Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure. nommenen Glaubenslehren entstehet. Diese Art kirchli-cher Religionshandlungen wird mit dem Nahmen der äusserlichen willkührlichen Religionshand- lungen bezeichnet. Zu diesen rechne ich z. B. das An- zünden der Lichter bey der Verwaltung des heiligen Abend- mahls, und das Absingen der Einsetzungsworte vor dem Altar, deßgleichen die Beichte, und andere bekannte geist- liche Cerimonien mehr, die zwar aus guten Absichten von der Kirche eingeführt worden sind, von welchen aber doch die heilige Schrift nichts enthält. Man nennt solche willkührliche Religionshandlungen Adiaphora, und diese sind der Disposition der Kirchengewalt allerdings unter- worfen. Vermöge derselben können daher mancherley Verfügungen und Abänderungen getroffen werden, je nachdem es zur Erreichung des Zwecks der Kirche nö- thig oder nützlich ist. Der Regent im Staat hingegen kann als Regent hierinn nichts ändern. Er hat zwar die Aufsicht über alle kirchliche Anstalten, in sofern sie einen Einflus haben in die Wohlfarth des Staats; al- lein ob die Kirche ihren Endzweck erreicht, oder ver- fehlt, gehet ihm als Regenten nichts an 21). Es giebt nun auch gemischte Kirchenhand- aber 21) Man vergleiche hierbey des Herrn Prof. D. Carl
Wilh. Roberts Abhandl. über das Recht evange- lischer Landesherrn, die Liturgie abzuän- dern. In Desselben Beyträgen zu der natürl. und po- sitiven Rechtsgelahrtheit. Marburg 1789. 8. de Iuſtitia et Iure. nommenen Glaubenslehren entſtehet. Dieſe Art kirchli-cher Religionshandlungen wird mit dem Nahmen der aͤuſſerlichen willkuͤhrlichen Religionshand- lungen bezeichnet. Zu dieſen rechne ich z. B. das An- zuͤnden der Lichter bey der Verwaltung des heiligen Abend- mahls, und das Abſingen der Einſetzungsworte vor dem Altar, deßgleichen die Beichte, und andere bekannte geiſt- liche Cerimonien mehr, die zwar aus guten Abſichten von der Kirche eingefuͤhrt worden ſind, von welchen aber doch die heilige Schrift nichts enthaͤlt. Man nennt ſolche willkuͤhrliche Religionshandlungen Adiaphora, und dieſe ſind der Diſpoſition der Kirchengewalt allerdings unter- worfen. Vermoͤge derſelben koͤnnen daher mancherley Verfuͤgungen und Abaͤnderungen getroffen werden, je nachdem es zur Erreichung des Zwecks der Kirche noͤ- thig oder nuͤtzlich iſt. Der Regent im Staat hingegen kann als Regent hierinn nichts aͤndern. Er hat zwar die Aufſicht uͤber alle kirchliche Anſtalten, in ſofern ſie einen Einflus haben in die Wohlfarth des Staats; al- lein ob die Kirche ihren Endzweck erreicht, oder ver- fehlt, gehet ihm als Regenten nichts an 21). Es giebt nun auch gemiſchte Kirchenhand- aber 21) Man vergleiche hierbey des Herrn Prof. D. Carl
Wilh. Roberts Abhandl. uͤber das Recht evange- liſcher Landesherrn, die Liturgie abzuaͤn- dern. In Deſſelben Beytraͤgen zu der natuͤrl. und po- ſitiven Rechtsgelahrtheit. Marburg 1789. 8. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0099" n="79"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Iuſtitia et Iure.</hi></fw><lb/> nommenen Glaubenslehren entſtehet. Dieſe Art kirchli-<lb/> cher Religionshandlungen wird mit dem Nahmen der<lb/><hi rendition="#g">aͤuſſerlichen willkuͤhrlichen Religionshand</hi>-<lb/> lungen bezeichnet. Zu dieſen rechne ich z. B. das An-<lb/> zuͤnden der Lichter bey der Verwaltung des heiligen Abend-<lb/> mahls, und das Abſingen der Einſetzungsworte vor dem<lb/> Altar, deßgleichen die Beichte, und andere bekannte geiſt-<lb/> liche Cerimonien mehr, die zwar aus guten Abſichten von<lb/> der Kirche eingefuͤhrt worden ſind, von welchen aber doch<lb/> die heilige Schrift nichts enthaͤlt. Man nennt ſolche<lb/> willkuͤhrliche Religionshandlungen <hi rendition="#aq">Adiaphora,</hi> und dieſe<lb/> ſind der Diſpoſition der Kirchengewalt allerdings unter-<lb/> worfen. Vermoͤge derſelben koͤnnen daher mancherley<lb/> Verfuͤgungen und Abaͤnderungen getroffen werden, je<lb/> nachdem es zur Erreichung des Zwecks der Kirche noͤ-<lb/> thig oder nuͤtzlich iſt. Der Regent im Staat hingegen<lb/> kann als Regent hierinn nichts aͤndern. Er hat zwar<lb/> die Aufſicht uͤber alle kirchliche Anſtalten, in ſofern ſie<lb/> einen Einflus haben in die Wohlfarth des Staats; al-<lb/> lein ob die Kirche ihren Endzweck erreicht, oder ver-<lb/> fehlt, gehet ihm als Regenten nichts an <note place="foot" n="21)">Man vergleiche hierbey des Herrn Prof. D. Carl<lb/> Wilh. Roberts Abhandl. <hi rendition="#g">uͤber das Recht evange-<lb/> liſcher Landesherrn, die Liturgie abzuaͤn-<lb/> dern</hi>. In <hi rendition="#fr">Deſſelben</hi> Beytraͤgen zu der natuͤrl. und po-<lb/> ſitiven <hi rendition="#fr">Rechtsgelahrtheit</hi>. Marburg 1789. 8.</note>.</p><lb/> <p>Es giebt nun auch <hi rendition="#g">gemiſchte Kirchenhand-<lb/> lungen</hi>, die zwar auch Gottesverehrung zum Zweck<lb/> haben, aber doch auch zugleich rechtliche Wirkungen im<lb/> Staat aͤuſſern, Vorrechte darinn geben oder nehmen,<lb/> und Verbindlichkeiten darinn feſtſetzen oder aufheben.<lb/> Dahin gehoͤrt die <hi rendition="#fr">Taufe</hi>, welche in ihrem Endzweck<lb/> Gottesverehrung iſt, in ihrer Wirkung auf den Staat<lb/> <fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0099]
de Iuſtitia et Iure.
nommenen Glaubenslehren entſtehet. Dieſe Art kirchli-
cher Religionshandlungen wird mit dem Nahmen der
aͤuſſerlichen willkuͤhrlichen Religionshand-
lungen bezeichnet. Zu dieſen rechne ich z. B. das An-
zuͤnden der Lichter bey der Verwaltung des heiligen Abend-
mahls, und das Abſingen der Einſetzungsworte vor dem
Altar, deßgleichen die Beichte, und andere bekannte geiſt-
liche Cerimonien mehr, die zwar aus guten Abſichten von
der Kirche eingefuͤhrt worden ſind, von welchen aber doch
die heilige Schrift nichts enthaͤlt. Man nennt ſolche
willkuͤhrliche Religionshandlungen Adiaphora, und dieſe
ſind der Diſpoſition der Kirchengewalt allerdings unter-
worfen. Vermoͤge derſelben koͤnnen daher mancherley
Verfuͤgungen und Abaͤnderungen getroffen werden, je
nachdem es zur Erreichung des Zwecks der Kirche noͤ-
thig oder nuͤtzlich iſt. Der Regent im Staat hingegen
kann als Regent hierinn nichts aͤndern. Er hat zwar
die Aufſicht uͤber alle kirchliche Anſtalten, in ſofern ſie
einen Einflus haben in die Wohlfarth des Staats; al-
lein ob die Kirche ihren Endzweck erreicht, oder ver-
fehlt, gehet ihm als Regenten nichts an 21).
Es giebt nun auch gemiſchte Kirchenhand-
lungen, die zwar auch Gottesverehrung zum Zweck
haben, aber doch auch zugleich rechtliche Wirkungen im
Staat aͤuſſern, Vorrechte darinn geben oder nehmen,
und Verbindlichkeiten darinn feſtſetzen oder aufheben.
Dahin gehoͤrt die Taufe, welche in ihrem Endzweck
Gottesverehrung iſt, in ihrer Wirkung auf den Staat
aber
21) Man vergleiche hierbey des Herrn Prof. D. Carl
Wilh. Roberts Abhandl. uͤber das Recht evange-
liſcher Landesherrn, die Liturgie abzuaͤn-
dern. In Deſſelben Beytraͤgen zu der natuͤrl. und po-
ſitiven Rechtsgelahrtheit. Marburg 1789. 8.
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