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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Die Stadt ist nicht klein, auch wohl gebauet, und ziemlich peupliret, wie
wohl die Neapolitänischen Gäste, welche hier 3 Battalions starck waren, sie
dermalen noch lebhaffter machten. Wir begaben uns mit dem von dem Cardi-
nal T[unleserliches Material]encin empfangenen recommendation bald zu dem hiesigen Päbstl:
Gouverneur Msgr: Lanti, dessen Mutter aus dem Hause Tremoilles
gewesen. Er bewohnet den hiesigen Pallast derer ehemaligen Hertzoge
von Urbino, von denen dieser Ort und Land, bekannter maaßen, an
den Päbstl. Stuhl gedien ist, und hat eine eben solche Schweitzer=Wache,
wie der Pabst und seine Legaten zu haben pflegen. Seiner gantzen mine
nach scheinet er ein bon vivant zu seyn, doch aber großen Verstand zu
haben, dahero er auch bey nächster Cardinals-promotion in diese Wür-
de hinauf rucken wird. Er empfing uns auf das höfflichste, offerirete
seine Küche, Keller und das quartier im Palais, welches wir aber zu
Vermeidung der Weitläuffigkeit declinireten. Er klagete über die
Neaploitanischen und Spanischen Gäste, daß er ihnen von 30 - 40 Mil
lien her schon die Fourage und andere Nothdurffts müße herbey führen
laßen, und dennoch nur mit billets und Worten bezahlet werde.
Auch bezeugete er sich darüber mißvergnügt, daß man uns unter
Weges den Paß abgefordert, und erzehlete, daß er sich mit dem Duc
de Montemar, als er noch hier in Pesaro gestanden, dieser ma-
terie wegen überworffen, und ihm remonstriret habe, wie denen
trouppen weiter nichts, als der durch march verstattet sey, und
sie sich also als Gäste anzusehen, keines Weges aber auf andre Reisende zu
inquiriren hätten, als welches allenfals bloß allein ihme und andern
seines gleichen päbstl. Gouverneurn zu komme. Nachdem wir wegen unsrer
ferneren tour mit ihm Überlegung gepflogen, begaben wir uns wieder
ins Posthauß zum Abend-Eßen und zur Ruhe, frühe ein paar Stunden
vor Tage aber - Den 17ten April wieder auf den Weg, zu
welchen frühzeitigen Aufbruch uns die starcke passage von chaises und
couriers nöthigte, um nehmlich durch diese auf der fernern route desto
weniger wegen der Pferde praeveniret zu werden. Die erste Post
hinter Pesaro ist das Dorff Catholica, welches deswegen merck-
würdig ist, weil die wenigen Orthodoxen Bischöffe dahin ihre
retirade genommen, als sie von der großen Menge ihrer Arianischen
Mit-Brüder auf dem ao 359 zu Rimini gehaltenen Concilio über-
stimmet worden, von welcher Begebenheit auch der gedachte Nahme
dieses Dorffs seinen Uhrsprung hat. Zu Rimini wurden wir zwar
durch eine Wache vom Thor bis vor das Quartier des Duc de Monte
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Die Stadt ist nicht klein, auch wohl gebauet, und ziemlich peupliret, wie
wohl die Neapolitänischen Gäste, welche hier 3 Battalions starck waren, sie
dermalen noch lebhaffter machten. Wir begaben uns mit dem von dem Cardi-
nal T[unleserliches Material]encin empfangenen recommendation bald zu dem hiesigen Päbstl:
Gouverneur Msgr: Lanti, dessen Mutter aus dem Hause Tremoilles
gewesen. Er bewohnet den hiesigen Pallast derer ehemaligen Hertzoge
von Urbino, von denen dieser Ort und Land, bekannter maaßen, an
den Päbstl. Stuhl gedien ist, und hat eine eben solche Schweitzer=Wache,
wie der Pabst und seine Legaten zu haben pflegen. Seiner gantzen mine
nach scheinet er ein bon vivant zu seyn, doch aber großen Verstand zu
haben, dahero er auch bey nächster Cardinals-promotion in diese Wür-
de hinauf rucken wird. Er empfing uns auf das höfflichste, offerirete
seine Küche, Keller und das quartier im Palais, welches wir aber zu
Vermeidung der Weitläuffigkeit declinireten. Er klagete über die
Neaploitanischen und Spanischen Gäste, daß er ihnen von 30 – 40 Mil
lien her schon die Fourage und andere Nothdurffts müße herbey führen
laßen, und dennoch nur mit billets und Worten bezahlet werde.
Auch bezeugete er sich darüber mißvergnügt, daß man uns unter
Weges den Paß abgefordert, und erzehlete, daß er sich mit dem Duc
de Montemar, als er noch hier in Pesaro gestanden, dieser ma-
terie wegen überworffen, und ihm remonstriret habe, wie denen
trouppen weiter nichts, als der durch march verstattet sey, und
sie sich also als Gäste anzusehen, keines Weges aber auf andre Reisende zu
inquiriren hätten, als welches allenfals bloß allein ihme und andern
seines gleichen päbstl. Gouverneurn zu komme. Nachdem wir wegen unsrer
ferneren tour mit ihm Überlegung gepflogen, begaben wir uns wieder
ins Posthauß zum Abend-Eßen und zur Ruhe, frühe ein paar Stunden
vor Tage aber - Den 17ten April wieder auf den Weg, zu
welchen frühzeitigen Aufbruch uns die starcke passage von chaises und
couriers nöthigte, um nehmlich durch diese auf der fernern route desto
weniger wegen der Pferde praeveniret zu werden. Die erste Post
hinter Pesaro ist das Dorff Catholica, welches deswegen merck-
würdig ist, weil die wenigen Orthodoxen Bischöffe dahin ihre
retirade genommen, als sie von der großen Menge ihrer Arianischen
Mit-Brüder auf dem ao 359 zu Rimini gehaltenen Concilio über-
stimmet worden, von welcher Begebenheit auch der gedachte Nahme
dieses Dorffs seinen Uhrsprung hat. Zu Rimini wurden wir zwar
durch eine Wache vom Thor bis vor das Quartier des Duc de Monte
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[0742] 364 Die Stadt ist nicht klein, auch wohl gebauet, und ziemlich peupliret, wie wohl die Neapolitänischen Gäste, welche hier 3 Battalions starck waren, sie dermalen noch lebhaffter machten. Wir begaben uns mit dem von dem Cardi- nal Tencin empfangenen recommendation bald zu dem hiesigen Päbstl: Gouverneur Msgr: Lanti, dessen Mutter aus dem Hause Tremoilles gewesen. Er bewohnet den hiesigen Pallast derer ehemaligen Hertzoge von Urbino, von denen dieser Ort und Land, bekannter maaßen, an den Päbstl. Stuhl gedien ist, und hat eine eben solche Schweitzer=Wache, wie der Pabst und seine Legaten zu haben pflegen. Seiner gantzen mine nach scheinet er ein bon vivant zu seyn, doch aber großen Verstand zu haben, dahero er auch bey nächster Cardinals-promotion in diese Wür- de hinauf rucken wird. Er empfing uns auf das höfflichste, offerirete seine Küche, Keller und das quartier im Palais, welches wir aber zu Vermeidung der Weitläuffigkeit declinireten. Er klagete über die Neaploitanischen und Spanischen Gäste, daß er ihnen von 30 – 40 Mil lien her schon die Fourage und andere Nothdurffts müße herbey führen laßen, und dennoch nur mit billets und Worten bezahlet werde. Auch bezeugete er sich darüber mißvergnügt, daß man uns unter Weges den Paß abgefordert, und erzehlete, daß er sich mit dem Duc de Montemar, als er noch hier in Pesaro gestanden, dieser ma- terie wegen überworffen, und ihm remonstriret habe, wie denen trouppen weiter nichts, als der durch march verstattet sey, und sie sich also als Gäste anzusehen, keines Weges aber auf andre Reisende zu inquiriren hätten, als welches allenfals bloß allein ihme und andern seines gleichen päbstl. Gouverneurn zu komme. Nachdem wir wegen unsrer ferneren tour mit ihm Überlegung gepflogen, begaben wir uns ins Posthauß zum Abend-Eßen und zur Ruhe, frühe ein paar Stunden vor Tage aber - Den 17ten April wieder auf den Weg, zu welchen frühzeitigen Aufbruch uns die starcke passage von chaises und couriers nöthigte, um nehmlich durch diese auf der fernern route desto weniger wegen der Pferde praeveniret zu werden. Die erste Post hinter Pesaro ist das Dorff Catholica, welches deswegen merck- würdig ist, weil die wenigen Orthodoxen Bischöffe dahin ihre retirade genommen, als sie von der großen Menge ihrer Arianischen Mit-Brüder auf dem ao 359 zu Rimini gehaltenen Concilio über- stimmet worden, von welcher Begebenheit auch der gedachte Nahme dieses Dorffs seinen Ursprung hat. Zu Rimini wurden wir zwar durch eine Wache vom Thor bis vor das Quartier des Duc de Monte mar

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/742>, abgerufen am 24.11.2024.