So sah man, auf den Gipfeln, Wie Licht und Schatten wechselt. Am niedrigen Gesträuche Bewegte sich der Schatten, Wenn die geschlanken Zweige, Durch Zefirs Hauch belebet, Sanft an einander schlugen. Hierdurch entstand, im Busche, Das lieblichste Geräusche, Zu welchem sich das Murmeln Der kleinen nahen Bäche, Und tausend helle Kehlen Der kleinen Vögel mischten. Es lokkten Nachtigallen, Es sangen Staar und Amseln Es schlugen Wachtelhäne. Indem ich ihre Lieder Mit stillem Lobe hörte: Sprang, aus dem dikken Busche, Ein stolzer Hirsch ins Wasser; Und plötzlich blieb er stehen, Und schien sich zu besinnen, Und langsam ging er weiter, Und, mitten auf der Wiese, Besah er sich im Wasser. Er wies, mit steifem Kopfe, Sein prächtiges Geweihe.
Als
So ſah man, auf den Gipfeln, Wie Licht und Schatten wechſelt. Am niedrigen Geſträuche Bewegte ſich der Schatten, Wenn die geſchlanken Zweige, Durch Zefirs Hauch belebet, Sanft an einander ſchlugen. Hierdurch entſtand, im Buſche, Das lieblichſte Geräuſche, Zu welchem ſich das Murmeln Der kleinen nahen Bäche, Und tauſend helle Kehlen Der kleinen Vögel miſchten. Es lokkten Nachtigallen, Es ſangen Staar und Amſeln Es ſchlugen Wachtelhäne. Indem ich ihre Lieder Mit ſtillem Lobe hörte: Sprang, aus dem dikken Buſche, Ein ſtolzer Hirſch ins Waſſer; Und plötzlich blieb er ſtehen, Und ſchien ſich zu beſinnen, Und langſam ging er weiter, Und, mitten auf der Wieſe, Beſah er ſich im Waſſer. Er wies, mit ſteifem Kopfe, Sein prächtiges Geweihe.
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So ſah man, auf den Gipfeln,</l><lb/><l>Wie Licht und Schatten wechſelt.</l><lb/><l>Am niedrigen Geſträuche</l><lb/><l>Bewegte ſich der Schatten,</l><lb/><l>Wenn die geſchlanken Zweige,</l><lb/><l>Durch Zefirs Hauch belebet,</l><lb/><l>Sanft an einander ſchlugen.</l><lb/><l>Hierdurch entſtand, im Buſche,</l><lb/><l>Das lieblichſte Geräuſche,</l><lb/><l>Zu welchem ſich das Murmeln</l><lb/><l>Der kleinen nahen Bäche,</l><lb/><l>Und tauſend helle Kehlen</l><lb/><l>Der kleinen Vögel miſchten.</l><lb/><l>Es lokkten Nachtigallen,</l><lb/><l>Es ſangen Staar und Amſeln</l><lb/><l>Es ſchlugen Wachtelhäne.</l><lb/><l>Indem ich ihre Lieder</l><lb/><l>Mit ſtillem Lobe hörte:</l><lb/><l>Sprang, aus dem dikken Buſche,</l><lb/><l>Ein ſtolzer Hirſch ins Waſſer;</l><lb/><l>Und plötzlich blieb er ſtehen,</l><lb/><l>Und ſchien ſich zu beſinnen,</l><lb/><l>Und langſam ging er weiter,</l><lb/><l>Und, mitten auf der Wieſe,</l><lb/><l>Beſah er ſich im Waſſer.</l><lb/><l>Er wies, mit ſteifem Kopfe,</l><lb/><l>Sein prächtiges Geweihe.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Als</fw><lb/></l></lg></div></body></text></TEI>
[43/0069]
So ſah man, auf den Gipfeln,
Wie Licht und Schatten wechſelt.
Am niedrigen Geſträuche
Bewegte ſich der Schatten,
Wenn die geſchlanken Zweige,
Durch Zefirs Hauch belebet,
Sanft an einander ſchlugen.
Hierdurch entſtand, im Buſche,
Das lieblichſte Geräuſche,
Zu welchem ſich das Murmeln
Der kleinen nahen Bäche,
Und tauſend helle Kehlen
Der kleinen Vögel miſchten.
Es lokkten Nachtigallen,
Es ſangen Staar und Amſeln
Es ſchlugen Wachtelhäne.
Indem ich ihre Lieder
Mit ſtillem Lobe hörte:
Sprang, aus dem dikken Buſche,
Ein ſtolzer Hirſch ins Waſſer;
Und plötzlich blieb er ſtehen,
Und ſchien ſich zu beſinnen,
Und langſam ging er weiter,
Und, mitten auf der Wieſe,
Beſah er ſich im Waſſer.
Er wies, mit ſteifem Kopfe,
Sein prächtiges Geweihe.
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Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch02_1745/69>, abgerufen am 05.07.2024.
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