rerum nec mancipi. Harum rerum dominia ipſa traditione adpre- hendimus, ſcilicet ſi ex iuſta cauſa traditae ſunt nobis. Die letztern Worte zeigen an, daß bey Erwerbung des buͤrgerli- chen Eigenthums ſolcher rerum nec mancipi ein Rechtstitel vorhergehen mußte, der die Abſicht, den andern zum Eigen- thuͤmer zu machen, anzeigte, und die Verbindlichkeit zur Ue- bergabe wirkte. 44) a. a. O.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/430
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/430>, abgerufen am 21.11.2024.