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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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handgreifliche Lügen derselben statt eines Beweises dienen müßen.
Von gleichem Stoff ist dasjenige, was man in der neuen
Kirche dieses Closters angeschrieben findet, daß nehml: der T[unleserliches Material]eufel
den Cörper eines reichen Wucherers, welchen man neben ei-
nem Altar begraben, den Tag nach dem Begräbniß wieder
weggeholet, und durch die Kirch-Mauer mit sich in die Hölle ge-
führet habe. Das Loch neben dem Altar ist noch vorhanden,
und siehet einer kleinen Niche ähnlich, welche gantz unten
auf der Fläche ohngefähr eine Spanne hoch mit Schutt ausgefüllet
ist, daß man also dem Wege nicht weit nachspühren kan,
auf welchem dieser Cörper fort gebracht worden.

2.) Der Ort wo S. Franciscus denen Fischen geprediget haben
soll, ist ietzo mit einer Mauer von der See abgesondert. Der
Erzehlung nach, sind die Fische aus dem gantzen See-Busen zu-
sammen gekommen, haben die Köpfe über das Waßer heraus
gestrecket, und mit der größten attention seine gantze
Predigt angehöret. Was er eigentl: geprediget, das hat uns
Niemand sagen können: ob aber die Fische Ohren zum
hören gehabt, und ob sie das Gehörte verstanden, darüber
haben wir zu fragen uns nicht einmal getrauet.

3.) Der große Felsen, welcher bey der Creutzigung Christi,
gleich andern, zerrißen seyn soll. Daß dieser Felsen durch
ein Erdbeben würckl: zerspalten sey, siehet man an denen
in dem großen Riß zu beyden Seiten sich findenden
convexen und concaven Stellen, als welche iust in einander
passen würden, wenn der Berg wieder zusamen geschoben
werden könte. In diesen Felsen-Riß hat man eine
Treppe angeleget, auf welcher man bis zu einer Capelle
hinunter steiget. Die Capelle selbst aber ist auf ein Stück
Felsen erbauet, welches nach geschehenem Riß von oben
herunter gefallen. Man siehet aus dieser zwischen dem
Felsen steckenden Capelle auf das Meer hinaus, welches
mit großem Getöse in diesen Felsen Riß hinein schläget.
Auch dieser Ort ist nicht ohne miracul. Denn man siehet
auf der einen Seite vorbesagter Treppe 5 Löcher in dem Felsen,
welcher ein Ungläubiger mit denen 5 Fingern seiner Hand
hineingedrücket haben soll, nachdem er nehml: die Zerreißung

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handgreifliche Lügen derselben statt eines Beweises dienen müßen.
Von gleichem Stoff ist dasjenige, was man in der neuen
Kirche dieses Closters angeschrieben findet, daß nehml: der T[unleserliches Material]eufel
den Cörper eines reichen Wucherers, welchen man neben ei-
nem Altar begraben, den Tag nach dem Begräbniß wieder
weggeholet, und durch die Kirch-Mauer mit sich in die Hölle ge-
führet habe. Das Loch neben dem Altar ist noch vorhanden,
und siehet einer kleinen Niche ähnlich, welche gantz unten
auf der Fläche ohngefähr eine Spanne hoch mit Schutt ausgefüllet
ist, daß man also dem Wege nicht weit nachspühren kan,
auf welchem dieser Cörper fort gebracht worden.

2.) Der Ort wo S. Franciscus denen Fischen geprediget haben
soll, ist ietzo mit einer Mauer von der See abgesondert. Der
Erzehlung nach, sind die Fische aus dem gantzen See-Busen zu-
sammen gekommen, haben die Köpfe über das Waßer heraus
gestrecket, und mit der größten attention seine gantze
Predigt angehöret. Was er eigentl: geprediget, das hat uns
Niemand sagen können: ob aber die Fische Ohren zum
hören gehabt, und ob sie das Gehörte verstanden, darüber
haben wir zu fragen uns nicht einmal getrauet.

3.) Der große Felsen, welcher bey der Creutzigung Christi,
gleich andern, zerrißen seyn soll. Daß dieser Felsen durch
ein Erdbeben würckl: zerspalten sey, siehet man an denen
in dem großen Riß zu beyden Seiten sich findenden
convexen und concaven Stellen, als welche iust in einander
passen würden, wenn der Berg wieder zusamen geschoben
werden könte. In diesen Felsen-Riß hat man eine
Treppe angeleget, auf welcher man bis zu einer Capelle
hinunter steiget. Die Capelle selbst aber ist auf ein Stück
Felsen erbauet, welches nach geschehenem Riß von oben
herunter gefallen. Man siehet aus dieser zwischen dem
Felsen steckenden Capelle auf das Meer hinaus, welches
mit großem Getöse in diesen Felsen Riß hinein schläget.
Auch dieser Ort ist nicht ohne miracul. Denn man siehet
auf der einen Seite vorbesagter Treppe 5 Löcher in dem Felsen,
welcher ein Ungläubiger mit denen 5 Fingern seiner Hand
hineingedrücket haben soll, nachdem er nehml: die Zerreißung

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[0682] 334 handgreifliche Lügen derselben statt eines Beweises dienen müßen. Von gleichem Stoff ist dasjenige, was man in der neuen Kirche dieses Closters angeschrieben findet, daß nehml: der Teufel den Cörper eines reichen Wucherers, welchen man neben ei- nem Altar begraben, den Tag nach dem Begräbniß wieder weggeholet, und durch die Kirch-Mauer mit sich in die Hölle ge- führet habe. Das Loch neben dem Altar ist noch vorhanden, und siehet einer kleinen Niche ähnlich, welche gantz unten auf der Fläche ohngefähr eine Spanne hoch mit Schutt ausgefüllet ist, daß man also dem Wege nicht weit nachspühren kan, auf welchem dieser Cörper fort gebracht worden. 2.) Der Ort wo S. Franciscus denen Fischen geprediget haben soll, ist ietzo mit einer Mauer von der See abgesondert. Der Erzehlung nach, sind die Fische aus dem gantzen See-Busen zu- sammen gekommen, haben die Köpfe über das Waßer heraus gestrecket, und mit der größten attention seine gantze Predigt angehöret. Was er eigentl: geprediget, das hat uns Niemand sagen können: ob aber die Fische Ohren zum hören gehabt, und ob sie das Gehörte verstanden, darüber haben wir zu fragen uns nicht einmal getrauet. 3.) Der große Felsen, welcher bey der Creutzigung Christi, gleich andern, zerrißen seyn soll. Daß dieser Felsen durch ein Erdbeben würckl: zerspalten sey, siehet man an denen in dem großen Riß zu beyden Seiten sich findenden convexen und concaven Stellen, als welche iust in einander passen würden, wenn der Berg wieder zusamen geschoben werden könte. In diesen Felsen-Riß hat man eine Treppe angeleget, auf welcher man bis zu einer Capelle hinunter steiget. Die Capelle selbst aber ist auf ein Stück Felsen erbauet, welches nach geschehenem Riß von oben herunter gefallen. Man siehet aus dieser zwischen dem Felsen steckenden Capelle auf das Meer hinaus, welches mit großem Getöse in diesen Felsen Riß hinein schläget. Auch dieser Ort ist nicht ohne miracul. Denn man siehet auf der einen Seite vorbesagter Treppe 5 Löcher in dem Felsen, welcher ein Ungläubiger mit denen 5 Fingern seiner Hand hineingedrücket haben soll, nachdem er nehml: die Zerreißung

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/682>, abgerufen am 14.08.2024.