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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 2. Tit.
und überdies K. Justinian jene ältere Rechtsbücher
cassirt, ja deren Gebrauch in denen Gerichten ver-
boten hat 14). Allein deßwegen dürfen wir sie kei-
nesweges verachten, noch die Bemühungen jener grosen
Rechtsgelehrten für vergeblich halten, die sich um die
Wiederherstellung derselben verdient gemacht haben; weil
sie zum gründlichen Studium des römischen Rechts in
mehr als einer Rücksicht unentbehrlich sind. Denn ein-
mahl lernt man aus ienen Fragmenten das alte römische
Recht kennen, welches Justinian aufgehoben, und öf-
ters nur mit kurzen Worten erwähnet hat; nun wird
man sich keinen deutlichen und vollkommenen Begrif vom
nenern römischen Recht machen können, wenn man sich
nicht erst vorhero mit dem ältern Rechte gehörig be-
kannt gemacht hat. Ja man wird es oft gewahr wer-
den, daß Justinian durch Aufhebung des vor seinen
Zeiten üblich gewesenen Rechts, so durch die ältern röm.
Kaiser eingeführet worden, zuweilen das weit ältere Recht,
welches zur Zeit der freyen Republic gegolten, wieder
hergestellet habe, wie solches aus dem Titel des Codex
de caducis tollendis und mehreren anderen Materien zu er-
sehen ist. Sodann lassen sich die aus den Schriften
der römischen Juristen zusammengetragene Pandecten
des Justinians ohne jene ältere Quellen schlechterdings
nicht verstehen, weil unzählige Stellen in denselben sich
auf iene ältern römischen Gesetze beziehen, und eine Er-
läuterung derselben enthalten. Ferner sind viele Gesetze
sowohl in denen Pandecten als im Codex verstümmelt,
aus ihrem Zusammenhange gerissen, und durch die Com-
pilatoren interpolirt und verändert worden, welche aus
den obenerwähnten Ueberbleibseln des antejust. römischen
Rechts ergänzt und wiederhergestellet werden können.

Denn
14) S. Constitut. iustiniani de confirmat. Digestor. ad
Senatum et omnes populos
§. 19.

1. Buch. 2. Tit.
und uͤberdies K. Juſtinian jene aͤltere Rechtsbuͤcher
caſſirt, ja deren Gebrauch in denen Gerichten ver-
boten hat 14). Allein deßwegen duͤrfen wir ſie kei-
nesweges verachten, noch die Bemuͤhungen jener groſen
Rechtsgelehrten fuͤr vergeblich halten, die ſich um die
Wiederherſtellung derſelben verdient gemacht haben; weil
ſie zum gruͤndlichen Studium des roͤmiſchen Rechts in
mehr als einer Ruͤckſicht unentbehrlich ſind. Denn ein-
mahl lernt man aus ienen Fragmenten das alte roͤmiſche
Recht kennen, welches Juſtinian aufgehoben, und oͤf-
ters nur mit kurzen Worten erwaͤhnet hat; nun wird
man ſich keinen deutlichen und vollkommenen Begrif vom
nenern roͤmiſchen Recht machen koͤnnen, wenn man ſich
nicht erſt vorhero mit dem aͤltern Rechte gehoͤrig be-
kannt gemacht hat. Ja man wird es oft gewahr wer-
den, daß Juſtinian durch Aufhebung des vor ſeinen
Zeiten uͤblich geweſenen Rechts, ſo durch die aͤltern roͤm.
Kaiſer eingefuͤhret worden, zuweilen das weit aͤltere Recht,
welches zur Zeit der freyen Republic gegolten, wieder
hergeſtellet habe, wie ſolches aus dem Titel des Codex
de caducis tollendis und mehreren anderen Materien zu er-
ſehen iſt. Sodann laſſen ſich die aus den Schriften
der roͤmiſchen Juriſten zuſammengetragene Pandecten
des Juſtinians ohne jene aͤltere Quellen ſchlechterdings
nicht verſtehen, weil unzaͤhlige Stellen in denſelben ſich
auf iene aͤltern roͤmiſchen Geſetze beziehen, und eine Er-
laͤuterung derſelben enthalten. Ferner ſind viele Geſetze
ſowohl in denen Pandecten als im Codex verſtuͤmmelt,
aus ihrem Zuſammenhange geriſſen, und durch die Com-
pilatoren interpolirt und veraͤndert worden, welche aus
den obenerwaͤhnten Ueberbleibſeln des antejuſt. roͤmiſchen
Rechts ergaͤnzt und wiederhergeſtellet werden koͤnnen.

Denn
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§. 19.
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[302/0322] 1. Buch. 2. Tit. und uͤberdies K. Juſtinian jene aͤltere Rechtsbuͤcher caſſirt, ja deren Gebrauch in denen Gerichten ver- boten hat 14). Allein deßwegen duͤrfen wir ſie kei- nesweges verachten, noch die Bemuͤhungen jener groſen Rechtsgelehrten fuͤr vergeblich halten, die ſich um die Wiederherſtellung derſelben verdient gemacht haben; weil ſie zum gruͤndlichen Studium des roͤmiſchen Rechts in mehr als einer Ruͤckſicht unentbehrlich ſind. Denn ein- mahl lernt man aus ienen Fragmenten das alte roͤmiſche Recht kennen, welches Juſtinian aufgehoben, und oͤf- ters nur mit kurzen Worten erwaͤhnet hat; nun wird man ſich keinen deutlichen und vollkommenen Begrif vom nenern roͤmiſchen Recht machen koͤnnen, wenn man ſich nicht erſt vorhero mit dem aͤltern Rechte gehoͤrig be- kannt gemacht hat. Ja man wird es oft gewahr wer- den, daß Juſtinian durch Aufhebung des vor ſeinen Zeiten uͤblich geweſenen Rechts, ſo durch die aͤltern roͤm. Kaiſer eingefuͤhret worden, zuweilen das weit aͤltere Recht, welches zur Zeit der freyen Republic gegolten, wieder hergeſtellet habe, wie ſolches aus dem Titel des Codex de caducis tollendis und mehreren anderen Materien zu er- ſehen iſt. Sodann laſſen ſich die aus den Schriften der roͤmiſchen Juriſten zuſammengetragene Pandecten des Juſtinians ohne jene aͤltere Quellen ſchlechterdings nicht verſtehen, weil unzaͤhlige Stellen in denſelben ſich auf iene aͤltern roͤmiſchen Geſetze beziehen, und eine Er- laͤuterung derſelben enthalten. Ferner ſind viele Geſetze ſowohl in denen Pandecten als im Codex verſtuͤmmelt, aus ihrem Zuſammenhange geriſſen, und durch die Com- pilatoren interpolirt und veraͤndert worden, welche aus den obenerwaͤhnten Ueberbleibſeln des antejuſt. roͤmiſchen Rechts ergaͤnzt und wiederhergeſtellet werden koͤnnen. Denn 14) S. Conſtitut. iustiniani de confirmat. Digeſtor. ad Senatum et omnes populos §. 19.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/322>, abgerufen am 28.11.2024.