Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch. 5. Tit. §. 117.
ber Aufsicht übergeben werden solle; nämlich ut non per
huiusmodi occasiones inveniantur circa castitatem in-
iuriatae;
obgleich dieses heutiges Tages bey uns nicht
mehr im Gebrauch ist 30).

Eine andere entferntere Quelle des besondern weibli-
chen Rechts war, daß Weibspersonen ehemals bey den
Römern auf den Versammlungen des Volcks nicht er-
scheinen durften, woraus theils eine dem schönen Ge-
schlecht unschädliche Unwissenheit der Gesetze 31), theils
die Unfähigkeit derselben, bey einer feyerlichen Handlung
als Zeuginn gegenwärtig zu seyn 32), herfließt.

Eine weitere Hauptquelle besonderer weiblicher Rech-
te ist die gesetzliche Oberherrschaft des Ehe-
manns über die Frau
, und die überhaupt durch die
Ehe entstehende genaueste und innigste Vereinigung zwi-
schen Eheleuten. Denn so wie deshalb zwar die Frau
an der Würde und dem Stande des Mannes Antheil
nimmt, dessen Namen führt, und den nämlichen Ge-
richtsstand hat; so entstehen daraus auch wieder auf der
andern Seite manche unangenehme Folgen. Denn da
die Frau selbst der Gewalt des Mannes unterworffen ist 33),

so
30) Ludovici Einleitung zum peinlichen Proceß II. Cap. §. 8.
31) Röslin in der angeführten Abhandlung 2. Band. S. 17. u.
18. §. 9.
32) Als etwas merkwürdiges erzählt daher Gellius Noct.
Attic. VI.
7. daß die Tarratia, eine Bestalin, das ius testi-
monii dicendi
durch die Lex Horatia erhalten. S. treckel
de origine testamentifactionis §. XVIII. p. 105. §. LXIII.
p.
208. u. §. LXXI. p. 225. sqq. reinold Varior. c. 5.
in Opusc.
S. 73.
33) Nach den Fragmenten des Antejustinianischen Rechts wur-
de eine Ehefrau, die sich in manu mariti befand, sogar wie
eine filiafamilias angesehen. Man sehe caii Institut. lib. II.
Tit. VIII. prine. vlpiani Fragm. Tit. XXII.
§. 14.

1. Buch. 5. Tit. §. 117.
ber Aufſicht uͤbergeben werden ſolle; naͤmlich ut non per
huiusmodi occaſiones inveniantur circa caſtitatem in-
iuriatae;
obgleich dieſes heutiges Tages bey uns nicht
mehr im Gebrauch iſt 30).

Eine andere entferntere Quelle des beſondern weibli-
chen Rechts war, daß Weibsperſonen ehemals bey den
Roͤmern auf den Verſammlungen des Volcks nicht er-
ſcheinen durften, woraus theils eine dem ſchoͤnen Ge-
ſchlecht unſchaͤdliche Unwiſſenheit der Geſetze 31), theils
die Unfaͤhigkeit derſelben, bey einer feyerlichen Handlung
als Zeuginn gegenwaͤrtig zu ſeyn 32), herfließt.

Eine weitere Hauptquelle beſonderer weiblicher Rech-
te iſt die geſetzliche Oberherrſchaft des Ehe-
manns uͤber die Frau
, und die uͤberhaupt durch die
Ehe entſtehende genaueſte und innigſte Vereinigung zwi-
ſchen Eheleuten. Denn ſo wie deshalb zwar die Frau
an der Wuͤrde und dem Stande des Mannes Antheil
nimmt, deſſen Namen fuͤhrt, und den naͤmlichen Ge-
richtsſtand hat; ſo entſtehen daraus auch wieder auf der
andern Seite manche unangenehme Folgen. Denn da
die Frau ſelbſt der Gewalt des Mannes unterworffen iſt 33),

ſo
30) Ludovici Einleitung zum peinlichen Proceß II. Cap. §. 8.
31) Roͤslin in der angefuͤhrten Abhandlung 2. Band. S. 17. u.
18. §. 9.
32) Als etwas merkwuͤrdiges erzaͤhlt daher Gellius Noct.
Attic. VI.
7. daß die Tarratia, eine Beſtalin, das ius teſti-
monii dicendi
durch die Lex Horatia erhalten. S. treckel
de origine teſtamentifactionis §. XVIII. p. 105. §. LXIII.
p.
208. u. §. LXXI. p. 225. ſqq. reinold Varior. c. 5.
in Opuſc.
S. 73.
33) Nach den Fragmenten des Antejuſtinianiſchen Rechts wur-
de eine Ehefrau, die ſich in manu mariti befand, ſogar wie
eine filiafamilias angeſehen. Man ſehe caii Inſtitut. lib. II.
Tit. VIII. prine. vlpiani Fragm. Tit. XXII.
§. 14.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0132" n="118"/><fw place="top" type="header">1. Buch. 5. Tit. §. 117.</fw><lb/>
ber Auf&#x017F;icht u&#x0364;bergeben werden &#x017F;olle; na&#x0364;mlich <hi rendition="#aq">ut non per<lb/>
huiusmodi occa&#x017F;iones inveniantur circa ca&#x017F;titatem in-<lb/>
iuriatae;</hi> obgleich die&#x017F;es heutiges Tages bey uns nicht<lb/>
mehr im Gebrauch i&#x017F;t <note place="foot" n="30)"><hi rendition="#g">Ludovici</hi> Einleitung zum peinlichen Proceß <hi rendition="#aq">II.</hi> Cap. §. 8.</note>.</p><lb/>
          <p>Eine andere entferntere Quelle des be&#x017F;ondern weibli-<lb/>
chen Rechts war, daß Weibsper&#x017F;onen ehemals bey den<lb/>
Ro&#x0364;mern auf den Ver&#x017F;ammlungen des Volcks nicht er-<lb/>
&#x017F;cheinen durften, woraus theils eine dem &#x017F;cho&#x0364;nen Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht un&#x017F;cha&#x0364;dliche Unwi&#x017F;&#x017F;enheit der Ge&#x017F;etze <note place="foot" n="31)"><hi rendition="#g">Ro&#x0364;slin</hi> in der angefu&#x0364;hrten Abhandlung 2. Band. S. 17. u.<lb/>
18. §. 9.</note>, theils<lb/>
die Unfa&#x0364;higkeit der&#x017F;elben, bey einer feyerlichen Handlung<lb/>
als Zeuginn gegenwa&#x0364;rtig zu &#x017F;eyn <note place="foot" n="32)">Als etwas merkwu&#x0364;rdiges erza&#x0364;hlt daher <hi rendition="#g">Gellius</hi> <hi rendition="#aq">Noct.<lb/>
Attic. VI.</hi> 7. daß die Tarratia, eine Be&#x017F;talin, das <hi rendition="#aq">ius te&#x017F;ti-<lb/>
monii dicendi</hi> durch die <hi rendition="#aq">Lex Horatia</hi> erhalten. S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">treckel</hi><lb/>
de origine te&#x017F;tamentifactionis §. XVIII. p. 105. §. LXIII.<lb/>
p.</hi> 208. u. §. <hi rendition="#aq">LXXI. p. 225. &#x017F;qq. <hi rendition="#k">reinold</hi> Varior. c. 5.<lb/>
in <hi rendition="#i">Opu&#x017F;c.</hi></hi> S. 73.</note>, herfließt.</p><lb/>
          <p>Eine weitere Hauptquelle be&#x017F;onderer weiblicher Rech-<lb/>
te i&#x017F;t die <hi rendition="#g">ge&#x017F;etzliche Oberherr&#x017F;chaft des Ehe-<lb/>
manns u&#x0364;ber die Frau</hi>, und die u&#x0364;berhaupt durch die<lb/>
Ehe ent&#x017F;tehende genaue&#x017F;te und innig&#x017F;te Vereinigung zwi-<lb/>
&#x017F;chen Eheleuten. Denn &#x017F;o wie deshalb zwar die Frau<lb/>
an der Wu&#x0364;rde und dem Stande des Mannes Antheil<lb/>
nimmt, de&#x017F;&#x017F;en Namen fu&#x0364;hrt, und den na&#x0364;mlichen Ge-<lb/>
richts&#x017F;tand hat; &#x017F;o ent&#x017F;tehen daraus auch wieder auf der<lb/>
andern Seite manche unangenehme Folgen. Denn da<lb/>
die Frau &#x017F;elb&#x017F;t der Gewalt des Mannes unterworffen i&#x017F;t <note place="foot" n="33)">Nach den Fragmenten des Anteju&#x017F;tiniani&#x017F;chen Rechts wur-<lb/>
de eine Ehefrau, die &#x017F;ich <hi rendition="#aq">in manu mariti</hi> befand, &#x017F;ogar wie<lb/>
eine <hi rendition="#aq">filiafamilias</hi> ange&#x017F;ehen. Man &#x017F;ehe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">caii</hi><hi rendition="#i">In&#x017F;titut.</hi> lib. II.<lb/>
Tit. VIII. prine. <hi rendition="#k">vlpiani</hi> <hi rendition="#i">Fragm.</hi> Tit. XXII.</hi> §. 14.</note>,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0132] 1. Buch. 5. Tit. §. 117. ber Aufſicht uͤbergeben werden ſolle; naͤmlich ut non per huiusmodi occaſiones inveniantur circa caſtitatem in- iuriatae; obgleich dieſes heutiges Tages bey uns nicht mehr im Gebrauch iſt 30). Eine andere entferntere Quelle des beſondern weibli- chen Rechts war, daß Weibsperſonen ehemals bey den Roͤmern auf den Verſammlungen des Volcks nicht er- ſcheinen durften, woraus theils eine dem ſchoͤnen Ge- ſchlecht unſchaͤdliche Unwiſſenheit der Geſetze 31), theils die Unfaͤhigkeit derſelben, bey einer feyerlichen Handlung als Zeuginn gegenwaͤrtig zu ſeyn 32), herfließt. Eine weitere Hauptquelle beſonderer weiblicher Rech- te iſt die geſetzliche Oberherrſchaft des Ehe- manns uͤber die Frau, und die uͤberhaupt durch die Ehe entſtehende genaueſte und innigſte Vereinigung zwi- ſchen Eheleuten. Denn ſo wie deshalb zwar die Frau an der Wuͤrde und dem Stande des Mannes Antheil nimmt, deſſen Namen fuͤhrt, und den naͤmlichen Ge- richtsſtand hat; ſo entſtehen daraus auch wieder auf der andern Seite manche unangenehme Folgen. Denn da die Frau ſelbſt der Gewalt des Mannes unterworffen iſt 33), ſo 30) Ludovici Einleitung zum peinlichen Proceß II. Cap. §. 8. 31) Roͤslin in der angefuͤhrten Abhandlung 2. Band. S. 17. u. 18. §. 9. 32) Als etwas merkwuͤrdiges erzaͤhlt daher Gellius Noct. Attic. VI. 7. daß die Tarratia, eine Beſtalin, das ius teſti- monii dicendi durch die Lex Horatia erhalten. S. treckel de origine teſtamentifactionis §. XVIII. p. 105. §. LXIII. p. 208. u. §. LXXI. p. 225. ſqq. reinold Varior. c. 5. in Opuſc. S. 73. 33) Nach den Fragmenten des Antejuſtinianiſchen Rechts wur- de eine Ehefrau, die ſich in manu mariti befand, ſogar wie eine filiafamilias angeſehen. Man ſehe caii Inſtitut. lib. II. Tit. VIII. prine. vlpiani Fragm. Tit. XXII. §. 14.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/132
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/132>, abgerufen am 21.11.2024.