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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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auf die letzte Anrede des Königs, mit einfließen laßen, wie es der
Könige genugsame Mittel gegen diejenige verschaffen werde, welche
der Englischen Macht Grentzen setzen wolten. Darüber nun machte
er diese Reflexion, daß es schiene, ob wolten die Engelländer auch
so gar nicht mehr von Gott dependent seyn, welcher ihnen durch die
bisherigen Sturm-Winde die allermeisten Schrancken gesetzt habe,
gegen Spanien nach Wunsch zu reussiren. Er erinnerte sich dabey,
daß, als er ehemals als frantzösischer Minister in Holland gewesen
und die Holländer über hiesige Truppen einige Vortheile erhalten
manche von dortiger Nation ihm ins Gesichte gesaget: que c'etoile
aux republiques de mettre les Rois a la raison, dagegen er ihnen
aber vorgestellet, daß diejenigen, welche dergleichen hochmütige Sprache
führeten, eben die Leute wären, an denen die Providentz ihre
allgemeine Ober Herrschaft nachdrücklich zu legitimiren pflege.
Wie denn auch die Holländer kurtz darauf solches emfpunden
hätten. Von denen ietzigen teutschen Reichs-Sachen wurde vie-
les gesprochen, und gab der Cardinal sowol was die Kayser-Wahl
als auch die Oesterreichische Succession betrifft, seine Neigung vor
Bayern mercklich zu erkennen. Daß die Ertz-Hertzogin ihren Ge-
mahl
Salva Sanctione pragmatica sich in der Regierung associirt
habe, solches hielt er pro clausula facto contraria, meinte auch,
der Hazard sey viel zu groß, als daß dieser Association wegen
das Reich bey der Wahl auf ihn reflectiren solte: denn die Ertz Hertzogin
könne sterben, oder auch ihre Schwester sich vermählen und einen Printz
bekommen, in beyden Fällen aber hätte der Hertzog von Lothringen
nichts, als Toscana, und wenn ihm durch mancherley mögliche
Fälle auch dieses entginge, so wäre er vollend ein Herr ohne
Land, und würde also das Reich genötiget seyn, seinen Kayser
zu alimentiren. Wie es bey der bevorstehenden Wahl mit der
Böhmischen Chur-Stimme werde gehalten werden, und ob allen-
fals die Böhmischen Stände berechtiget seyn möchten, solche Stimme
durch Abgeordnete zu führen, darüber wurde ebenfals pro und
contra raisoniret, und schiene es dem Cardinal angenehm zu
seyn, zu vernehmen, daß einer von Illustrissimi Vorfahren bey
der Wahl Kayser Friedrichs des IIIten, die Stelle der Stände vertreten
habe. Doch opponirte er dagegen, daß zur selben Zeit die Crone
Böhmen unstreitig ein Wahl-Reich gewesen, nachdem aber von
denen Zeiten Ferdinandi IIdi an, durch Veranlaßung des unglücklichen
Friderici Palatini, das Haus Oesterreich die Erblichkeit zu behaupten
angefangen, so glaube er daß die Ertz-Hertzogin selbst Bedencken

auf die letzte Anrede des Königs, mit einfließen laßen, wie es der
Könige genugsame Mittel gegen diejenige verschaffen werde, welche
der Englischen Macht Grentzen setzen wolten. Darüber nun machte
er diese Reflexion, daß es schiene, ob wolten die Engelländer auch
so gar nicht mehr von Gott dependent seyn, welcher ihnen durch die
bisherigen Sturm-Winde die allermeisten Schrancken gesetzt habe,
gegen Spanien nach Wunsch zu reussiren. Er erinnerte sich dabey,
daß, als er ehemals als frantzösischer Minister in Holland gewesen
und die Holländer über hiesige Truppen einige Vortheile erhalten
manche von dortiger Nation ihm ins Gesichte gesaget: que c’etoile
aux republiques de mettre les Rois à la raison, dagegen er ihnen
aber vorgestellet, daß diejenigen, welche dergleichen hochmütige Sprache
führeten, eben die Leute wären, an denen die Providentz ihre
allgemeine Ober Herrschaft nachdrücklich zu legitimiren pflege.
Wie denn auch die Holländer kurtz darauf solches emfpunden
hätten. Von denen ietzigen teutschen Reichs-Sachen wurde vie-
les gesprochen, und gab der Cardinal sowol was die Kayser-Wahl
als auch die Oesterreichische Succession betrifft, seine Neigung vor
Bayern mercklich zu erkennen. Daß die Ertz-Hertzogin ihren Ge-
mahl
Salva Sanctione pragmatica sich in der Regierung associirt
habe, solches hielt er pro clausula facto contraria, meinte auch,
der Hazard sey viel zu groß, als daß dieser Association wegen
das Reich bey der Wahl auf ihn reflectiren solte: denn die Ertz Hertzogin
könne sterben, oder auch ihre Schwester sich vermählen und einen Printz
bekommen, in beyden Fällen aber hätte der Hertzog von Lothringen
nichts, als Toscana, und wenn ihm durch mancherley mögliche
Fälle auch dieses entginge, so wäre er vollend ein Herr ohne
Land, und würde also das Reich genötiget seyn, seinen Kayser
zu alimentiren. Wie es bey der bevorstehenden Wahl mit der
Böhmischen Chur-Stimme werde gehalten werden, und ob allen-
fals die Böhmischen Stände berechtiget seyn möchten, solche Stimme
durch Abgeordnete zu führen, darüber wurde ebenfals pro und
contra raisoniret, und schiene es dem Cardinal angenehm zu
seyn, zu vernehmen, daß einer von Illustrissimi Vorfahren bey
der Wahl Kayser Friedrichs des IIIten, die Stelle der Stände vertreten
habe. Doch opponirte er dagegen, daß zur selben Zeit die Crone
Böhmen unstreitig ein Wahl-Reich gewesen, nachdem aber von
denen Zeiten Ferdinandi IIdi an, durch Veranlaßung des unglücklichen
Friderici Palatini, das Haus Oesterreich die Erblichkeit zu behaupten
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[0093] auf die letzte Anrede des Königs, mit einfließen laßen, wie es der Könige genugsame Mittel gegen diejenige verschaffen werde, welche der Englischen Macht Grentzen setzen wolten. Darüber nun machte er diese Reflexion, daß es schiene, ob wolten die Engelländer auch so gar nicht mehr von Gott dependent seyn, welcher ihnen durch die bisherigen Sturm-Winde die allermeisten Schrancken gesetzt habe, gegen Spanien nach Wunsch zu reussiren. Er erinnerte sich dabey, daß, als er ehemals als frantzösischer Minister in Holland gewesen und die Holländer über hiesige Truppen einige Vortheile erhalten manche von dortiger Nation ihm ins Gesichte gesaget: que c’etoile aux republiques de mettre les Rois à la raison, dagegen er ihnen aber vorgestellet, daß diejenigen, welche dergleichen hochmütige Sprache führeten, eben die Leute wären, an denen die Providentz ihre allgemeine Ober Herrschaft nachdrücklich zu legitimiren pflege. Wie denn auch die Holländer kurtz darauf solches emfpunden hätten. Von denen ietzigen teutschen Reichs-Sachen wurde vie- les gesprochen, und gab der Cardinal sowol was die Kayser-Wahl als auch die Oesterreichische Succession betrifft, seine Neigung vor Bayern mercklich zu erkennen. Daß die Ertz-Hertzogin ihren Ge- mahl Salva Sanctione pragmatica sich in der Regierung associirt habe, solches hielt er pro clausula facto contraria, meinte auch, der Hazard sey viel zu groß, als daß dieser Association wegen das Reich bey der Wahl auf ihn reflectiren solte: denn die Ertz Hertzogin könne sterben, oder auch ihre Schwester sich vermählen und einen Printz bekommen, in beyden Fällen aber hätte der Hertzog von Lothringen nichts, als Toscana, und wenn ihm durch mancherley mögliche Fälle auch dieses entginge, so wäre er vollend ein Herr ohne Land, und würde also das Reich genötiget seyn, seinen Kayser zu alimentiren. Wie es bey der bevorstehenden Wahl mit der Böhmischen Chur-Stimme werde gehalten werden, und ob allen- fals die Böhmischen Stände berechtiget seyn möchten, solche Stimme durch Abgeordnete zu führen, darüber wurde ebenfals pro und contra raisoniret, und schiene es dem Cardinal angenehm zu seyn, zu vernehmen, daß einer von Illmi Vorfahren bey der Wahl Kayser Friedrichs des IIIten, die Stelle der Stände vertreten habe. Doch opponirte er dagegen, daß zur selben Zeit die Crone Böhmen unstreitig ein Wahl-Reich gewesen, nachdem aber von denen Zeiten Ferdinandi IIdi an, durch Veranlaßung des unglückl: Friderici Palatini, das Haus Oesterreich die Erblichkeit zu behaupten angefangen, so glaube er daß die Ertz-Hertzogin selbst Bedencken

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/93>, abgerufen am 03.12.2024.