Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 3. Tit. nehmlich erfordert, daß diejenigen Handlungen und Fälleselbst umständlich angegeben werden, wodurch die streitige Gewohnheit soll eingeführt worden seyn 23). Es muß al- so bewiesen werden, daß man schon vorhin beständig und unabgeändert in solchen Fällen eben so zu Werke gegan- gen sey, als in dem jetzigen streitigen Falle nach der be- haupteten Gewohnheit wieder geschehen soll. Wie viele Fälle nun zum vollständigen Beweise der streitigen Gewohnheit anzuführen sind, und ob schon zwey dersel- ben für hinlänglich zu achten, muß billig dem Ermessen des Richters überlassen werden 24). Rathsam aber ist es immer, wenn der Beweißführer so viele Fälle beybringt, als es ihm nur immer möglich gewesen, ausfindig zu ma- chen. Unstreitig werden auch zum Beweiß einer solchen Gewohnheit, die den geschriebenen Gesetzen entgegen ist, mehrere einzelne Handlungen erforderlich seyn, als wenn die ders Matth. colerus de processibus executivis P. I. Cap. III. n. 34. u. folgg. nachgesehen zu werden. Man vergleiche auch hierbey das Beyspiel eines solchen articulirten Beweises beym Pütter a. a. O. 23) Man sehe das Präjudiz beym wernher sel. Obs. forens. P. IV. Obs. CX. n. 4. u. folgg. S. 240. 24) S. Kemmerich a. a. O. §. IV. am Ende, auch Stru-
ben in rechtlichen Bedenken. 1. Th. Bed. 130. S. 309. Die meisten Rechtsgelehrten glauben indeß, daß zwey vorgefallene Actus zum Beweise einer Gewohnheit zureichten. gail. Lib. II. Obs. 31. mynsinger Centur. VI. Obs. 41. n. 7. carpzoy P. II. Const. 3. def. 22. n. 7. perez Commentar. in Codic. tit. quae sit longa consuet. n. 5. de berger Oecon. iuris Lib. I. Tit. I. §. 19. Allein I. H. boehmer in Iur. Eccl. Protest. T. I. Lib. I. Tit. 4. §. 42. will dieses nur unter der Enschränkung zulassen: si actus duo illustres et notabi- les probati fuerint, ita ut exinde fides iudici fieri possit, tale ius non scriptum extare. 1. Buch. 3. Tit. nehmlich erfordert, daß diejenigen Handlungen und Faͤlleſelbſt umſtaͤndlich angegeben werden, wodurch die ſtreitige Gewohnheit ſoll eingefuͤhrt worden ſeyn 23). Es muß al- ſo bewieſen werden, daß man ſchon vorhin beſtaͤndig und unabgeaͤndert in ſolchen Faͤllen eben ſo zu Werke gegan- gen ſey, als in dem jetzigen ſtreitigen Falle nach der be- haupteten Gewohnheit wieder geſchehen ſoll. Wie viele Faͤlle nun zum vollſtaͤndigen Beweiſe der ſtreitigen Gewohnheit anzufuͤhren ſind, und ob ſchon zwey derſel- ben fuͤr hinlaͤnglich zu achten, muß billig dem Ermeſſen des Richters uͤberlaſſen werden 24). Rathſam aber iſt es immer, wenn der Beweißfuͤhrer ſo viele Faͤlle beybringt, als es ihm nur immer moͤglich geweſen, ausfindig zu ma- chen. Unſtreitig werden auch zum Beweiß einer ſolchen Gewohnheit, die den geſchriebenen Geſetzen entgegen iſt, mehrere einzelne Handlungen erforderlich ſeyn, als wenn die ders Matth. colerus de proceſſibus executivis P. I. Cap. III. n. 34. u. folgg. nachgeſehen zu werden. Man vergleiche auch hierbey das Beyſpiel eines ſolchen articulirten Beweiſes beym Puͤtter a. a. O. 23) Man ſehe das Praͤjudiz beym wernher ſel. Obſ. forens. P. IV. Obſ. CX. n. 4. u. folgg. S. 240. 24) S. Kemmerich a. a. O. §. IV. am Ende, auch Stru-
ben in rechtlichen Bedenken. 1. Th. Bed. 130. S. 309. Die meiſten Rechtsgelehrten glauben indeß, daß zwey vorgefallene Actus zum Beweiſe einer Gewohnheit zureichten. gail. Lib. II. Obſ. 31. mynsinger Centur. VI. Obſ. 41. n. 7. carpzoy P. II. Conſt. 3. def. 22. n. 7. perez Commentar. in Codic. tit. quae ſit longa conſuet. n. 5. de berger Oecon. iuris Lib. I. Tit. I. §. 19. Allein I. H. boehmer in Iur. Eccl. Proteſt. T. I. Lib. I. Tit. 4. §. 42. will dieſes nur unter der Enſchraͤnkung zulaſſen: ſi actus duo illustres et notabi- les probati fuerint, ita ut exinde fides iudici fieri poſſit, tale ius non ſcriptum extare. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0486" n="466"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 3. Tit.</hi></fw><lb/> nehmlich erfordert, daß diejenigen Handlungen und Faͤlle<lb/> ſelbſt umſtaͤndlich angegeben werden, wodurch die ſtreitige<lb/> Gewohnheit ſoll eingefuͤhrt worden ſeyn <note place="foot" n="23)">Man ſehe das Praͤjudiz beym <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">wernher</hi> ſel. Obſ. forens.<lb/> P. IV. Obſ. CX. n.</hi> 4. u. folgg. S. 240.</note>. Es muß al-<lb/> ſo bewieſen werden, daß man ſchon vorhin beſtaͤndig und<lb/> unabgeaͤndert in ſolchen Faͤllen eben ſo zu Werke gegan-<lb/> gen ſey, als in dem jetzigen ſtreitigen Falle nach der be-<lb/> haupteten Gewohnheit wieder geſchehen ſoll. Wie viele<lb/> Faͤlle nun zum vollſtaͤndigen Beweiſe der ſtreitigen<lb/> Gewohnheit anzufuͤhren ſind, und ob ſchon zwey derſel-<lb/> ben fuͤr hinlaͤnglich zu achten, muß billig dem Ermeſſen<lb/> des Richters uͤberlaſſen werden <note place="foot" n="24)">S. <hi rendition="#g">Kemmerich</hi> a. a. O. §. <hi rendition="#aq">IV.</hi> am Ende, auch <hi rendition="#g">Stru-<lb/> ben</hi> in rechtlichen Bedenken. 1. Th. Bed. 130. S. 309. Die<lb/> meiſten Rechtsgelehrten glauben indeß, daß zwey vorgefallene<lb/><hi rendition="#aq">Actus</hi> zum Beweiſe einer Gewohnheit zureichten. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">gail</hi>.<lb/> Lib. II. Obſ. 31. <hi rendition="#k">mynsinger</hi> Centur. VI. Obſ. 41. n. 7.<lb/><hi rendition="#k">carpzoy</hi> P. II. Conſt. 3. def. 22. n. 7. <hi rendition="#k">perez</hi> Commentar.<lb/> in Codic. tit. quae ſit longa conſuet. n. 5. <hi rendition="#i">de</hi> <hi rendition="#k">berger</hi> Oecon.<lb/> iuris Lib. I. Tit. I.</hi> §. 19. Allein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">I. H.</hi><hi rendition="#k">boehmer</hi> in Iur. Eccl.<lb/> Proteſt. T. I. Lib. I. Tit.</hi> 4. §. 42. will dieſes nur unter der<lb/> Enſchraͤnkung zulaſſen: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ſi actus duo</hi><hi rendition="#k">illustres</hi><hi rendition="#i">et</hi><hi rendition="#k">notabi-<lb/> les</hi><hi rendition="#i">probati fuerint, ita ut exinde fides iudici fieri poſſit, tale<lb/> ius non ſcriptum extare.</hi></hi></note>. Rathſam aber iſt es<lb/> immer, wenn der Beweißfuͤhrer ſo viele Faͤlle beybringt,<lb/> als es ihm nur immer moͤglich geweſen, ausfindig zu ma-<lb/> chen. Unſtreitig werden auch zum Beweiß einer ſolchen<lb/> Gewohnheit, die den geſchriebenen Geſetzen entgegen iſt,<lb/> mehrere einzelne Handlungen erforderlich ſeyn, als wenn<lb/> <fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_76_2" prev="#seg2pn_76_1" place="foot" n="22)">ders <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Matth.</hi><hi rendition="#k">colerus</hi> de proceſſibus executivis P. I. Cap. III.<lb/> n.</hi> 34. u. folgg. nachgeſehen zu werden. Man vergleiche auch<lb/> hierbey das Beyſpiel eines ſolchen articulirten Beweiſes beym<lb/><hi rendition="#g">Puͤtter</hi> a. a. O.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [466/0486]
1. Buch. 3. Tit.
nehmlich erfordert, daß diejenigen Handlungen und Faͤlle
ſelbſt umſtaͤndlich angegeben werden, wodurch die ſtreitige
Gewohnheit ſoll eingefuͤhrt worden ſeyn 23). Es muß al-
ſo bewieſen werden, daß man ſchon vorhin beſtaͤndig und
unabgeaͤndert in ſolchen Faͤllen eben ſo zu Werke gegan-
gen ſey, als in dem jetzigen ſtreitigen Falle nach der be-
haupteten Gewohnheit wieder geſchehen ſoll. Wie viele
Faͤlle nun zum vollſtaͤndigen Beweiſe der ſtreitigen
Gewohnheit anzufuͤhren ſind, und ob ſchon zwey derſel-
ben fuͤr hinlaͤnglich zu achten, muß billig dem Ermeſſen
des Richters uͤberlaſſen werden 24). Rathſam aber iſt es
immer, wenn der Beweißfuͤhrer ſo viele Faͤlle beybringt,
als es ihm nur immer moͤglich geweſen, ausfindig zu ma-
chen. Unſtreitig werden auch zum Beweiß einer ſolchen
Gewohnheit, die den geſchriebenen Geſetzen entgegen iſt,
mehrere einzelne Handlungen erforderlich ſeyn, als wenn
die
22)
23) Man ſehe das Praͤjudiz beym wernher ſel. Obſ. forens.
P. IV. Obſ. CX. n. 4. u. folgg. S. 240.
24) S. Kemmerich a. a. O. §. IV. am Ende, auch Stru-
ben in rechtlichen Bedenken. 1. Th. Bed. 130. S. 309. Die
meiſten Rechtsgelehrten glauben indeß, daß zwey vorgefallene
Actus zum Beweiſe einer Gewohnheit zureichten. gail.
Lib. II. Obſ. 31. mynsinger Centur. VI. Obſ. 41. n. 7.
carpzoy P. II. Conſt. 3. def. 22. n. 7. perez Commentar.
in Codic. tit. quae ſit longa conſuet. n. 5. de berger Oecon.
iuris Lib. I. Tit. I. §. 19. Allein I. H. boehmer in Iur. Eccl.
Proteſt. T. I. Lib. I. Tit. 4. §. 42. will dieſes nur unter der
Enſchraͤnkung zulaſſen: ſi actus duo illustres et notabi-
les probati fuerint, ita ut exinde fides iudici fieri poſſit, tale
ius non ſcriptum extare.
22) ders Matth. colerus de proceſſibus executivis P. I. Cap. III.
n. 34. u. folgg. nachgeſehen zu werden. Man vergleiche auch
hierbey das Beyſpiel eines ſolchen articulirten Beweiſes beym
Puͤtter a. a. O.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |