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Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745.

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nen römischen Schriftsteller genennt, welcher es
der Gerechtigkeit der Götter zuschreibt, daß der
angenehmste Dichter, eines so sanften Todes
gestorben sei. Ich nenne einen solchen Tod,
einen artigen anakreontischen Tod.

Nun wißt ihr, geliebteste Freundinnen,
was ich von dem teiischen Dichter weiß. Es
ist mir entfallen, woselbst man ihm eine Ehren-
säule aufgerichtet hat; mich deucht aber, es sei
zu Athen geschehen, und wenn dieses ist, so laßt
uns die Athenienserinnen loben, welche zur
Verherrlichung ihres Dichters, alles mögliche
beigetragen haben.

Die Lieder, welche von demselbigen übrig
geblieben sind, sind von allen freundlichen Völ-
kern hochgeschätzt, und von Kennern feiner
Schönheiten bewundert worden. Leset sie mit
der Einsicht der Frau Dacier, wenn ihr Lust
habt, ihnen Gerechtigkeit wiederfahren zu las-
sen. "Man findet in denselben eine solche
"Süßigkeit, und etwas so feines und zärtli-
"ches, als man vielleicht sonst nirgends findet.
"Alles ist darinn schön und natürlich; ieder Ge-
"danke ist eine Empfindung. Man findet da
"diese ungekünstelten Annehmlichkeiten, welche

"den

nen römiſchen Schriftſteller genennt, welcher es
der Gerechtigkeit der Götter zuſchreibt, daß der
angenehmſte Dichter, eines ſo ſanften Todes
geſtorben ſei. Ich nenne einen ſolchen Tod,
einen artigen anakreontiſchen Tod.

Nun wißt ihr, geliebteſte Freundinnen,
was ich von dem teiiſchen Dichter weiß. Es
iſt mir entfallen, woſelbſt man ihm eine Ehren-
ſäule aufgerichtet hat; mich deucht aber, es ſei
zu Athen geſchehen, und wenn dieſes iſt, ſo laßt
uns die Athenienſerinnen loben, welche zur
Verherrlichung ihres Dichters, alles mögliche
beigetragen haben.

Die Lieder, welche von demſelbigen übrig
geblieben ſind, ſind von allen freundlichen Völ-
kern hochgeſchätzt, und von Kennern feiner
Schönheiten bewundert worden. Leſet ſie mit
der Einſicht der Frau Dacier, wenn ihr Luſt
habt, ihnen Gerechtigkeit wiederfahren zu laſ-
ſen. “Man findet in denſelben eine ſolche
„Süßigkeit, und etwas ſo feines und zärtli-
„ches, als man vielleicht ſonſt nirgends findet.
„Alles iſt darinn ſchön und natürlich; ieder Ge-
„danke iſt eine Empfindung. Man findet da
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[XXII/0024] nen römiſchen Schriftſteller genennt, welcher es der Gerechtigkeit der Götter zuſchreibt, daß der angenehmſte Dichter, eines ſo ſanften Todes geſtorben ſei. Ich nenne einen ſolchen Tod, einen artigen anakreontiſchen Tod. Nun wißt ihr, geliebteſte Freundinnen, was ich von dem teiiſchen Dichter weiß. Es iſt mir entfallen, woſelbſt man ihm eine Ehren- ſäule aufgerichtet hat; mich deucht aber, es ſei zu Athen geſchehen, und wenn dieſes iſt, ſo laßt uns die Athenienſerinnen loben, welche zur Verherrlichung ihres Dichters, alles mögliche beigetragen haben. Die Lieder, welche von demſelbigen übrig geblieben ſind, ſind von allen freundlichen Völ- kern hochgeſchätzt, und von Kennern feiner Schönheiten bewundert worden. Leſet ſie mit der Einſicht der Frau Dacier, wenn ihr Luſt habt, ihnen Gerechtigkeit wiederfahren zu laſ- ſen. “Man findet in denſelben eine ſolche „Süßigkeit, und etwas ſo feines und zärtli- „ches, als man vielleicht ſonſt nirgends findet. „Alles iſt darinn ſchön und natürlich; ieder Ge- „danke iſt eine Empfindung. Man findet da „dieſe ungekünſtelten Annehmlichkeiten, welche „den

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Zitationshilfe: Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch02_1745/24>, abgerufen am 24.11.2024.