fruchtung und zugleich das Leben aufhöret und aufhören muß. Von den fremden hierher gehöri- gen Gewächsen muß man also vorher ihren vater- ländischen Zustand genau wissen, ehe man aus ihren Veränderungen hier im Lande sichere Schlüsse auf das natürliche ziehen kann.
Wenn ich Vorhabens wäre, die Holzarten gegenwärtig, wie beyderley vorhergehende Pflan- zengattungen durchzugehen, würde sich ein ganz neues Feld zu einer Menge von Betrachtungen öf- nen, da ich unter diesen plantas gemmiparas mit de- nen non gemmiparis, wie bey denen Staudenge- wächsen und Sträuchen zugleich vor mir habe. Der physikalische Unterschied indessen, den man bey den 4ten Hauptpflanzenarten so deutlich wahrnimmt, ist dermaßen gewiß, allgemein und beständig, daß man deshalb ihn vor völlig natürlich halten kann; da er zumahl wesentliche Kennzeichen des Endzwecks der Pflanzenbefruchtung enthält, nach welchen sich die übrigen Umstände der Erzeugung, Entwick- lung und Dauer von jeder Art der Pflanzen richten. Bey solchen wohl bestimmten und genau unterschei- denden Begriffen ist es nunmehr außer Zweifel, daß die alten griechischen Weltweisen ganz richtig gedacht, und mehr das Gewächsreich nach den na- türlichsten Merkmalen abzutheilen bemühet gewesen sind, als daß sie gleich im allerersten Anfange im Stande gewesen seyn sollten, ihren Schülern von allen Sachen die sie erst zur Untersuchung sammlen
muß-
fruchtung und zugleich das Leben aufhoͤret und aufhoͤren muß. Von den fremden hierher gehoͤri- gen Gewaͤchſen muß man alſo vorher ihren vater- laͤndiſchen Zuſtand genau wiſſen, ehe man aus ihren Veraͤnderungen hier im Lande ſichere Schluͤſſe auf das natuͤrliche ziehen kann.
Wenn ich Vorhabens waͤre, die Holzarten gegenwaͤrtig, wie beyderley vorhergehende Pflan- zengattungen durchzugehen, wuͤrde ſich ein ganz neues Feld zu einer Menge von Betrachtungen oͤf- nen, da ich unter dieſen plantas gemmiparas mit de- nen non gemmiparis, wie bey denen Staudenge- waͤchſen und Straͤuchen zugleich vor mir habe. Der phyſikaliſche Unterſchied indeſſen, den man bey den 4ten Hauptpflanzenarten ſo deutlich wahrnimmt, iſt dermaßen gewiß, allgemein und beſtaͤndig, daß man deshalb ihn vor voͤllig natuͤrlich halten kann; da er zumahl weſentliche Kennzeichen des Endzwecks der Pflanzenbefruchtung enthaͤlt, nach welchen ſich die uͤbrigen Umſtaͤnde der Erzeugung, Entwick- lung und Dauer von jeder Art der Pflanzen richten. Bey ſolchen wohl beſtimmten und genau unterſchei- denden Begriffen iſt es nunmehr außer Zweifel, daß die alten griechiſchen Weltweiſen ganz richtig gedacht, und mehr das Gewaͤchsreich nach den na- tuͤrlichſten Merkmalen abzutheilen bemuͤhet geweſen ſind, als daß ſie gleich im allererſten Anfange im Stande geweſen ſeyn ſollten, ihren Schuͤlern von allen Sachen die ſie erſt zur Unterſuchung ſammlen
muß-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0231"n="219"/><hirendition="#fr">fruchtung und zugleich das Leben aufhoͤret und<lb/>
aufhoͤren muß</hi>. Von den fremden hierher gehoͤri-<lb/>
gen Gewaͤchſen muß man alſo vorher ihren vater-<lb/>
laͤndiſchen Zuſtand genau wiſſen, ehe man aus ihren<lb/>
Veraͤnderungen hier im Lande ſichere Schluͤſſe auf<lb/>
das natuͤrliche ziehen kann.</p><lb/><p>Wenn ich Vorhabens waͤre, die <hirendition="#fr">Holzarten</hi><lb/>
gegenwaͤrtig, wie beyderley vorhergehende Pflan-<lb/>
zengattungen durchzugehen, wuͤrde ſich ein ganz<lb/>
neues Feld zu einer Menge von Betrachtungen oͤf-<lb/>
nen, da ich unter dieſen <hirendition="#aq"><hirendition="#i">plantas gemmiparas</hi></hi> mit de-<lb/>
nen <hirendition="#aq"><hirendition="#i">non gemmiparis</hi>,</hi> wie bey denen Staudenge-<lb/>
waͤchſen und Straͤuchen zugleich vor mir habe. Der<lb/>
phyſikaliſche Unterſchied indeſſen, den man bey den<lb/>
4ten Hauptpflanzenarten ſo deutlich wahrnimmt, iſt<lb/>
dermaßen gewiß, allgemein und beſtaͤndig, daß man<lb/>
deshalb ihn vor voͤllig natuͤrlich halten kann; da er<lb/>
zumahl weſentliche Kennzeichen des <hirendition="#fr">Endzwecks<lb/>
der Pflanzenbefruchtung</hi> enthaͤlt, nach welchen<lb/>ſich die uͤbrigen Umſtaͤnde der Erzeugung, Entwick-<lb/>
lung und Dauer von jeder Art der Pflanzen richten.<lb/>
Bey ſolchen wohl beſtimmten und genau unterſchei-<lb/>
denden Begriffen iſt es nunmehr außer Zweifel,<lb/>
daß die alten griechiſchen Weltweiſen ganz richtig<lb/>
gedacht, und mehr das Gewaͤchsreich nach den na-<lb/>
tuͤrlichſten Merkmalen abzutheilen bemuͤhet geweſen<lb/>ſind, als daß ſie gleich im allererſten Anfange im<lb/>
Stande geweſen ſeyn ſollten, ihren Schuͤlern von<lb/>
allen Sachen die ſie erſt zur Unterſuchung ſammlen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">muß-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[219/0231]
fruchtung und zugleich das Leben aufhoͤret und
aufhoͤren muß. Von den fremden hierher gehoͤri-
gen Gewaͤchſen muß man alſo vorher ihren vater-
laͤndiſchen Zuſtand genau wiſſen, ehe man aus ihren
Veraͤnderungen hier im Lande ſichere Schluͤſſe auf
das natuͤrliche ziehen kann.
Wenn ich Vorhabens waͤre, die Holzarten
gegenwaͤrtig, wie beyderley vorhergehende Pflan-
zengattungen durchzugehen, wuͤrde ſich ein ganz
neues Feld zu einer Menge von Betrachtungen oͤf-
nen, da ich unter dieſen plantas gemmiparas mit de-
nen non gemmiparis, wie bey denen Staudenge-
waͤchſen und Straͤuchen zugleich vor mir habe. Der
phyſikaliſche Unterſchied indeſſen, den man bey den
4ten Hauptpflanzenarten ſo deutlich wahrnimmt, iſt
dermaßen gewiß, allgemein und beſtaͤndig, daß man
deshalb ihn vor voͤllig natuͤrlich halten kann; da er
zumahl weſentliche Kennzeichen des Endzwecks
der Pflanzenbefruchtung enthaͤlt, nach welchen
ſich die uͤbrigen Umſtaͤnde der Erzeugung, Entwick-
lung und Dauer von jeder Art der Pflanzen richten.
Bey ſolchen wohl beſtimmten und genau unterſchei-
denden Begriffen iſt es nunmehr außer Zweifel,
daß die alten griechiſchen Weltweiſen ganz richtig
gedacht, und mehr das Gewaͤchsreich nach den na-
tuͤrlichſten Merkmalen abzutheilen bemuͤhet geweſen
ſind, als daß ſie gleich im allererſten Anfange im
Stande geweſen ſeyn ſollten, ihren Schuͤlern von
allen Sachen die ſie erſt zur Unterſuchung ſammlen
muß-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/231>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.