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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Iustitia et Iure.
angeführte Begrif von der Gerechtigkeit seine Vertheidi-
ger gefunden haben 26), für den Juristen ist er wenigstens
nicht brauchbar, dessen Zweck nur Handhabung der
äusserlichen Gerechtigkeit ist 27). Die eigentliche Ge-
rechtigkeit,
die für das Forum des Rechtsgelehrten
gehört, bestehet demnach in der Uebereinstimmung
der äusserlichen Handlungen des Menschen
mit den vollkommenen oder Zwangsgesetzen
.
Nach diesem juristischen Begrif der Justiz wird also
a) ein jeder für gerecht gehalten, dessen Handlungen
nur äusserlich denen Gesetzen gemäß sind, wenn er auch
gleich nur aus Furcht vor der Strafe gerecht handelte,
seine innere Gesinnungen und Neigungen aber nichts we-
niger als mit den Gesetzen übereinkämen; denn darum
bekümmert sich der Rechtsgelehrte nicht. Cogitationis
poenam nemo patitur
28). b) Gerechtigkeit hat im-
mer nur Beziehung auf vollkommene oder Zwangsgesetze.
Wer also nur Liebespflichten gegen andere Menschen
nicht erfüllt, übrigens aber alles dasjenige pünctlich
beobachtet, was die bürgerlichen Zwangsgesetze von ihm
fordern, von dem kann man nicht sagen, er handle

unge-
Opusculis pag. 289. sqq. huber Digress. Iustinian.
Lib. I. cap. 7. Io. Ge. marckart Receptar. iuris
civ. lection
. P. I. pag. 20. Aegid. menagius Amoe-
nitat. iuris civ
. cap.
4. u. a. m.
26) Fr. Car. conradi Diss. de iustitia interna a fi-
ne iurisprudentiae civ. non separanda
. Helmst.

1744.
27) Eben dieses hat auch schon gebauer Diss. de iusti-
tia et iure
§. IV.
gegen die Definition des Ulpians
eingewendet.
28) L. 18. D. de poenis. Man erinnere sich hierbey an
dasjenige, was oben (§. 6.) über diesen Gegenstand be-
reits gesagt worden ist.
T 2

de Iuſtitia et Iure.
angefuͤhrte Begrif von der Gerechtigkeit ſeine Vertheidi-
ger gefunden haben 26), fuͤr den Juriſten iſt er wenigſtens
nicht brauchbar, deſſen Zweck nur Handhabung der
aͤuſſerlichen Gerechtigkeit iſt 27). Die eigentliche Ge-
rechtigkeit,
die fuͤr das Forum des Rechtsgelehrten
gehoͤrt, beſtehet demnach in der Uebereinſtimmung
der aͤuſſerlichen Handlungen des Menſchen
mit den vollkommenen oder Zwangsgeſetzen
.
Nach dieſem juriſtiſchen Begrif der Juſtiz wird alſo
a) ein jeder fuͤr gerecht gehalten, deſſen Handlungen
nur aͤuſſerlich denen Geſetzen gemaͤß ſind, wenn er auch
gleich nur aus Furcht vor der Strafe gerecht handelte,
ſeine innere Geſinnungen und Neigungen aber nichts we-
niger als mit den Geſetzen uͤbereinkaͤmen; denn darum
bekuͤmmert ſich der Rechtsgelehrte nicht. Cogitationis
poenam nemo patitur
28). b) Gerechtigkeit hat im-
mer nur Beziehung auf vollkommene oder Zwangsgeſetze.
Wer alſo nur Liebespflichten gegen andere Menſchen
nicht erfuͤllt, uͤbrigens aber alles dasjenige puͤnctlich
beobachtet, was die buͤrgerlichen Zwangsgeſetze von ihm
fordern, von dem kann man nicht ſagen, er handle

unge-
Opuſculis pag. 289. ſqq. huber Digreſſ. Iuſtinian.
Lib. I. cap. 7. Io. Ge. marckart Receptar. iuris
civ. lection
. P. I. pag. 20. Aegid. menagius Amoe-
nitat. iuris civ
. cap.
4. u. a. m.
26) Fr. Car. conradi Diſſ. de iuſtitia interna a fi-
ne iurisprudentiae civ. non ſeparanda
. Helmſt.

1744.
27) Eben dieſes hat auch ſchon gebauer Diſſ. de iuſti-
tia et iure
§. IV.
gegen die Definition des Ulpians
eingewendet.
28) L. 18. D. de poenis. Man erinnere ſich hierbey an
dasjenige, was oben (§. 6.) uͤber dieſen Gegenſtand be-
reits geſagt worden iſt.
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[289/0309] de Iuſtitia et Iure. angefuͤhrte Begrif von der Gerechtigkeit ſeine Vertheidi- ger gefunden haben 26), fuͤr den Juriſten iſt er wenigſtens nicht brauchbar, deſſen Zweck nur Handhabung der aͤuſſerlichen Gerechtigkeit iſt 27). Die eigentliche Ge- rechtigkeit, die fuͤr das Forum des Rechtsgelehrten gehoͤrt, beſtehet demnach in der Uebereinſtimmung der aͤuſſerlichen Handlungen des Menſchen mit den vollkommenen oder Zwangsgeſetzen. Nach dieſem juriſtiſchen Begrif der Juſtiz wird alſo a) ein jeder fuͤr gerecht gehalten, deſſen Handlungen nur aͤuſſerlich denen Geſetzen gemaͤß ſind, wenn er auch gleich nur aus Furcht vor der Strafe gerecht handelte, ſeine innere Geſinnungen und Neigungen aber nichts we- niger als mit den Geſetzen uͤbereinkaͤmen; denn darum bekuͤmmert ſich der Rechtsgelehrte nicht. Cogitationis poenam nemo patitur 28). b) Gerechtigkeit hat im- mer nur Beziehung auf vollkommene oder Zwangsgeſetze. Wer alſo nur Liebespflichten gegen andere Menſchen nicht erfuͤllt, uͤbrigens aber alles dasjenige puͤnctlich beobachtet, was die buͤrgerlichen Zwangsgeſetze von ihm fordern, von dem kann man nicht ſagen, er handle unge- 25) 26) Fr. Car. conradi Diſſ. de iuſtitia interna a fi- ne iurisprudentiae civ. non ſeparanda. Helmſt. 1744. 27) Eben dieſes hat auch ſchon gebauer Diſſ. de iuſti- tia et iure §. IV. gegen die Definition des Ulpians eingewendet. 28) L. 18. D. de poenis. Man erinnere ſich hierbey an dasjenige, was oben (§. 6.) uͤber dieſen Gegenſtand be- reits geſagt worden iſt. 25) Opuſculis pag. 289. ſqq. huber Digreſſ. Iuſtinian. Lib. I. cap. 7. Io. Ge. marckart Receptar. iuris civ. lection. P. I. pag. 20. Aegid. menagius Amoe- nitat. iuris civ. cap. 4. u. a. m. T 2

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/309>, abgerufen am 22.11.2024.