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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De adoptionibus, emancipationibus etc.
dem heutigen Gebrauch der röm. väterlichen Gewalt ge-
sagt habe, von selbst. Bey der andern kommt alles da-
rauf an, ob der Landesherr die Adoption bestättiget.
Denn daß die Gewalt des Landesherrn sich so weit erstre-
cke, in einem solchem Fall Gnade für Recht ergehen zu lassen,
wird Niemand läugnen 28). Der dritten Meynung end-
lich stehet entgegen, daß das röm. Recht keinesweges
durch den bloßen Gebrauch, sondern durch ausdrückliche
Verordnungen teutscher Reichsgesetze angenommen wor-
den sey, daher auch in jedem einzelnen Fall demselben ge-
mäß erkannt werden muß, wenn man nicht darthut, daß
etwas darin Enthaltenes sich auf unsere Verfassung gar
nicht schickt, oder durch einen widrigen Gebrauch abge-
schaft worden, welches keinesweges zu vermuthen. Zwar
will sich Beck auf die Auctorität einer Novelle des Kai-
sers Leo des Philosophen 29) berufen, in welcher allen
und jeden Weibspersonen das Recht, auch ohne landes-
herrliche Genehmigung, zu adoptiren verstattet worden;
allein da die Leonische Novellen bey uns in Teutschland
nicht eingeführt sind 30), so kann hieraus ein heutiger
Nichtgebrauch des römischen Rechts ohnmöglich hergelei-
tet werden 31). Aus diesem Grunde stimme ich lieber
der Meinung des Vicecanzler Strubens 32) bey, wel-
cher bey der Adoption der Weibspersonen auch noch heut

zu
28) L. 38. D. h. t.
29) Nov. XXVII.
30) S. des H. Stadt-Direct. D. zepernick Comment. quibus
ex causis Novellae Leonis sapientis in Germania receptae dici
nequeant,
hinter Becks angef. Tractat S. 403 ff.
31) Zepernick in der angef. Commentation Cap. I. §. 15.
32) in den rechtl. Bedenken II. Th. Bed. 62. Man sehe auch
Schmidts öffentliche Rechtssprüche N. XXV. S. 171. ff.

De adoptionibus, emancipationibus etc.
dem heutigen Gebrauch der roͤm. vaͤterlichen Gewalt ge-
ſagt habe, von ſelbſt. Bey der andern kommt alles da-
rauf an, ob der Landesherr die Adoption beſtaͤttiget.
Denn daß die Gewalt des Landesherrn ſich ſo weit erſtre-
cke, in einem ſolchem Fall Gnade fuͤr Recht ergehen zu laſſen,
wird Niemand laͤugnen 28). Der dritten Meynung end-
lich ſtehet entgegen, daß das roͤm. Recht keinesweges
durch den bloßen Gebrauch, ſondern durch ausdruͤckliche
Verordnungen teutſcher Reichsgeſetze angenommen wor-
den ſey, daher auch in jedem einzelnen Fall demſelben ge-
maͤß erkannt werden muß, wenn man nicht darthut, daß
etwas darin Enthaltenes ſich auf unſere Verfaſſung gar
nicht ſchickt, oder durch einen widrigen Gebrauch abge-
ſchaft worden, welches keinesweges zu vermuthen. Zwar
will ſich Beck auf die Auctoritaͤt einer Novelle des Kai-
ſers Leo des Philoſophen 29) berufen, in welcher allen
und jeden Weibsperſonen das Recht, auch ohne landes-
herrliche Genehmigung, zu adoptiren verſtattet worden;
allein da die Leoniſche Novellen bey uns in Teutſchland
nicht eingefuͤhrt ſind 30), ſo kann hieraus ein heutiger
Nichtgebrauch des roͤmiſchen Rechts ohnmoͤglich hergelei-
tet werden 31). Aus dieſem Grunde ſtimme ich lieber
der Meinung des Vicecanzler Strubens 32) bey, wel-
cher bey der Adoption der Weibsperſonen auch noch heut

zu
28) L. 38. D. h. t.
29) Nov. XXVII.
30) S. des H. Stadt-Direct. D. zepernick Comment. quibus
ex cauſis Novellae Leonis ſapientis in Germania receptae dici
nequeant,
hinter Becks angef. Tractat S. 403 ff.
31) Zepernick in der angef. Commentation Cap. I. §. 15.
32) in den rechtl. Bedenken II. Th. Bed. 62. Man ſehe auch
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[299/0313] De adoptionibus, emancipationibus etc. dem heutigen Gebrauch der roͤm. vaͤterlichen Gewalt ge- ſagt habe, von ſelbſt. Bey der andern kommt alles da- rauf an, ob der Landesherr die Adoption beſtaͤttiget. Denn daß die Gewalt des Landesherrn ſich ſo weit erſtre- cke, in einem ſolchem Fall Gnade fuͤr Recht ergehen zu laſſen, wird Niemand laͤugnen 28). Der dritten Meynung end- lich ſtehet entgegen, daß das roͤm. Recht keinesweges durch den bloßen Gebrauch, ſondern durch ausdruͤckliche Verordnungen teutſcher Reichsgeſetze angenommen wor- den ſey, daher auch in jedem einzelnen Fall demſelben ge- maͤß erkannt werden muß, wenn man nicht darthut, daß etwas darin Enthaltenes ſich auf unſere Verfaſſung gar nicht ſchickt, oder durch einen widrigen Gebrauch abge- ſchaft worden, welches keinesweges zu vermuthen. Zwar will ſich Beck auf die Auctoritaͤt einer Novelle des Kai- ſers Leo des Philoſophen 29) berufen, in welcher allen und jeden Weibsperſonen das Recht, auch ohne landes- herrliche Genehmigung, zu adoptiren verſtattet worden; allein da die Leoniſche Novellen bey uns in Teutſchland nicht eingefuͤhrt ſind 30), ſo kann hieraus ein heutiger Nichtgebrauch des roͤmiſchen Rechts ohnmoͤglich hergelei- tet werden 31). Aus dieſem Grunde ſtimme ich lieber der Meinung des Vicecanzler Strubens 32) bey, wel- cher bey der Adoption der Weibsperſonen auch noch heut zu 28) L. 38. D. h. t. 29) Nov. XXVII. 30) S. des H. Stadt-Direct. D. zepernick Comment. quibus ex cauſis Novellae Leonis ſapientis in Germania receptae dici nequeant, hinter Becks angef. Tractat S. 403 ff. 31) Zepernick in der angef. Commentation Cap. I. §. 15. 32) in den rechtl. Bedenken II. Th. Bed. 62. Man ſehe auch Schmidts oͤffentliche Rechtsſpruͤche N. XXV. S. 171. ff.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/313>, abgerufen am 25.07.2024.