Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure. davon macht; auch nicht 2) einen Rabulisten, denndiesen gehässigen Nahmen verdienen nur solche Juri- sten, denen es zwar nicht an Kenntnis, aber an Recht- schaffenheit und Güte des Herzens fehlt, die Gesetze gehörig anzuwenden, und daher solche zum Schaden anderer zu verdrehen suchen; auch nicht 3) einen Em- piricus, denn ein solcher hat gar keine Rechtstheorie geschöpft, sondern blos den Schlendrian inne, den er aus der täglichen Uebung in der Gerichtsstube erlernt hat, und behandelt daher alle Rechtssachen blos me- chanisch. Endlich unterscheide man einen Rechtsgelehr- ten auch 4) von einem Iurisperito, einem blosen Rechts- verständigen, der zwar eine gründliche Theorie des Rechts verstehet, allein von den erkannten rechtlichen Wahrheiten keinen Gebrauch macht 38). Anmerkung k. Die römischen Juristen definir- An- 38) S. Io. Christph. spitz Diss. de Iurisconsulto, a iurisperito, leguleio et rabula quam ma- xime diverso. Erfordiae 1769. 39) L. 10. §. 2. D. de lust. et Iur. N 5
de Iuſtitia et Iure. davon macht; auch nicht 2) einen Rabuliſten, denndieſen gehaͤſſigen Nahmen verdienen nur ſolche Juri- ſten, denen es zwar nicht an Kenntnis, aber an Recht- ſchaffenheit und Guͤte des Herzens fehlt, die Geſetze gehoͤrig anzuwenden, und daher ſolche zum Schaden anderer zu verdrehen ſuchen; auch nicht 3) einen Em- piricus, denn ein ſolcher hat gar keine Rechtstheorie geſchoͤpft, ſondern blos den Schlendrian inne, den er aus der taͤglichen Uebung in der Gerichtsſtube erlernt hat, und behandelt daher alle Rechtsſachen blos me- chaniſch. Endlich unterſcheide man einen Rechtsgelehr- ten auch 4) von einem Iurisperito, einem bloſen Rechts- verſtaͤndigen, der zwar eine gruͤndliche Theorie des Rechts verſtehet, allein von den erkannten rechtlichen Wahrheiten keinen Gebrauch macht 38). Anmerkung k. Die roͤmiſchen Juriſten definir- An- 38) S. Io. Chriſtph. spitz Diſſ. de Iurisconſulto, a iurisperito, leguleio et rabula quam ma- xime diverſo. Erfordiae 1769. 39) L. 10. §. 2. D. de luſt. et Iur. N 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0221" n="201"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Iuſtitia et Iure.</hi></fw><lb/> davon macht; auch nicht 2) einen <hi rendition="#fr">Rabuliſten,</hi> denn<lb/> dieſen gehaͤſſigen Nahmen verdienen nur ſolche Juri-<lb/> ſten, denen es zwar nicht an Kenntnis, aber an Recht-<lb/> ſchaffenheit und Guͤte des Herzens fehlt, die Geſetze<lb/> gehoͤrig anzuwenden, und daher ſolche zum Schaden<lb/> anderer zu verdrehen ſuchen; auch nicht 3) einen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Em-<lb/> piricus,</hi></hi> denn ein ſolcher hat gar keine Rechtstheorie<lb/> geſchoͤpft, ſondern blos den Schlendrian inne, den er<lb/> aus der taͤglichen Uebung in der Gerichtsſtube erlernt<lb/> hat, und behandelt daher alle Rechtsſachen blos me-<lb/> chaniſch. Endlich unterſcheide man einen Rechtsgelehr-<lb/> ten auch 4) von einem <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Iurisperito,</hi></hi> einem bloſen Rechts-<lb/> verſtaͤndigen, der zwar eine gruͤndliche Theorie des<lb/> Rechts verſtehet, allein von den erkannten rechtlichen<lb/> Wahrheiten keinen Gebrauch macht <note place="foot" n="38)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Io. Chriſtph.</hi><hi rendition="#k">spitz</hi> Diſſ. <hi rendition="#g">de Iurisconſulto,<lb/> a iurisperito, leguleio et rabula quam ma-<lb/> xime diverſo</hi>. <hi rendition="#i">Erfordiae</hi></hi> 1769.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Anmerkung</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">k.</hi></hi> Die roͤmiſchen Juriſten definir-<lb/> ten die Jurisprudenz auf folgende Art. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Iurispru-<lb/> dentia</hi> eſt <hi rendition="#i">divinarum atque humanarum rerum no-<lb/> titia: iuſti atque iniuſti ſcientia</hi></hi> <note place="foot" n="39)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L. 10. §. 2. D. de luſt. et Iur.</hi></hi></note>. Dieſe Definition<lb/> wird auf verſchiedene Art erklaͤrt. Einige halten da-<lb/> fuͤr, <hi rendition="#fr">Ulpian,</hi> aus deſſen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">lib. I. Regularum</hi></hi> dieſe De-<lb/> finition entlehnet worden, habe hierdurch anzeigen wol-<lb/> len, daß die Jurisprudenz ein Theil der Philoſophie<lb/> ſey, welche ſich, ſo wie dieſe, mit goͤttlichen und menſch-<lb/> lichen Dingen beſchaͤftige, nur mit dem Unterſchiede,<lb/> daß ſie ſich in keine ſpeculativiſche Unterſuchungen ein-<lb/> laſſe, ſondern blos beſtimme, was recht und unrecht in<lb/> <fw place="bottom" type="sig">N 5</fw><fw place="bottom" type="catch">An-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [201/0221]
de Iuſtitia et Iure.
davon macht; auch nicht 2) einen Rabuliſten, denn
dieſen gehaͤſſigen Nahmen verdienen nur ſolche Juri-
ſten, denen es zwar nicht an Kenntnis, aber an Recht-
ſchaffenheit und Guͤte des Herzens fehlt, die Geſetze
gehoͤrig anzuwenden, und daher ſolche zum Schaden
anderer zu verdrehen ſuchen; auch nicht 3) einen Em-
piricus, denn ein ſolcher hat gar keine Rechtstheorie
geſchoͤpft, ſondern blos den Schlendrian inne, den er
aus der taͤglichen Uebung in der Gerichtsſtube erlernt
hat, und behandelt daher alle Rechtsſachen blos me-
chaniſch. Endlich unterſcheide man einen Rechtsgelehr-
ten auch 4) von einem Iurisperito, einem bloſen Rechts-
verſtaͤndigen, der zwar eine gruͤndliche Theorie des
Rechts verſtehet, allein von den erkannten rechtlichen
Wahrheiten keinen Gebrauch macht 38).
Anmerkung k. Die roͤmiſchen Juriſten definir-
ten die Jurisprudenz auf folgende Art. Iurispru-
dentia eſt divinarum atque humanarum rerum no-
titia: iuſti atque iniuſti ſcientia 39). Dieſe Definition
wird auf verſchiedene Art erklaͤrt. Einige halten da-
fuͤr, Ulpian, aus deſſen lib. I. Regularum dieſe De-
finition entlehnet worden, habe hierdurch anzeigen wol-
len, daß die Jurisprudenz ein Theil der Philoſophie
ſey, welche ſich, ſo wie dieſe, mit goͤttlichen und menſch-
lichen Dingen beſchaͤftige, nur mit dem Unterſchiede,
daß ſie ſich in keine ſpeculativiſche Unterſuchungen ein-
laſſe, ſondern blos beſtimme, was recht und unrecht in
An-
38) S. Io. Chriſtph. spitz Diſſ. de Iurisconſulto,
a iurisperito, leguleio et rabula quam ma-
xime diverſo. Erfordiae 1769.
39) L. 10. §. 2. D. de luſt. et Iur.
N 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |