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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789.

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sogenannte zwitterblütige Pflanzen plantas floribus
hermaphroditicis
gehöre. Darunter denn solche Blu-
men verstanden werden, deren eigentliche und allein
zu dem natürlichen Befruchtungs- und Erzeugungs-
geschäfte der Pflanzen
gehörige und bestimmte Werk-
zeuge, die durch ein unmittelbares Berühren in ein-
ander wirken müssen, so nahe als möglich in ein und
eben derselben gemeinschaftlichen Befruchtungswerk-
stadt officina foecundationis naturalis plantarum mit ein-
ander verbunden sind. Dagegen die Natur den da-
von verschiedenen Gewächsklassen andere Gesetze ge-
geben.

Dergleichen gesetzmäßige Einrichtung ist dieser
starken Pflanzenklasse vornehmlich deshalben gegeben,
weil sie weder Trieb noch Vermögen haben, sich wie
die meisten Thiere aus einem Ort in den andern will-
kührlich zu bewegen und umher zu wandern, um sich
einen zur Befruchtung erforderlichen Gegenstand auf-
zusuchen. Ein solcher Bau vollkommen ausgebilde-
ter Blumen dienet anbey, diejenigen Schriftsteller zu
widerlegen, welche ohne weitern Erweiß vorgeben,
daß der Kampferbaum männliche und andere von
diesen auf ganz von einander verschiedenen Bäumen
habe.

Jedoch um nicht bloß gerade widersprechen zu wol-
len, kann ich diese Bemerkung nicht ganz von der
Hand weisen, da eine nahe verwandte Geschlechts-
art, nehmlich Laurus nobilis der gemeine Lorbeer-
baum
, die männliche Blüthe in einem von den weib-
lichen ganz abgesonderten Baume herfürbringe. Es
könnte also mit der angegebenen Bemerkung zwar sei-
ne Richtigkeit haben, nur müste man dabey einen völ-
lig natürlichen Zustand nicht mit einem am öftersten
vorkommenden fehlerhaften verwechseln; als in wel-
chem letztern die natürliche regelmäßige Entwickelung

der
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ſogenannte zwitterbluͤtige Pflanzen plantas floribus
hermaphroditicis
gehoͤre. Darunter denn ſolche Blu-
men verſtanden werden, deren eigentliche und allein
zu dem natuͤrlichen Befruchtungs- und Erzeugungs-
geſchaͤfte der Pflanzen
gehoͤrige und beſtimmte Werk-
zeuge, die durch ein unmittelbares Beruͤhren in ein-
ander wirken muͤſſen, ſo nahe als moͤglich in ein und
eben derſelben gemeinſchaftlichen Befruchtungswerk-
ſtadt officina foecundationis naturalis plantarum mit ein-
ander verbunden ſind. Dagegen die Natur den da-
von verſchiedenen Gewaͤchsklaſſen andere Geſetze ge-
geben.

Dergleichen geſetzmaͤßige Einrichtung iſt dieſer
ſtarken Pflanzenklaſſe vornehmlich deshalben gegeben,
weil ſie weder Trieb noch Vermoͤgen haben, ſich wie
die meiſten Thiere aus einem Ort in den andern will-
kuͤhrlich zu bewegen und umher zu wandern, um ſich
einen zur Befruchtung erforderlichen Gegenſtand auf-
zuſuchen. Ein ſolcher Bau vollkommen ausgebilde-
ter Blumen dienet anbey, diejenigen Schriftſteller zu
widerlegen, welche ohne weitern Erweiß vorgeben,
daß der Kampferbaum maͤnnliche und andere von
dieſen auf ganz von einander verſchiedenen Baͤumen
habe.

Jedoch um nicht bloß gerade widerſprechen zu wol-
len, kann ich dieſe Bemerkung nicht ganz von der
Hand weiſen, da eine nahe verwandte Geſchlechts-
art, nehmlich Laurus nobilis der gemeine Lorbeer-
baum
, die maͤnnliche Bluͤthe in einem von den weib-
lichen ganz abgeſonderten Baume herfuͤrbringe. Es
koͤnnte alſo mit der angegebenen Bemerkung zwar ſei-
ne Richtigkeit haben, nur muͤſte man dabey einen voͤl-
lig natuͤrlichen Zuſtand nicht mit einem am oͤfterſten
vorkommenden fehlerhaften verwechſeln; als in wel-
chem letztern die natuͤrliche regelmaͤßige Entwickelung

der
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[169/0179] ſogenannte zwitterbluͤtige Pflanzen plantas floribus hermaphroditicis gehoͤre. Darunter denn ſolche Blu- men verſtanden werden, deren eigentliche und allein zu dem natuͤrlichen Befruchtungs- und Erzeugungs- geſchaͤfte der Pflanzen gehoͤrige und beſtimmte Werk- zeuge, die durch ein unmittelbares Beruͤhren in ein- ander wirken muͤſſen, ſo nahe als moͤglich in ein und eben derſelben gemeinſchaftlichen Befruchtungswerk- ſtadt officina foecundationis naturalis plantarum mit ein- ander verbunden ſind. Dagegen die Natur den da- von verſchiedenen Gewaͤchsklaſſen andere Geſetze ge- geben. Dergleichen geſetzmaͤßige Einrichtung iſt dieſer ſtarken Pflanzenklaſſe vornehmlich deshalben gegeben, weil ſie weder Trieb noch Vermoͤgen haben, ſich wie die meiſten Thiere aus einem Ort in den andern will- kuͤhrlich zu bewegen und umher zu wandern, um ſich einen zur Befruchtung erforderlichen Gegenſtand auf- zuſuchen. Ein ſolcher Bau vollkommen ausgebilde- ter Blumen dienet anbey, diejenigen Schriftſteller zu widerlegen, welche ohne weitern Erweiß vorgeben, daß der Kampferbaum maͤnnliche und andere von dieſen auf ganz von einander verſchiedenen Baͤumen habe. Jedoch um nicht bloß gerade widerſprechen zu wol- len, kann ich dieſe Bemerkung nicht ganz von der Hand weiſen, da eine nahe verwandte Geſchlechts- art, nehmlich Laurus nobilis der gemeine Lorbeer- baum, die maͤnnliche Bluͤthe in einem von den weib- lichen ganz abgeſonderten Baume herfuͤrbringe. Es koͤnnte alſo mit der angegebenen Bemerkung zwar ſei- ne Richtigkeit haben, nur muͤſte man dabey einen voͤl- lig natuͤrlichen Zuſtand nicht mit einem am oͤfterſten vorkommenden fehlerhaften verwechſeln; als in wel- chem letztern die natuͤrliche regelmaͤßige Entwickelung der L 5

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/179>, abgerufen am 25.11.2024.