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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789.

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leicht aber könnte ein solcher Versuch, welcher weder
allezeit geräth, oder schlechterdings gerathen muß,
ein Reductionsversuch genennet werden, der, wenn
er geräth, seinen Nutzen bey einigen Gelegenheiten
gewiß zeigen würde. Denn wenn man bedenket, daß
eine durch Zufälle aus dem natürlichen Zustande in
den Stand der Unfruchtbarkeit gleichsam übergangene
Pflanze, dadurch wieder verjünget und zu ihrem ersten
Vermögen zurücke gebracht werde, sich durch frucht-
bare Saamen zu vermehren oder wieder fortzupflan-
zen, so wird man, ohne bey einer bloßen Bewunde-
rung stehen zu bleiben, die Wichtigkeit des Haupt-
umstandes nicht weiter verkennen.

Denn, stellet man zwischen dem, was mit dem
Kampferbaume vorgegangen, und sich bey andern
fremden Gewächsen weit öfterer zuträgt, eine Ver-
gleichung an: da nehmlich deren alte Mutterstämme
äußerst selten, oder nie in Europa Blumen getra-
gen, größtentheils unfruchtbar bleiben, die davon ge-
zogene sehr junge Ableger hingegen sehr zeitig geblü-
het, ohne ihre Blüthe weiter fortzusetzen: so wird
man von der Wichtigkeit der Sachen überzeugt, nicht
mehr bey bloßen Muthmaßungen oder bey der Be-
wunderung allein stehen bleiben, und in andern Ge-
wächsen mehrere Beyspicle zur Erläuterung finden.
Dabey sich denn insgemein nachfolgende Unterschie-
de zeigen und mit einander abwechseln werden: als,
es werden 1) dergleichen aus Saamen oder Zweigen
erzogene Pflanzen lange Zeit oder gar ohne zu blühen
fortwachsen. Andere werden 2) ganz im Anfange
Blumen tragen, aber ihre Fruchtbarkeit dennoch
nicht fortsetzen. Etliche werden 3) reichliche Blüthe
bringen, die sich aber niemahlen in die Frucht ent-
wickelt, sondern abfället, so, wie man an mehrern
jährlich fast taube Blumen und Früchte antreffen

wird,

leicht aber koͤnnte ein ſolcher Verſuch, welcher weder
allezeit geraͤth, oder ſchlechterdings gerathen muß,
ein Reductionsverſuch genennet werden, der, wenn
er geraͤth, ſeinen Nutzen bey einigen Gelegenheiten
gewiß zeigen wuͤrde. Denn wenn man bedenket, daß
eine durch Zufaͤlle aus dem natuͤrlichen Zuſtande in
den Stand der Unfruchtbarkeit gleichſam uͤbergangene
Pflanze, dadurch wieder verjuͤnget und zu ihrem erſten
Vermoͤgen zuruͤcke gebracht werde, ſich durch frucht-
bare Saamen zu vermehren oder wieder fortzupflan-
zen, ſo wird man, ohne bey einer bloßen Bewunde-
rung ſtehen zu bleiben, die Wichtigkeit des Haupt-
umſtandes nicht weiter verkennen.

Denn, ſtellet man zwiſchen dem, was mit dem
Kampferbaume vorgegangen, und ſich bey andern
fremden Gewaͤchſen weit oͤfterer zutraͤgt, eine Ver-
gleichung an: da nehmlich deren alte Mutterſtaͤmme
aͤußerſt ſelten, oder nie in Europa Blumen getra-
gen, groͤßtentheils unfruchtbar bleiben, die davon ge-
zogene ſehr junge Ableger hingegen ſehr zeitig gebluͤ-
het, ohne ihre Bluͤthe weiter fortzuſetzen: ſo wird
man von der Wichtigkeit der Sachen uͤberzeugt, nicht
mehr bey bloßen Muthmaßungen oder bey der Be-
wunderung allein ſtehen bleiben, und in andern Ge-
waͤchſen mehrere Beyſpicle zur Erlaͤuterung finden.
Dabey ſich denn insgemein nachfolgende Unterſchie-
de zeigen und mit einander abwechſeln werden: als,
es werden 1) dergleichen aus Saamen oder Zweigen
erzogene Pflanzen lange Zeit oder gar ohne zu bluͤhen
fortwachſen. Andere werden 2) ganz im Anfange
Blumen tragen, aber ihre Fruchtbarkeit dennoch
nicht fortſetzen. Etliche werden 3) reichliche Bluͤthe
bringen, die ſich aber niemahlen in die Frucht ent-
wickelt, ſondern abfaͤllet, ſo, wie man an mehrern
jaͤhrlich faſt taube Blumen und Fruͤchte antreffen

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[166/0176] leicht aber koͤnnte ein ſolcher Verſuch, welcher weder allezeit geraͤth, oder ſchlechterdings gerathen muß, ein Reductionsverſuch genennet werden, der, wenn er geraͤth, ſeinen Nutzen bey einigen Gelegenheiten gewiß zeigen wuͤrde. Denn wenn man bedenket, daß eine durch Zufaͤlle aus dem natuͤrlichen Zuſtande in den Stand der Unfruchtbarkeit gleichſam uͤbergangene Pflanze, dadurch wieder verjuͤnget und zu ihrem erſten Vermoͤgen zuruͤcke gebracht werde, ſich durch frucht- bare Saamen zu vermehren oder wieder fortzupflan- zen, ſo wird man, ohne bey einer bloßen Bewunde- rung ſtehen zu bleiben, die Wichtigkeit des Haupt- umſtandes nicht weiter verkennen. Denn, ſtellet man zwiſchen dem, was mit dem Kampferbaume vorgegangen, und ſich bey andern fremden Gewaͤchſen weit oͤfterer zutraͤgt, eine Ver- gleichung an: da nehmlich deren alte Mutterſtaͤmme aͤußerſt ſelten, oder nie in Europa Blumen getra- gen, groͤßtentheils unfruchtbar bleiben, die davon ge- zogene ſehr junge Ableger hingegen ſehr zeitig gebluͤ- het, ohne ihre Bluͤthe weiter fortzuſetzen: ſo wird man von der Wichtigkeit der Sachen uͤberzeugt, nicht mehr bey bloßen Muthmaßungen oder bey der Be- wunderung allein ſtehen bleiben, und in andern Ge- waͤchſen mehrere Beyſpicle zur Erlaͤuterung finden. Dabey ſich denn insgemein nachfolgende Unterſchie- de zeigen und mit einander abwechſeln werden: als, es werden 1) dergleichen aus Saamen oder Zweigen erzogene Pflanzen lange Zeit oder gar ohne zu bluͤhen fortwachſen. Andere werden 2) ganz im Anfange Blumen tragen, aber ihre Fruchtbarkeit dennoch nicht fortſetzen. Etliche werden 3) reichliche Bluͤthe bringen, die ſich aber niemahlen in die Frucht ent- wickelt, ſondern abfaͤllet, ſo, wie man an mehrern jaͤhrlich faſt taube Blumen und Fruͤchte antreffen wird,

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 3. Berlin, 1789, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen03_1789/176>, abgerufen am 25.11.2024.