Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.de Statu Hominum. bindlichkeit auf sich hätten 26). b) Heißt auch Schwä-che des weiblichen Geschlechts eine von der Er- ziehung sowohl als der diesem Geschlecht wesentlichen Be- stimmung des Kindergebährens herrührende Unfähigkeit, männliche Arbeiten, welche eine ausdauernde Anstren- gung des Körpers, und öffentliche Aemter, welche Ein- sichten und Gelehrsamkeit erfordern, zu versehen 27). Ich erwähnte oben der dem weiblichen Charakter eigenen Schamhaftigkeit. Diese führen die Gesetze selbst an mehr als einem Orte als eine Quelle weiblicher Rech- te an. Z. B. wenn der Prätor in seinem Edict den Frauenspersonen vor Gericht als Fürsprecherin zu er- scheinen verbietet, so wird zum Grunde dieses Verbots angegeben, ne, contra pudicitiam sexui congruentem, alie- nis causis se immisceant 28). Eben diesen Grund der Keuschheit führt auch Justinian 29) an, wenn er ver- ordnet, daß keine Weibsperson zur gefänglichen Haft gebracht, sondern selbige auch in den gröbsten Verbrechen entweder nur in ein Kloster gesteckt, oder anderer Wei- ber 26) Dies ist eine Bemerkung von sehr wichtigen practischen Folgen. Denn hieraus läßt sich erklären, warum die Frauens- personen, welche etwas dafür erhalten haben, daß sie eine fremde Verbindlichkeit übernehmen möchten; oder aber bey Uebernehmung fremder Verbindlichkeiten nicht sowohl Gefahr laufen, als vielmehr wirklich die Absicht und den Willen ha- ben, das Ihrige zu des Schuldners Besten aufzuopfern, mit- hin aus bloßer Freygebigkeit (donandi animo) für ihn inter- cediren, sich jener weiblichen Rechtswohlthat nicht bedienen können. In dem Titel de SCto Vellejano werde ich dieses weiter ausführen. 27) Von dieser Sexus imbecillitas handelt schellhaffer in der angeführten Dissertat. §. VIII. u. ff. sehr gründlich. 28) L. 1. §. 5. D. de postulando. 29) Nov. CXXXIV. cap. 9. H 3
de Statu Hominum. bindlichkeit auf ſich haͤtten 26). b) Heißt auch Schwaͤ-che des weiblichen Geſchlechts eine von der Er- ziehung ſowohl als der dieſem Geſchlecht weſentlichen Be- ſtimmung des Kindergebaͤhrens herruͤhrende Unfaͤhigkeit, maͤnnliche Arbeiten, welche eine ausdauernde Anſtren- gung des Koͤrpers, und oͤffentliche Aemter, welche Ein- ſichten und Gelehrſamkeit erfordern, zu verſehen 27). Ich erwaͤhnte oben der dem weiblichen Charakter eigenen Schamhaftigkeit. Dieſe fuͤhren die Geſetze ſelbſt an mehr als einem Orte als eine Quelle weiblicher Rech- te an. Z. B. wenn der Praͤtor in ſeinem Edict den Frauensperſonen vor Gericht als Fuͤrſprecherin zu er- ſcheinen verbietet, ſo wird zum Grunde dieſes Verbots angegeben, ne, contra pudicitiam ſexui congruentem, alie- nis cauſis ſe immiſceant 28). Eben dieſen Grund der Keuſchheit fuͤhrt auch Juſtinian 29) an, wenn er ver- ordnet, daß keine Weibsperſon zur gefaͤnglichen Haft gebracht, ſondern ſelbige auch in den groͤbſten Verbrechen entweder nur in ein Kloſter geſteckt, oder anderer Wei- ber 26) Dies iſt eine Bemerkung von ſehr wichtigen practiſchen Folgen. Denn hieraus laͤßt ſich erklaͤren, warum die Frauens- perſonen, welche etwas dafuͤr erhalten haben, daß ſie eine fremde Verbindlichkeit uͤbernehmen moͤchten; oder aber bey Uebernehmung fremder Verbindlichkeiten nicht ſowohl Gefahr laufen, als vielmehr wirklich die Abſicht und den Willen ha- ben, das Ihrige zu des Schuldners Beſten aufzuopfern, mit- hin aus bloßer Freygebigkeit (donandi animo) fuͤr ihn inter- cediren, ſich jener weiblichen Rechtswohlthat nicht bedienen koͤnnen. In dem Titel de SCto Vellejano werde ich dieſes weiter ausfuͤhren. 27) Von dieſer Sexus imbecillitas handelt schellhaffer in der angefuͤhrten Diſſertat. §. VIII. u. ff. ſehr gruͤndlich. 28) L. 1. §. 5. D. de poſtulando. 29) Nov. CXXXIV. cap. 9. H 3
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ſtimmung des Kindergebaͤhrens herruͤhrende Unfaͤhigkeit,
maͤnnliche Arbeiten, welche eine ausdauernde Anſtren-
gung des Koͤrpers, und oͤffentliche Aemter, welche Ein-
ſichten und Gelehrſamkeit erfordern, zu verſehen 27). Ich
erwaͤhnte oben der dem weiblichen Charakter eigenen
Schamhaftigkeit. Dieſe fuͤhren die Geſetze ſelbſt
an mehr als einem Orte als eine Quelle weiblicher Rech-
te an. Z. B. wenn der Praͤtor in ſeinem Edict den
Frauensperſonen vor Gericht als Fuͤrſprecherin zu er-
ſcheinen verbietet, ſo wird zum Grunde dieſes Verbots
angegeben, ne, contra pudicitiam ſexui congruentem, alie-
nis cauſis ſe immiſceant 28). Eben dieſen Grund der
Keuſchheit fuͤhrt auch Juſtinian 29) an, wenn er ver-
ordnet, daß keine Weibsperſon zur gefaͤnglichen Haft
gebracht, ſondern ſelbige auch in den groͤbſten Verbrechen
entweder nur in ein Kloſter geſteckt, oder anderer Wei-
ber
26) Dies iſt eine Bemerkung von ſehr wichtigen practiſchen
Folgen. Denn hieraus laͤßt ſich erklaͤren, warum die Frauens-
perſonen, welche etwas dafuͤr erhalten haben, daß ſie eine
fremde Verbindlichkeit uͤbernehmen moͤchten; oder aber bey
Uebernehmung fremder Verbindlichkeiten nicht ſowohl Gefahr
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ben, das Ihrige zu des Schuldners Beſten aufzuopfern, mit-
hin aus bloßer Freygebigkeit (donandi animo) fuͤr ihn inter-
cediren, ſich jener weiblichen Rechtswohlthat nicht bedienen
koͤnnen. In dem Titel de SCto Vellejano werde ich dieſes
weiter ausfuͤhren.
27) Von dieſer Sexus imbecillitas handelt schellhaffer in der
angefuͤhrten Diſſertat. §. VIII. u. ff. ſehr gruͤndlich.
28) L. 1. §. 5. D. de poſtulando.
29) Nov. CXXXIV. cap. 9.
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