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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 3. Tit.
nesweges der Wille desselben, dieser Gewohnheit die Kraft
eines Gesetzes zu ertheilen, gefolgert werden könne;
sondern es wird vielmehr dazu erfordert, daß die Hand-
lungen und das Bezeigen des Regenten so beschaffen
seyen, daß daraus mit Gewißheit auf seine Einwilligung
geschlossen werden könne. Dieses aber kann nur alsdann
mit Grunde geschehen, wenn erwiesen ist, daß der Gesetz-
geber eine gewisse Notiz von derienigen Gewohnheit ge-
habt, von deren verbindenden Kraft die Rede ist, und
dennoch denen nach derselben bisher und schon seit langer
Zeit unternommenen Handlungen seiner Unterthanen nie-
mahlen wiedersprochen, sondern vielmehr dieselben ein-
oder wohl mehrmahlen selbst bestättiget habe. Denn da
ein Regent in seinem Staat nichts geschehen lassen darf,
was dem gemeinen Besten nachtheilig ist, mithin denen
Unterthanen ihr bisheriges Verfahren nothwendig hätte
untersagen müssen, wenn er nicht gewollt, daß daraus
eine Gewohnheit entstehen sollte, so kann man allerdings
in einem solchen Falle, wenn kein Widerspruch erfolgt,
auf die Zufriedenheit, und den stillschweigenden Willen
des Gesetzgebers schließen. Wenn im Gegentheil die Ge-
nehmigung vom Gesetzgeber auf die Art geschehen, daß
derselbe durch eine ausdrückliche Verordnung über die in
seinem Lande übliche Gewohnheiten zu halten befohlen
hätte, so ist in einem solchen Falle nicht nöthig, daß
der Gesetzgeber iede einzelne Gewohnheit, und die Hand-
lungen, wodurch dieselbe eingeführt worden, müsse ge-
wußt haben 64); nein, es ist genug, daß einmahl die
generelle Bestättigung geschehen; es wäre denn, daß von
solchen Gewohnheiten die Rede sey, welche geschriebenen
Gesetzen gerade entgegen gehen; Gewohnheiten dieser Art
müssen durchaus in specie vom Landesherrn gebilliget

seyn;
64) cap. 1. de constitut. in 6to.

1. Buch. 3. Tit.
nesweges der Wille deſſelben, dieſer Gewohnheit die Kraft
eines Geſetzes zu ertheilen, gefolgert werden koͤnne;
ſondern es wird vielmehr dazu erfordert, daß die Hand-
lungen und das Bezeigen des Regenten ſo beſchaffen
ſeyen, daß daraus mit Gewißheit auf ſeine Einwilligung
geſchloſſen werden koͤnne. Dieſes aber kann nur alsdann
mit Grunde geſchehen, wenn erwieſen iſt, daß der Geſetz-
geber eine gewiſſe Notiz von derienigen Gewohnheit ge-
habt, von deren verbindenden Kraft die Rede iſt, und
dennoch denen nach derſelben bisher und ſchon ſeit langer
Zeit unternommenen Handlungen ſeiner Unterthanen nie-
mahlen wiederſprochen, ſondern vielmehr dieſelben ein-
oder wohl mehrmahlen ſelbſt beſtaͤttiget habe. Denn da
ein Regent in ſeinem Staat nichts geſchehen laſſen darf,
was dem gemeinen Beſten nachtheilig iſt, mithin denen
Unterthanen ihr bisheriges Verfahren nothwendig haͤtte
unterſagen muͤſſen, wenn er nicht gewollt, daß daraus
eine Gewohnheit entſtehen ſollte, ſo kann man allerdings
in einem ſolchen Falle, wenn kein Widerſpruch erfolgt,
auf die Zufriedenheit, und den ſtillſchweigenden Willen
des Geſetzgebers ſchließen. Wenn im Gegentheil die Ge-
nehmigung vom Geſetzgeber auf die Art geſchehen, daß
derſelbe durch eine ausdruͤckliche Verordnung uͤber die in
ſeinem Lande uͤbliche Gewohnheiten zu halten befohlen
haͤtte, ſo iſt in einem ſolchen Falle nicht noͤthig, daß
der Geſetzgeber iede einzelne Gewohnheit, und die Hand-
lungen, wodurch dieſelbe eingefuͤhrt worden, muͤſſe ge-
wußt haben 64); nein, es iſt genug, daß einmahl die
generelle Beſtaͤttigung geſchehen; es waͤre denn, daß von
ſolchen Gewohnheiten die Rede ſey, welche geſchriebenen
Geſetzen gerade entgegen gehen; Gewohnheiten dieſer Art
muͤſſen durchaus in ſpecie vom Landesherrn gebilliget

ſeyn;
64) cap. 1. de conſtitut. in 6to.
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[440/0460] 1. Buch. 3. Tit. nesweges der Wille deſſelben, dieſer Gewohnheit die Kraft eines Geſetzes zu ertheilen, gefolgert werden koͤnne; ſondern es wird vielmehr dazu erfordert, daß die Hand- lungen und das Bezeigen des Regenten ſo beſchaffen ſeyen, daß daraus mit Gewißheit auf ſeine Einwilligung geſchloſſen werden koͤnne. Dieſes aber kann nur alsdann mit Grunde geſchehen, wenn erwieſen iſt, daß der Geſetz- geber eine gewiſſe Notiz von derienigen Gewohnheit ge- habt, von deren verbindenden Kraft die Rede iſt, und dennoch denen nach derſelben bisher und ſchon ſeit langer Zeit unternommenen Handlungen ſeiner Unterthanen nie- mahlen wiederſprochen, ſondern vielmehr dieſelben ein- oder wohl mehrmahlen ſelbſt beſtaͤttiget habe. Denn da ein Regent in ſeinem Staat nichts geſchehen laſſen darf, was dem gemeinen Beſten nachtheilig iſt, mithin denen Unterthanen ihr bisheriges Verfahren nothwendig haͤtte unterſagen muͤſſen, wenn er nicht gewollt, daß daraus eine Gewohnheit entſtehen ſollte, ſo kann man allerdings in einem ſolchen Falle, wenn kein Widerſpruch erfolgt, auf die Zufriedenheit, und den ſtillſchweigenden Willen des Geſetzgebers ſchließen. Wenn im Gegentheil die Ge- nehmigung vom Geſetzgeber auf die Art geſchehen, daß derſelbe durch eine ausdruͤckliche Verordnung uͤber die in ſeinem Lande uͤbliche Gewohnheiten zu halten befohlen haͤtte, ſo iſt in einem ſolchen Falle nicht noͤthig, daß der Geſetzgeber iede einzelne Gewohnheit, und die Hand- lungen, wodurch dieſelbe eingefuͤhrt worden, muͤſſe ge- wußt haben 64); nein, es iſt genug, daß einmahl die generelle Beſtaͤttigung geſchehen; es waͤre denn, daß von ſolchen Gewohnheiten die Rede ſey, welche geſchriebenen Geſetzen gerade entgegen gehen; Gewohnheiten dieſer Art muͤſſen durchaus in ſpecie vom Landesherrn gebilliget ſeyn; 64) cap. 1. de conſtitut. in 6to.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/460>, abgerufen am 28.11.2024.