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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Das ehemals im Diario Nummer 6 sub de dato 16 November gemeldete Augen-
Clavir des Jesuiten Pater Castell, wurde von uns heute in Augen-
schein genommen, und bestehet solches in einer Machine, welche
einem offnen Schranck gleich siehet. Wenn man nun vor
diesem Schranck stehet, so hat man, in der Höhe des halben
Leibes, 4 über einander liegende Clavire, wie etwan bey großen
Orgeln gebräuchlich, vor sich. Das unterste Clavir ist ein or-
dentliches Positiv, mit höltzernen Pfeiffen versehen, die
3 öbersten Clavir aber sind destiniret, um gewiße Schieben
welche die über denen Claviren in dem Fond des Schranckes Collo-
nen weise rangirte Farben bedecken, in die Höhe zu ziehen
und solchergestalt die gedachten Farben dem Auge sichtbar
zu machen. Die Couleuren bestehen aus längligt viereckigen
Stücken von seidenen Stoffen, hin und wider aber sind die
ehemals erwehnten papiernen Fächer, welche sich auf und
zu thun, mit untergemischet. Wird nun auf dem unter-
sten Clavire gespielet, so drücken sich die Claves derer
3 übrigen Clavire zugleich nieder, und öfnen, vermittelst
gewißer Drat-Faden, die durch obbesagte Schieber verdeckten
Farben, und zwar dergestalt, daß die Farben mit denen
Thonen accordiren. Diesen accord zu begreiffen, ist das
Farben Systema des Pater Castells, worüber er sich dismal deutli-
cher erkläret, hier einzurücken. Er statuiret zwar nur
3 eigentliche Haupt-Farben, nehmlich: blau, gelb und roth.
Durch Vermischung dieser 3 Farben aber entstehen noch 9 andre
welchen 12 Farben zusammen, er, in einem generalen Ver-
stande, den Nahmen derer Haupt-Farben beyleget, um durch
diese Anzahl die Gleichheit mit denen in d einer musicalischen
Octav, inclusive derer Semitoniorum, sich findenden 12 Thone
heraus zu bringen. Von einer iedweden derer obgedachten
12 Haupt-Farben, formiret er wider 12 Schattirungen, von
dem dunckelsten Grad derselben bis zum hellesten, und eine
iede solche Schattierung correspondiret mit einer musicalischen
Octav. Da nun 12 mal 12, 144 machen, so hat er auf seinem
Farben-Clavir 12 Octaven, deren iedwede, wie gedacht, aus
12 Schattierungs-Graden derer sogenanten 12 Haupt-Farben bestehet.
Wenn nun das ordentliche Thon-Clavir gespielet wird, so prae-
sentiret sich Zum Exempel bey Niederdrückung des clavis C die blaue Farbe

Das ehemals im Diario Nummer 6 sub de dato 16 November gemeldete Augen-
Clavir des Jesuiten Pater Castell, wurde von uns heute in Augen-
schein genommen, und bestehet solches in einer Machine, welche
einem offnen Schranck gleich siehet. Wenn man nun vor
diesem Schranck stehet, so hat man, in der Höhe des halben
Leibes, 4 über einander liegende Clavire, wie etwan bey großen
Orgeln gebräuchlich, vor sich. Das unterste Clavir ist ein or-
dentliches Positiv, mit höltzernen Pfeiffen versehen, die
3 öbersten Clavir aber sind destiniret, um gewiße Schieben
welche die über denen Claviren in dem Fond des Schranckes Collo-
nen weise rangirte Farben bedecken, in die Höhe zu ziehen
und solchergestalt die gedachten Farben dem Auge sichtbar
zu machen. Die Couleuren bestehen aus längligt viereckigen
Stücken von seidenen Stoffen, hin und wider aber sind die
ehemals erwehnten papiernen Fächer, welche sich auf und
zu thun, mit untergemischet. Wird nun auf dem unter-
sten Clavire gespielet, so drücken sich die Claves derer
3 übrigen Clavire zugleich nieder, und öfnen, vermittelst
gewißer Drat-Faden, die durch obbesagte Schieber verdeckten
Farben, und zwar dergestalt, daß die Farben mit denen
Thonen accordiren. Diesen accord zu begreiffen, ist das
Farben Systema des Pater Castells, worüber er sich dismal deutli-
cher erkläret, hier einzurücken. Er statuiret zwar nur
3 eigentliche Haupt-Farben, nehmlich: blau, gelb und roth.
Durch Vermischung dieser 3 Farben aber entstehen noch 9 andre
welchen 12 Farben zusammen, er, in einem generalen Ver-
stande, den Nahmen derer Haupt-Farben beyleget, um durch
diese Anzahl die Gleichheit mit denen in d einer musicalischen
Octav, inclusive derer Semitoniorum, sich findenden 12 Thone
heraus zu bringen. Von einer iedweden derer obgedachten
12 Haupt-Farben, formiret er wider 12 Schattirungen, von
dem dunckelsten Grad derselben bis zum hellesten, und eine
iede solche Schattierung correspondiret mit einer musicalischen
Octav. Da nun 12 mal 12, 144 machen, so hat er auf seinem
Farben-Clavir 12 Octaven, deren iedwede, wie gedacht, aus
12 Schattierungs-Graden derer sogenanten 12 Haupt-Farben bestehet.
Wenn nun das ordentliche Thon-Clavir gespielet wird, so prae-
sentiret sich Zum Exempel bey Niederdrückung des clavis C die blaue Farbe

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[0073] Das ehemals im Diario No 6 sub d. d. 16 Novbr: gemeldete Augen- Clavir des Jesuiten P. Castell, wurde von uns heute in Augen- schein genommen, und bestehet solches in einer Machine, welche einem offnen Schranck gleich siehet. Wenn man nun vor diesem Schranck stehet, so hat man, in der Höhe des halben Leibes, 4 über einander liegende Clavire, wie etwan bey großen Orgeln gebräuchlich, vor sich. Das unterste Clavir ist ein or- dentliches Positiv, mit höltzernen Pfeiffen versehen, die 3 öbersten Clavir aber sind destiniret, um gewiße Schieben welche die über denen Claviren in dem Fond des Schranckes Collo- nen weise rangirte Farben bedecken, in die Höhe zu ziehen und solchergestalt die gedachten Farben dem Auge sichtbar zu machen. Die Couleuren bestehen aus längligt viereckigen Stücken von seidenen Stoffen, hin und wider aber sind die ehemals erwehnten papiernen Fächer, welche sich auf und zu thun, mit untergemischet. Wird nun auf dem unter- sten Clavire gespielet, so drücken sich die Claves derer 3 übrigen Clavire zugleich nieder, und öfnen, vermittelst gewißer Drat-Faden, die durch obbesagte Schieber verdeckten Farben, und zwar dergestalt, daß die Farben mit denen Thonen accordiren. Diesen accord zu begreiffen, ist das Farben Systema des P. Castells, worüber er sich dismal deutli- cher erkläret, hier einzurücken. Er statuiret zwar nur 3 eigentliche Haupt-Farben, nehmlich: blau, gelb und roth. Durch Vermischung dieser 3 Farben aber entstehen noch 9 andre welchen 12 Farben zusammen, er, in einem generalen Ver- stande, den Nahmen derer Haupt-Farben beyleget, um durch diese Anzahl die Gleichheit mit denen in d einer musicalischen Octav, inclusive derer Semitoniorum, sich findenden 12 Thone heraus zu bringen. Von einer iedweden derer obgedachten 12 Haupt-Farben, formiret er wider 12 Schattirungen, von dem dunckelsten Grad derselben bis zum hellesten, und eine iede solche Schattierung correspondiret mit einer musicalischen Octav. Da nun 12 mal 12, 144 machen, so hat er auf seinem Farben-Clavir 12 Octaven, deren iedwede, wie gedacht, aus 12 Schattierungs-Graden derer sogenanten 12 Haupt-Farben bestehet. Wenn nun das ordentliche Thon-Clavir gespielet wird, so prae- sentiret sich Z. E. bey Niederdrückung des clavis C die blaue Farbe

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/73>, abgerufen am 21.11.2024.