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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 6. Tit. §. 141.
Blutschande, oder aus einem Ehebruch, oder mit einer
geschwächten honetten Weibsperson aus einem Stuprum
erzeugte Kinder, waren nach römischen Recht von der
Wohlthat der Legitimation ganz ausgeschlossen. Allein
nach dem canonischen Recht, welchem wir heutiges Ta-
ges in dieser Materie ohne allen Zweifel den Vorzug ge-
ben, können alle Arten von unehelichen Kindern legiti-
mirt werden, auch diejenigen, welche aus einem Stuprum,
Fornication, Ehebruch oder Incest gebohren worden
sind 72). Dies hat nun zwar in dem Fall nicht den min-
desten Zweifel, wenn die Legitimation ohne Ehe durch ein
landesfürstliches Rescript 73) geschiehet. Allein desto mehr
wird darüber gestritten, wenn die Legitimation durch eine
Ehe erfolgen soll. Hier sind angesehene Rechtsgelehrten 74)
der Meinung, daß das canonische Recht die Wohlthat
der Legitimation zwar in so fern weiter, als im römischen
Recht geschehen, ausgedehnet habe, daß nicht nur die im
Concubinat, sondern auch aus einem Stuprum oder For-
nication (spurii et vulgo quaesiti) erzeugte Kinder selbst
durch die nachfolgende Ehe der Eltern legitimirt werden

könn-
72) Man sehe hierüber nach I. H. boehmer in Iur. Eccles.
Protest. Lib. IV. Tit.
17. und in Diss. de legitimat. ex damnato
coitu nator. in Exercit. ad Pandect. T. I. n. 20 a pufen-
dorf
Observat. iur. univ. T. I. Obs. 163. volkmann in
Diss de legitimat. partus adulterini per subseq. matrimon.
§. 14 sqq. hofacker Princip. iuris civ. Rom. Germ. T. I.

§. 592.
73) cap. 13. X. qui filii sint legit. berardus in Commentar.
in Ius Eccles. univ. Tom. III. Diss. VI. Qu. 2. pag.
176.
74) S. berardus c. l. pag. 175. Franc. sarmiento Lib. I.
selectar. Interpretat. cap. V. n. 10 perez Praelect. ad Codic.
tit. de natural. liberis n. 12. Lud. God. madihn Princip.
iuris Rom. P. V. §. 5. pag
10. u. a. m.

1. Buch. 6. Tit. §. 141.
Blutſchande, oder aus einem Ehebruch, oder mit einer
geſchwaͤchten honetten Weibsperſon aus einem Stuprum
erzeugte Kinder, waren nach roͤmiſchen Recht von der
Wohlthat der Legitimation ganz ausgeſchloſſen. Allein
nach dem canoniſchen Recht, welchem wir heutiges Ta-
ges in dieſer Materie ohne allen Zweifel den Vorzug ge-
ben, koͤnnen alle Arten von unehelichen Kindern legiti-
mirt werden, auch diejenigen, welche aus einem Stuprum,
Fornication, Ehebruch oder Inceſt gebohren worden
ſind 72). Dies hat nun zwar in dem Fall nicht den min-
deſten Zweifel, wenn die Legitimation ohne Ehe durch ein
landesfuͤrſtliches Reſcript 73) geſchiehet. Allein deſto mehr
wird daruͤber geſtritten, wenn die Legitimation durch eine
Ehe erfolgen ſoll. Hier ſind angeſehene Rechtsgelehrten 74)
der Meinung, daß das canoniſche Recht die Wohlthat
der Legitimation zwar in ſo fern weiter, als im roͤmiſchen
Recht geſchehen, ausgedehnet habe, daß nicht nur die im
Concubinat, ſondern auch aus einem Stuprum oder For-
nication (ſpurii et vulgo quaeſiti) erzeugte Kinder ſelbſt
durch die nachfolgende Ehe der Eltern legitimirt werden

koͤnn-
72) Man ſehe hieruͤber nach I. H. boehmer in Iur. Eccleſ.
Proteſt. Lib. IV. Tit.
17. und in Diſſ. de legitimat. ex damnato
coitu nator. in Exercit. ad Pandect. T. I. n. 20 a pufen-
dorf
Obſervat. iur. univ. T. I. Obſ. 163. volkmann in
Diſſ de legitimat. partus adulterini per ſubſeq. matrimon.
§. 14 ſqq. hofacker Princip. iuris civ. Rom. Germ. T. I.

§. 592.
73) cap. 13. X. qui filii ſint legit. berardus in Commentar.
in Ius Eccleſ. univ. Tom. III. Diſſ. VI. Qu. 2. pag.
176.
74) S. berardus c. l. pag. 175. Franc. sarmiento Lib. I.
ſelectar. Interpretat. cap. V. n. 10 perez Praelect. ad Codic.
tit. de natural. liberis n. 12. Lud. God. madihn Princip.
iuris Rom. P. V. §. 5. pag
10. u. a. m.
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[252/0266] 1. Buch. 6. Tit. §. 141. Blutſchande, oder aus einem Ehebruch, oder mit einer geſchwaͤchten honetten Weibsperſon aus einem Stuprum erzeugte Kinder, waren nach roͤmiſchen Recht von der Wohlthat der Legitimation ganz ausgeſchloſſen. Allein nach dem canoniſchen Recht, welchem wir heutiges Ta- ges in dieſer Materie ohne allen Zweifel den Vorzug ge- ben, koͤnnen alle Arten von unehelichen Kindern legiti- mirt werden, auch diejenigen, welche aus einem Stuprum, Fornication, Ehebruch oder Inceſt gebohren worden ſind 72). Dies hat nun zwar in dem Fall nicht den min- deſten Zweifel, wenn die Legitimation ohne Ehe durch ein landesfuͤrſtliches Reſcript 73) geſchiehet. Allein deſto mehr wird daruͤber geſtritten, wenn die Legitimation durch eine Ehe erfolgen ſoll. Hier ſind angeſehene Rechtsgelehrten 74) der Meinung, daß das canoniſche Recht die Wohlthat der Legitimation zwar in ſo fern weiter, als im roͤmiſchen Recht geſchehen, ausgedehnet habe, daß nicht nur die im Concubinat, ſondern auch aus einem Stuprum oder For- nication (ſpurii et vulgo quaeſiti) erzeugte Kinder ſelbſt durch die nachfolgende Ehe der Eltern legitimirt werden koͤnn- 72) Man ſehe hieruͤber nach I. H. boehmer in Iur. Eccleſ. Proteſt. Lib. IV. Tit. 17. und in Diſſ. de legitimat. ex damnato coitu nator. in Exercit. ad Pandect. T. I. n. 20 a pufen- dorf Obſervat. iur. univ. T. I. Obſ. 163. volkmann in Diſſ de legitimat. partus adulterini per ſubſeq. matrimon. §. 14 ſqq. hofacker Princip. iuris civ. Rom. Germ. T. I. §. 592. 73) cap. 13. X. qui filii ſint legit. berardus in Commentar. in Ius Eccleſ. univ. Tom. III. Diſſ. VI. Qu. 2. pag. 176. 74) S. berardus c. l. pag. 175. Franc. sarmiento Lib. I. ſelectar. Interpretat. cap. V. n. 10 perez Praelect. ad Codic. tit. de natural. liberis n. 12. Lud. God. madihn Princip. iuris Rom. P. V. §. 5. pag 10. u. a. m.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/266>, abgerufen am 10.06.2024.