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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 4. Tit.
stillschweigende Bedingung in einem jedem Rescript an-
nimmt. Alle Rescripte sind also unter der Clausel zu
verstehen: wenn die Sache sich wirklich so ver-
hält, als sie dem Landesherrn vorgestellet
worden ist;
sie mag nun in dem Rescript ausdrücklich
enthalten seyn oder nicht. Befindet sich die Sache anders,
als dem Landesherrn von dem Impetranten vorgestellet wor-
den ist, so wird das auf eine solche Art erhaltene Rescript ein
heimlich erschlichenes genennt. Hierwieder kann
sich Impetrat, dem es zum Nachtheil gereicht, mit einer
Einrede schützen, die nach dem Unterschiede der Fälle
bald exceptio subreptionis, bald exceptio obreptionis heißt.
Ist nehmlich das Rescript durch Anführung falscher facti-
scher Umstände erschlichen worden, so stehet demselben
die Einrede der Subreption entgegen; ist es aber
durch Verschweigung wahrer, zur Sache gehöriger Um-
stände veranlasset worden, so findet dagegen die Ein-
rede der Obreption
statt 89). Einige nennen auch
beyde zusammen exceptionem mendacii. Ueber die Frage,
ob zwischen den gedachten Exceptionen ein wahrer Un-
terschied anzunehmen sey, stimmen die Meinungen der
Rechtsgelehrten nicht mit einander überein. Einige ver-
werfen allen Unterschied, weil in den Gesetzen Sub- und
Obreption für gleichbedeutend genommen würden 90).

Andere
89) Dies sind die gewöhnlichen Begriffe, die auch unser Autor
für richtig hält, und welche in dem cap. 20. X. de rescript.
ihren Grund haben. Andere erklären jedoch die Sache gerade
umgekehrt. S. Io. Volckm. bechmann Diss. de sub- et ob-
reptione Cap. I.
Ueberhaupt sind die ältern Rechtslehrer zum
Theil sehr unbestimmt hierüber.
90) mascardus de probationibus Vol. III. Conclus. 1123.
p.
6. u. ff. P. friderus de Processibus Lib. I. c. XV. §. 3.
Huld.

1. Buch. 4. Tit.
ſtillſchweigende Bedingung in einem jedem Reſcript an-
nimmt. Alle Reſcripte ſind alſo unter der Clauſel zu
verſtehen: wenn die Sache ſich wirklich ſo ver-
haͤlt, als ſie dem Landesherrn vorgeſtellet
worden iſt;
ſie mag nun in dem Reſcript ausdruͤcklich
enthalten ſeyn oder nicht. Befindet ſich die Sache anders,
als dem Landesherrn von dem Impetranten vorgeſtellet wor-
den iſt, ſo wird das auf eine ſolche Art erhaltene Reſcript ein
heimlich erſchlichenes genennt. Hierwieder kann
ſich Impetrat, dem es zum Nachtheil gereicht, mit einer
Einrede ſchuͤtzen, die nach dem Unterſchiede der Faͤlle
bald exceptio ſubreptionis, bald exceptio obreptionis heißt.
Iſt nehmlich das Reſcript durch Anfuͤhrung falſcher facti-
ſcher Umſtaͤnde erſchlichen worden, ſo ſtehet demſelben
die Einrede der Subreption entgegen; iſt es aber
durch Verſchweigung wahrer, zur Sache gehoͤriger Um-
ſtaͤnde veranlaſſet worden, ſo findet dagegen die Ein-
rede der Obreption
ſtatt 89). Einige nennen auch
beyde zuſammen exceptionem mendacii. Ueber die Frage,
ob zwiſchen den gedachten Exceptionen ein wahrer Un-
terſchied anzunehmen ſey, ſtimmen die Meinungen der
Rechtsgelehrten nicht mit einander uͤberein. Einige ver-
werfen allen Unterſchied, weil in den Geſetzen Sub- und
Obreption fuͤr gleichbedeutend genommen wuͤrden 90).

Andere
89) Dies ſind die gewoͤhnlichen Begriffe, die auch unſer Autor
fuͤr richtig haͤlt, und welche in dem cap. 20. X. de reſcript.
ihren Grund haben. Andere erklaͤren jedoch die Sache gerade
umgekehrt. S. Io. Volckm. bechmann Diſſ. de ſub- et ob-
reptione Cap. I.
Ueberhaupt ſind die aͤltern Rechtslehrer zum
Theil ſehr unbeſtimmt hieruͤber.
90) mascardus de probationibus Vol. III. Concluſ. 1123.
p.
6. u. ff. P. friderus de Proceſſibus Lib. I. c. XV. §. 3.
Huld.
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[526/0546] 1. Buch. 4. Tit. ſtillſchweigende Bedingung in einem jedem Reſcript an- nimmt. Alle Reſcripte ſind alſo unter der Clauſel zu verſtehen: wenn die Sache ſich wirklich ſo ver- haͤlt, als ſie dem Landesherrn vorgeſtellet worden iſt; ſie mag nun in dem Reſcript ausdruͤcklich enthalten ſeyn oder nicht. Befindet ſich die Sache anders, als dem Landesherrn von dem Impetranten vorgeſtellet wor- den iſt, ſo wird das auf eine ſolche Art erhaltene Reſcript ein heimlich erſchlichenes genennt. Hierwieder kann ſich Impetrat, dem es zum Nachtheil gereicht, mit einer Einrede ſchuͤtzen, die nach dem Unterſchiede der Faͤlle bald exceptio ſubreptionis, bald exceptio obreptionis heißt. Iſt nehmlich das Reſcript durch Anfuͤhrung falſcher facti- ſcher Umſtaͤnde erſchlichen worden, ſo ſtehet demſelben die Einrede der Subreption entgegen; iſt es aber durch Verſchweigung wahrer, zur Sache gehoͤriger Um- ſtaͤnde veranlaſſet worden, ſo findet dagegen die Ein- rede der Obreption ſtatt 89). Einige nennen auch beyde zuſammen exceptionem mendacii. Ueber die Frage, ob zwiſchen den gedachten Exceptionen ein wahrer Un- terſchied anzunehmen ſey, ſtimmen die Meinungen der Rechtsgelehrten nicht mit einander uͤberein. Einige ver- werfen allen Unterſchied, weil in den Geſetzen Sub- und Obreption fuͤr gleichbedeutend genommen wuͤrden 90). Andere 89) Dies ſind die gewoͤhnlichen Begriffe, die auch unſer Autor fuͤr richtig haͤlt, und welche in dem cap. 20. X. de reſcript. ihren Grund haben. Andere erklaͤren jedoch die Sache gerade umgekehrt. S. Io. Volckm. bechmann Diſſ. de ſub- et ob- reptione Cap. I. Ueberhaupt ſind die aͤltern Rechtslehrer zum Theil ſehr unbeſtimmt hieruͤber. 90) mascardus de probationibus Vol. III. Concluſ. 1123. p. 6. u. ff. P. friderus de Proceſſibus Lib. I. c. XV. §. 3. Huld.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/546>, abgerufen am 22.07.2024.