Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Berlin, [1744].

Bild:
<< vorherige Seite
Schlage, daß sie sich erschrekken,
Stärker, wie die Abendglokke.
Hilft kein Bitten? Wilst du trotzen?
Vogel! soll ich zornig werden?
Bald wird mich dein Schweigen ärgern.
Warte nur! man soll dich strafen;
Denn dein Herrr soll auf mein Bitten
Dich von deiner Gattin trennen.
Höre doch ihr zärtlichs Girren.
Du, der stets die Liebe hörte,
Wilst du sie denn ietzt nicht hören?
Doris! komm nur mit der Kerze,
Daß die Dämm'rung sich entferne;
Denn ich muß den Vogel sehen,
Und du solst ihn zu dir nehmen,
Und ihn meinem Freunde bringen,
Daß er seinen Trotz bestrafe.
Vogel! wilst du noch nicht singen?
Warte nur! dort kommt die Kerze,
Nette dich noch von der Strafe.
Siehst du? Doris soll dich nehmen.
Nimm den trotzigen Gefang'nen,
Nimm ihn, Doris! bei den Flügeln,
Und begleit ihn selbst zur Strafe;
Laß
E 2
Schlage, daß ſie ſich erſchrekken,
Staͤrker, wie die Abendglokke.
Hilft kein Bitten? Wilſt du trotzen?
Vogel! ſoll ich zornig werden?
Bald wird mich dein Schweigen aͤrgern.
Warte nur! man ſoll dich ſtrafen;
Denn dein Herrr ſoll auf mein Bitten
Dich von deiner Gattin trennen.
Hoͤre doch ihr zaͤrtlichs Girren.
Du, der ſtets die Liebe hoͤrte,
Wilſt du ſie denn ietzt nicht hoͤren?
Doris! komm nur mit der Kerze,
Daß die Daͤmm’rung ſich entferne;
Denn ich muß den Vogel ſehen,
Und du ſolſt ihn zu dir nehmen,
Und ihn meinem Freunde bringen,
Daß er ſeinen Trotz beſtrafe.
Vogel! wilſt du noch nicht ſingen?
Warte nur! dort kommt die Kerze,
Nette dich noch von der Strafe.
Siehſt du? Doris ſoll dich nehmen.
Nimm den trotzigen Gefang’nen,
Nimm ihn, Doris! bei den Fluͤgeln,
Und begleit ihn ſelbſt zur Strafe;
Laß
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0079" n="67"/>
          <l>Schlage, daß &#x017F;ie &#x017F;ich er&#x017F;chrekken,</l><lb/>
          <l>Sta&#x0364;rker, wie die Abendglokke.</l><lb/>
          <l>Hilft kein Bitten? Wil&#x017F;t du trotzen?</l><lb/>
          <l>Vogel! &#x017F;oll ich zornig werden?</l><lb/>
          <l>Bald wird mich dein Schweigen a&#x0364;rgern.</l><lb/>
          <l>Warte nur! man &#x017F;oll dich &#x017F;trafen;</l><lb/>
          <l>Denn dein Herrr &#x017F;oll auf mein Bitten</l><lb/>
          <l>Dich von deiner Gattin trennen.</l><lb/>
          <l>Ho&#x0364;re doch ihr za&#x0364;rtlichs Girren.</l><lb/>
          <l>Du, der &#x017F;tets die Liebe ho&#x0364;rte,</l><lb/>
          <l>Wil&#x017F;t du &#x017F;ie denn ietzt nicht ho&#x0364;ren?</l><lb/>
          <l>Doris! komm nur mit der Kerze,</l><lb/>
          <l>Daß die Da&#x0364;mm&#x2019;rung &#x017F;ich entferne;</l><lb/>
          <l>Denn ich muß den Vogel &#x017F;ehen,</l><lb/>
          <l>Und du &#x017F;ol&#x017F;t ihn zu dir nehmen,</l><lb/>
          <l>Und ihn meinem Freunde bringen,</l><lb/>
          <l>Daß er &#x017F;einen Trotz be&#x017F;trafe.</l><lb/>
          <l>Vogel! wil&#x017F;t du noch nicht &#x017F;ingen?</l><lb/>
          <l>Warte nur! dort kommt die Kerze,</l><lb/>
          <l>Nette dich noch von der Strafe.</l><lb/>
          <l>Sieh&#x017F;t du? Doris &#x017F;oll dich nehmen.</l><lb/>
          <l>Nimm den trotzigen Gefang&#x2019;nen,</l><lb/>
          <l>Nimm ihn, Doris! bei den Flu&#x0364;geln,</l><lb/>
          <l>Und begleit ihn &#x017F;elb&#x017F;t zur Strafe;</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">E 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Laß</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0079] Schlage, daß ſie ſich erſchrekken, Staͤrker, wie die Abendglokke. Hilft kein Bitten? Wilſt du trotzen? Vogel! ſoll ich zornig werden? Bald wird mich dein Schweigen aͤrgern. Warte nur! man ſoll dich ſtrafen; Denn dein Herrr ſoll auf mein Bitten Dich von deiner Gattin trennen. Hoͤre doch ihr zaͤrtlichs Girren. Du, der ſtets die Liebe hoͤrte, Wilſt du ſie denn ietzt nicht hoͤren? Doris! komm nur mit der Kerze, Daß die Daͤmm’rung ſich entferne; Denn ich muß den Vogel ſehen, Und du ſolſt ihn zu dir nehmen, Und ihn meinem Freunde bringen, Daß er ſeinen Trotz beſtrafe. Vogel! wilſt du noch nicht ſingen? Warte nur! dort kommt die Kerze, Nette dich noch von der Strafe. Siehſt du? Doris ſoll dich nehmen. Nimm den trotzigen Gefang’nen, Nimm ihn, Doris! bei den Fluͤgeln, Und begleit ihn ſelbſt zur Strafe; Laß E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch01_1744
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch01_1744/79
Zitationshilfe: Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Berlin, [1744], S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch01_1744/79>, abgerufen am 06.05.2024.