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Glauber, Johann Rudolph: Philosophi & Medici Celeberrimi Opera Chymica. Frankfurt (Main), 1658.

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Dritter Theil.
noch mehr Wasser eingiessen/ denselben wieder dadurch lebendig zu machen? Jst das
nicht dem Pferd den Zaum vnter den Schwantz gelegt? Es ist ja kundbar genug/ daß
der vnvollkommenen Metallen superfluum ein verbrennlicher vnd corrosivischer Sul-
phur
sey/ vnd je vnvollkommener vnd geringer dieselben/ je mehr sie solches Sulphuris
comburentis
theilhafftig sind. Wie dann allhier bey dem Marte genug zu sehen/ daß
allein sein Sulphur acidum ihn also degradirt/ vnd von aller Würde außgestossen hat:
Dann wann er nicht so viel solches groben vnd scharffen vitriolischen Sulphuris theil-
hafftig/ so würde er so leichtlich nicht rostig/ vnd durch attrahirung einer gemeinen Feuch-
tigkeit in sich selber zernaget vnd zerstöret: vnd wann er nicht so leichtlich rostig würde/
so wäre er auch von jederman höher gehalten/ vnd könte zu besserm Gebrauch angewen-
det werden/ als nun. Ey möchtest du sagen/ ich glaube nicht/ daß ein solcher corrosivi-
scher Sulphur in dem Eisen sey/ wovon solte er ihm seyn herkommen? Man spüret ja
nicht/ daß solche Ertze oder Steine/ darauß das Eisen geschmeltzet wird/ mit solchem
Sulphure behafftet sind/ wie ist es dann ihm angeflogen? Wann schon das Ertz eines
solchen theilhafftig gewesen/ so hätte er doch im schmeltzen solche grosse Hitze nicht außste-
hen noch vertragen können/ sondern hätte sich erheben vnd davonfliegen müssen. O
Nein/ mein Lieber/ du verstehest der Metallen Natur vnd Wesen nicht/ vnd weist nicht
warumb die Natur dem Eisen vnd auch andern vnvollkommenen Metallen einen sol-
chen Sulphur gelassen; derselbe ist ihre Nahrung vnd dem bessern Theil derselben/ als ei-
nem embryoni gleichsam ihr involucrum vnd matrix, darinn sich ein edele Geburt zei-
tigt/ vnd nach der Zeitigung heraußwickelt/ in Gestalt eines reinen Metalls; dann die
Natur wil nicht/ daß das Eisen ein Eisen bleiben soll/ sondern ihr intent ist gewesen/
Gold darauß zu machen; weil aber der Bergmann darauff nicht warten kan/ vnd das-
selbige Eisen also auch zu gebrauchen weiß/ so gibt er ihm solche Zeit nicht/ daß es Gold
werde/ sondern gedenckt wie jener Fischer/ welcher ein klein vnd junges Fischlein fienge/
von welchem er gebeten wurde/ daß er es wieder ins Wasser werffen/ vnd grösser wolte
wachsen lassen/ alsdann wieder fangen solte/ da es ihm die Schüssel besser füllen würde;
darauf der Fischer antwortet: Nein/ ich wil dich behalten so klein du bist/ ich weiß nicht/
ob du mir an die Angel kommen möchtest/ wann du groß worden bist. Also thut auch der
Bergmann/ wartet nicht biß das Eisen Gold wird/ sondern gebraucht dasselbe/ darzu es
jetzund nützlich ist. Daß aber das Eisen viel corrosivisch Saltz bey sich habe/ welches
das Schmeltzfeuer nicht verzehret/ ist bekand genug/ vnd darffkeines weitern Beweises/
sonderlich weil ich in annotationibus appendicis auch davon Meldung gethan. Auff
daß du aber sehest/ daß ein Metall einen flüchtigen vnd verbrennlichen Sulphur in dem
grossen Schmeltzfeuer defendiren vnd behalten könne/ wil ich dirs hiermit deutlicher be-
weisen. Das Gold/ welches allbereit zu seiner Vollkommenheit kommen/ vnd die Na-
tur einen solchen Sulphur comburens vnd Salacidum von ihme/ als einer zeitigen Ge-
burt/ abgesondert hat/ suchet einen solchen verbrennlichen Sulphur oder Sal acidum vi-
triolatum
nicht/ weil es desselben zu fernerem Vnterhalt auch nicht vonnöhten hat/ vnd

wann
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Dritter Theil.
noch mehr Waſſer eingieſſen/ denſelben wieder dadurch lebendig zu machen? Jſt das
nicht dem Pferd den Zaum vnter den Schwantz gelegt? Es iſt ja kundbar genug/ daß
der vnvollkommenen Metallen ſuperfluum ein verbrennlicher vnd corroſiviſcher Sul-
phur
ſey/ vnd je vnvollkommener vnd geringer dieſelben/ je mehr ſie ſolches Sulphuris
comburentis
theilhafftig ſind. Wie dann allhier bey dem Marte genug zu ſehen/ daß
allein ſein Sulphur acidum ihn alſo degradirt/ vnd von aller Wuͤrde außgeſtoſſen hat:
Dann wann er nicht ſo viel ſolches groben vnd ſcharffen vitrioliſchen Sulphuris theil-
hafftig/ ſo wuͤrde er ſo leichtlich nicht roſtig/ vnd durch attrahirung eineꝛ gemeinen Feuch-
tigkeit in ſich ſelber zernaget vnd zerſtoͤret: vnd wann er nicht ſo leichtlich roſtig wuͤrde/
ſo waͤre er auch von jederman hoͤher gehalten/ vnd koͤnte zu beſſerm Gebrauch angewen-
det werden/ als nun. Ey moͤchteſt du ſagen/ ich glaube nicht/ daß ein ſolcher corroſivi-
ſcher Sulphur in dem Eiſen ſey/ wovon ſolte er ihm ſeyn herkommen? Man ſpuͤret ja
nicht/ daß ſolche Ertze oder Steine/ darauß das Eiſen geſchmeltzet wird/ mit ſolchem
Sulphure behafftet ſind/ wie iſt es dann ihm angeflogen? Wann ſchon das Ertz eines
ſolchen theilhafftig geweſen/ ſo haͤtte er doch im ſchmeltzen ſolche groſſe Hitze nicht außſte-
hen noch vertragen koͤnnen/ ſondern haͤtte ſich erheben vnd davonfliegen muͤſſen. O
Nein/ mein Lieber/ du verſteheſt der Metallen Natur vnd Weſen nicht/ vnd weiſt nicht
warumb die Natur dem Eiſen vnd auch andern vnvollkommenen Metallen einen ſol-
chen Sulphur gelaſſen; derſelbe iſt ihre Nahrung vnd dem beſſern Theil derſelben/ als ei-
nem embryoni gleichſam ihr involucrum vnd matrix, darinn ſich ein edele Geburt zei-
tigt/ vnd nach der Zeitigung heraußwickelt/ in Geſtalt eines reinen Metalls; dann die
Natur wil nicht/ daß das Eiſen ein Eiſen bleiben ſoll/ ſondern ihr intent iſt geweſen/
Gold darauß zu machen; weil aber der Bergmann darauff nicht warten kan/ vnd daſ-
ſelbige Eiſen alſo auch zu gebrauchen weiß/ ſo gibt er ihm ſolche Zeit nicht/ daß es Gold
werde/ ſondern gedenckt wie jener Fiſcher/ welcher ein klein vnd junges Fiſchlein fienge/
von welchem er gebeten wurde/ daß er es wieder ins Waſſer werffen/ vnd groͤſſer wolte
wachſen laſſen/ alsdann wieder fangen ſolte/ da es ihm die Schuͤſſel beſſer fuͤllen wuͤrde;
darauf der Fiſcher antwortet: Nein/ ich wil dich behalten ſo klein du biſt/ ich weiß nicht/
ob du mir an die Angel kommen moͤchteſt/ wann du groß worden biſt. Alſo thut auch der
Bergmann/ wartet nicht biß das Eiſen Gold wird/ ſondern gebraucht daſſelbe/ darzu es
jetzund nuͤtzlich iſt. Daß aber das Eiſen viel corroſiviſch Saltz bey ſich habe/ welches
das Schmeltzfeuer nicht verzehret/ iſt bekand genug/ vnd darffkeines weitern Beweiſes/
ſonderlich weil ich in annotationibus appendicis auch davon Meldung gethan. Auff
daß du aber ſeheſt/ daß ein Metall einen fluͤchtigen vnd verbrennlichen Sulphur in dem
groſſen Schmeltzfeuer defendiren vnd behalten koͤnne/ wil ich dirs hiermit deutlicher be-
weiſen. Das Gold/ welches allbereit zu ſeiner Vollkommenheit kommen/ vnd die Na-
tur einen ſolchen Sulphur comburens vnd Salacidum von ihme/ als einer zeitigen Ge-
burt/ abgeſondert hat/ ſuchet einen ſolchen verbrennlichen Sulphur oder Sal acidum vi-
triolatum
nicht/ weil es deſſelben zu fernerem Vnterhalt auch nicht vonnoͤhten hat/ vnd

wann
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[389/0423] Dritter Theil. noch mehr Waſſer eingieſſen/ denſelben wieder dadurch lebendig zu machen? Jſt das nicht dem Pferd den Zaum vnter den Schwantz gelegt? Es iſt ja kundbar genug/ daß der vnvollkommenen Metallen ſuperfluum ein verbrennlicher vnd corroſiviſcher Sul- phur ſey/ vnd je vnvollkommener vnd geringer dieſelben/ je mehr ſie ſolches Sulphuris comburentis theilhafftig ſind. Wie dann allhier bey dem Marte genug zu ſehen/ daß allein ſein Sulphur acidum ihn alſo degradirt/ vnd von aller Wuͤrde außgeſtoſſen hat: Dann wann er nicht ſo viel ſolches groben vnd ſcharffen vitrioliſchen Sulphuris theil- hafftig/ ſo wuͤrde er ſo leichtlich nicht roſtig/ vnd durch attrahirung eineꝛ gemeinen Feuch- tigkeit in ſich ſelber zernaget vnd zerſtoͤret: vnd wann er nicht ſo leichtlich roſtig wuͤrde/ ſo waͤre er auch von jederman hoͤher gehalten/ vnd koͤnte zu beſſerm Gebrauch angewen- det werden/ als nun. Ey moͤchteſt du ſagen/ ich glaube nicht/ daß ein ſolcher corroſivi- ſcher Sulphur in dem Eiſen ſey/ wovon ſolte er ihm ſeyn herkommen? Man ſpuͤret ja nicht/ daß ſolche Ertze oder Steine/ darauß das Eiſen geſchmeltzet wird/ mit ſolchem Sulphure behafftet ſind/ wie iſt es dann ihm angeflogen? Wann ſchon das Ertz eines ſolchen theilhafftig geweſen/ ſo haͤtte er doch im ſchmeltzen ſolche groſſe Hitze nicht außſte- hen noch vertragen koͤnnen/ ſondern haͤtte ſich erheben vnd davonfliegen muͤſſen. O Nein/ mein Lieber/ du verſteheſt der Metallen Natur vnd Weſen nicht/ vnd weiſt nicht warumb die Natur dem Eiſen vnd auch andern vnvollkommenen Metallen einen ſol- chen Sulphur gelaſſen; derſelbe iſt ihre Nahrung vnd dem beſſern Theil derſelben/ als ei- nem embryoni gleichſam ihr involucrum vnd matrix, darinn ſich ein edele Geburt zei- tigt/ vnd nach der Zeitigung heraußwickelt/ in Geſtalt eines reinen Metalls; dann die Natur wil nicht/ daß das Eiſen ein Eiſen bleiben ſoll/ ſondern ihr intent iſt geweſen/ Gold darauß zu machen; weil aber der Bergmann darauff nicht warten kan/ vnd daſ- ſelbige Eiſen alſo auch zu gebrauchen weiß/ ſo gibt er ihm ſolche Zeit nicht/ daß es Gold werde/ ſondern gedenckt wie jener Fiſcher/ welcher ein klein vnd junges Fiſchlein fienge/ von welchem er gebeten wurde/ daß er es wieder ins Waſſer werffen/ vnd groͤſſer wolte wachſen laſſen/ alsdann wieder fangen ſolte/ da es ihm die Schuͤſſel beſſer fuͤllen wuͤrde; darauf der Fiſcher antwortet: Nein/ ich wil dich behalten ſo klein du biſt/ ich weiß nicht/ ob du mir an die Angel kommen moͤchteſt/ wann du groß worden biſt. Alſo thut auch der Bergmann/ wartet nicht biß das Eiſen Gold wird/ ſondern gebraucht daſſelbe/ darzu es jetzund nuͤtzlich iſt. Daß aber das Eiſen viel corroſiviſch Saltz bey ſich habe/ welches das Schmeltzfeuer nicht verzehret/ iſt bekand genug/ vnd darffkeines weitern Beweiſes/ ſonderlich weil ich in annotationibus appendicis auch davon Meldung gethan. Auff daß du aber ſeheſt/ daß ein Metall einen fluͤchtigen vnd verbrennlichen Sulphur in dem groſſen Schmeltzfeuer defendiren vnd behalten koͤnne/ wil ich dirs hiermit deutlicher be- weiſen. Das Gold/ welches allbereit zu ſeiner Vollkommenheit kommen/ vnd die Na- tur einen ſolchen Sulphur comburens vnd Salacidum von ihme/ als einer zeitigen Ge- burt/ abgeſondert hat/ ſuchet einen ſolchen verbrennlichen Sulphur oder Sal acidum vi- triolatum nicht/ weil es deſſelben zu fernerem Vnterhalt auch nicht vonnoͤhten hat/ vnd wann C c c 3

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Zitationshilfe: Glauber, Johann Rudolph: Philosophi & Medici Celeberrimi Opera Chymica. Frankfurt (Main), 1658, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glauber_opera01_1658/423>, abgerufen am 24.11.2024.